Hunderte Muslime, die aus Deutschland nach Syrien und in den Irak gezogen waren, sind verschollen. Noch immer warten die deutschen Sicherheitsbehörden, dass IS-Kämpfer in größerem Umfang zurückkehren.
(Von Manfred Kleber)
In den vergangenen Jahren haben sich laut offiziellen Angaben 940 Personen nach Syrien und in den Irak abgesetzt, weil sie dort am Dschihad teilnehmen wollten. Die meisten von ihnen sind Männer mit Migrationshintergrund. Viele hatten hierzulande kriminelle Karrieren hinter sich.
Bisher ist nur etwa ein Drittel dieser Dschihadisten wieder nach Deutschland zurückgekehrt, zitiert die Süddeutsche Zeitung die entsprechende Statistik von Polizei und Verfassungsschutz. Zu etwa 145 Gotteskriegern liegen Hinweise vor, dass sie getötet worden sind.
Doch etwa die Hälfte der Dschihad-Kämpfer aus Deutschland ist verschollen. Seit das Kalifat militärisch auf dem Rückzug ist, warten die deutschen Sicherheitsbehörden auf eine größere Rückreisewelle aus dem Kriegsgebiet. Doch die ist offenbar bisher ausgeblieben.
Nur wenige IS-Kämpfer sind schon wieder in Deutschland
Am 13. Juli nahmen irakische Einheiten bei der Rückeroberung von Mossul vier IS-Frauen aus Deutschland fest. Unter ihnen war auch die heute 17-jährige Linda Wenzel aus dem sächsischen Pulsnitz. Mittlerweile haben Bundesnachrichtendienst und Bundeskriminalamt die vier Frauen in einem Militärgefängnis in Bagdad befragt.
Aufgetaucht sind auch zwei Paare, die im irakischen Tel Afar lebten und sich ergeben haben. Doch von den meisten der bekannten 940 Islamisten, die einst aus Deutschland in den Dschihad aufbrachen, fehlt noch immer jede Spur.
Einige der Deutschen stiegen beim Islamischen Staat sogar in höhere Ränge auf. Sie dienten etwa beim IS-Geheimdienst, beteiligten sich an Folterungen oder waren als Gefängniswärter oder im Propaganda-Apparat im Einsatz.
Auffällig viele der Islamisten aus Deutschland haben sich in der Vergangenheit für Selbstmordattentate gemeldet, manche haben dabei Dutzende Zivilisten getötet. Die irakische Regierung wies schon früh darauf hin, dass einige der grausamsten Verbrechen von IS-Kämpfern aus Europa begangen wurden.
Heute gilt als wahrscheinlich, dass die meisten deutschen IS-Kämpfer im Kriegsgebiet bleiben wollen. Auch würde der Islamische Staat Desertion mit dem Tod bestrafen. Nur einige Frauen haben sich, meist über ihre Familien, bei deutschen Behörden gemeldet und erklärt, sie wollten nach Deutschland zurückkehren.
Die Behörden können Dschihadisten nur dann von der Fahndungsliste streichen, wenn sie nachweislich tot sind. In der Vergangenheit war es meist der IS selbst, der den Familien und Freunden in Deutschland den Tod meldete oder einen Nachruf veröffentlichte, manchmal sogar mit Fotos der Toten.
Inzwischen gibt es solche Meldungen aber nicht mehr. Zudem ist unklar, ob solche Meldungen tatsächlich der Wahrheit entsprechen oder ob sie den Kämpfern nur ein ungestörtes Abtauchen ermöglichen sollen. Die Suche nach den IS-Kämpfern aus Deutschland dauert an.
Manfred Kleber / BerlinJournal.biz