BitCoin: Die erste Blase der Geschichte mit NICHTS

Gestern stieg der Bitcoin-Kurs auf über 17.000 Dollar. Wie bei jeder Blase werden immer „anspruchs­vollere“ Kurs­ziele – wie etwa 100.000 Dollar – pro­gnos­ti­ziert. Aber was sind Bit­coins eigentlich? NICHTS.
Bit­coins werden in die Geschichts­bücher über Blasen ein­gehen, weil das erste Mal in der Mensch­heits­ge­schichte mit NICHTS spe­ku­liert wird. Wir haben oft Spe­ku­la­ti­ons­blasen erlebt, in denen Unter­neh­mens­an­teile, Immo­bilien, Gold oder andere Roh­stoffe viel zu teuer, also weit über ihrem inneren Wert, gehandelt wurden. Wir haben Blasen mit Anleihen, Kunst oder sogar mit Tul­pen­zwiebeln erlebt. Aber dies ist die erste Spe­ku­lation mit NICHTS. Bit­coins sind weder Anteile an Unter­nehmen (wie Aktien) noch ver­zins­liche Schuld­ver­schrei­bungen (wie Anleihen), man kann weder in ihnen wohnen oder arbeiten (wie in Immo­bilien) noch kann man sie (wie Roh­stoffe) für die Pro­duktion von irgend­etwas verwenden.
Und: Sie sind eben auch keine Zah­lungs­mittel, wie manchmal behauptet wird. Der Begriff „Kryp­to­währung“ ist daher falsch. Es ist absurd, Bit­coins mit dem Dollar oder dem Euro zu ver­gleichen. Denn es gibt kaum jemanden, der in Bit­coins inves­tiert, um diese als Zah­lungs­mittel zu ver­wenden. Und das ist mein Haupt­einwand gegen dieses „Investment“, das die größte Ähn­lichkeit mit der Tul­pen­zwiebel-Manie in den 1630er Jahren in Holland hat: Bit­coins werden heute prak­tisch aus­schließlich aus spe­ku­la­tiven Gründen gekauft. Der einzige und alleinige „Wert“ der Bit­coins liegt darin, dass sie ein Vehikel für Spe­ku­la­tionen sind.
Bei den meisten Blasen brauchte es irgendeine gute „Story“. Gute Storys sollten Sie übrigens skep­tisch machen. Als Regel gilt: Je besser sich die Story anhört, desto schlechter ist meist das Investment. Bei Bit­coins ist es jedoch anders, in diesem Fall reicht als Story den meisten Men­schen offenbar, dass der Preis stark gestiegen ist und weiter steigen wird. Denn was bei der Bitcoin-Story darüber hinaus geht, ist so komplex, dass es 99,99% der Käufer ohnehin nicht ver­stehen. Aber viel­leicht macht sie ja auch gerade dies so sicher, dass es sich um etwas ganz Beson­deres handeln müsse.

Fünf weitere Blasenindikatoren

Fünf weitere Anzeichen sprechen dafür, dass sich die Blase weiter aufbaut, u.a.:
1. Je mehr man sich dem Höhe­punkt einer Blase nähert, desto gren­zen­loser wird die Fan­tasie bei den Kurs­zielen. Die letzten Kurs­ziele, die von „Experten“ genannt wurden, lagen bei 100.000 Dollar. Bevor der Kurs eines spe­ku­la­tiven Gutes ein­bricht, gehen die Kurs­ziele durch die Decke und die Preise steigen immer schneller.
2. Die Tat­sache, dass die Chi­cagoer Opti­ons­börse am Sonntag erste Ter­min­kon­trakte (Futures) für Bit­coins anbot, ist ein wei­teres Zeichen dafür, dass die Blase dem­nächst platzen könnte. Denn eta­blierte Börsen und insti­tu­tio­nelle Anleger springen meist erst in der Schluss­phase einer Ent­wicklung auf den Zug auf. Sie igno­rieren irra­tionale Ent­wick­lungen zunächst, können dann aber der Ver­su­chung nicht wider­stehen, Geld an dem Wahnsinn zu ver­dienen. Die US-Invest­mentbank Goldman Sachs plant laut der Nach­rich­ten­agentur Bloomberg, in diesem Geschäft mit­zu­mi­schen. Die Gold­männer sind natürlich nicht so dumm, dass sie auf eigene Rechnung beim Handel mit Bitcoin-Futures mit­machen wollen, aber sie wollen solche Geschäfte für ihre Kunden aus­führen, so berichten die Medien.
3. Die zuneh­mende Vola­ti­lität bei den Bit­coins ist ein wei­terer Indi­kator dafür, dass wir uns bald in einer kri­ti­schen Phase befinden, denn unge­zü­gelte Vola­ti­lität geht oft einem Crash voraus.
4. Das Medi­en­in­teresse ist ein wei­terer Bla­sen­in­di­kator: In den tages­themen waren gestern Bit­coins das Thema Nr. 1. Sogar der Haupt­kom­mentar in den tages­themen war den Bit­coins gewidmet. Und es war ein eher wohl­wol­lender Kom­mentar, was besonders bedenklich stimmen sollte. Das „Han­dels­blatt“ titelte gestern: „Das neue Bitcoin-Zeit­alter hat begonnen.“
5. Mein per­sön­licher Bla­sen­in­di­kator: Je mehr ahnungslose Men­schen in meinem Umfeld sich für ein Thema inter­es­sieren, desto lauter läuten bei mir die Alarm­glocken. Wenn Men­schen, die kei­nerlei Ahnung von Finanzen und Invest­ments haben, beginnen, sich für ein Thema zu inter­es­sieren oder gar Emp­feh­lungen aus­zu­sprechen, ist das ein klares Warnsignal.

Kein Investment

Manchmal höre ich als Gegen­ar­gument, es könne sich nicht um eine Blase handeln, weil davor zu oft gewarnt werde. Das stimmt nicht. Bei jeder Bla­sen­bildung gab es auch viele war­nende Stimmen, die jedoch von den Spe­ku­lanten igno­riert wurden. Als Argument führen die Spe­ku­lanten – wirk­liche oder ver­meint­liche – Unter­schiede zu vor­an­ge­gan­genen Blasen in anderen Seg­menten ins Feld: „Diesmal ist alles anders“.
Wann die Blase platzt, kann man natur­gemäß nicht sagen. Es ist durchaus möglich, dass man wei­terhin Geld mit Spe­ku­la­tionen auf den Bitcoin-Kurs ver­dienen kann. Die Mög­lichkeit, mit Deri­vaten auf den Kurs zu spe­ku­lieren, wird die Ent­wicklung weiter anheizen und die Vola­ti­lität verstärken.
Manchmal wird mir ent­ge­gen­halten, dass man mit Bit­coins Geld ver­dienen kann, deshalb sei ein „Investment“ viel­leicht doch keine schlechte Idee. Das ist abwegig, denn bei jeder Blase kann man natürlich „ver­dienen“. In der New Economy-Blase oder in der Haus­preis­blase in den USA haben zunächst auch viele Men­schen eine Menge Geld ver­dient – aber später wurde eben noch mehr ver­loren. Sogar bei Ket­ten­spielen kann man Geld ver­dienen. Trotzdem sind Ket­ten­spiele keine Inves­tition und niemand würde jemanden, der bei einem Ket­ten­spiel mit­macht oder Geld im Spiel­casino ausgibt, als Investor bezeichnen.
Es gibt auf der Welt einer­seits Inves­toren und ande­rer­seits Spieler (= Spe­ku­lanten). Wer ein Gut, das kei­nerlei inneren Wert besitzt, nur kauft, weil er hofft, dass er einen anderen findet, der bereit ist, einen noch höheren Preis zu bezahlen, ist kein Investor, sondern ein Spieler, ein Spe­kulant. Ich habe nichts dagegen – jeder soll machen, was er will: Der eine geht ins Kasino, der andere macht bei Ket­ten­spielen mit, der dritte kauft Bit­coins. Nur: Mit Inves­ti­tionen hat all das nicht das Geringste zu tun.
Lesen Sie auch die letzte Kolumne von Rainer Zitelmann: So erkennt man Blasen