Allein im ersten Halbjahr haben Finanzämter, Sozialämter und Gerichtsvollzieher in 340.265 Fällen die Kontodaten von Privatpersonen abgefragt. Das ist ein Anstieg um 83 Prozent zum Vorjahr und so viel wie nie zuvor.
(Von Max Wolf)
Der Kampf gegen Steuerbetrug und Sozialmissbrauch wird verstärkt. Im ersten Halbjahr 2017 haben Steuerbehörden, Sozialämter und Gerichtsvollzieher in 340.265 Abfragen die Konten von Privatpersonen geprüft. Das ist ein Plus von 83 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2016.
Nie zuvor gingen beim zuständigen Bundeszentralamt für Steuern so viele Anfragen ein, berichtet die Welt am Sonntag. Die Zeitung beruft sich dabei auf Angaben des Bundesfinanzministeriums. Bei den im ersten Halbjahr abgefragten Konten ging es
- in 89.134 Fällen um Steuern (+69 Prozent) und
- in 251.131 Fällen um Anfragen der Sozialbehörden und Gerichtsvollzieher (+89 Prozent).
Laut der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff war der Zugriff auf die Kontodaten eigentlich für die Terrorabwehr eingerichtet worden. Doch inzwischen gehe es vor allem darum, das zivilrechtliche Inkasso zu erleichtern.
Thomas Eigenthaler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, geht für die Zukunft davon aus, dass die Mitarbeiter in der Finanzverwaltung noch häufiger solche Abfragen der Konten von Privatpersonen starten werden.
Dabei verwies er auf die niedrigeren Hürden für solche Auskunftsersuchen, die im Rahmen des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes festgeschrieben wurden. „Es wird leichter, die Auskünfte zu bekommen“, sagte Thomas Eigenthaler.
Auch seitens der Gerichtsvollzieher wird mit einer weiter steigenden Nachfrage nach Kontodaten gerechnet. Detlef Hüermann, Bundesgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Gerichtsvollzieher, sagte der Welt am Sonntag:
Gläubiger haben gelernt, dass dies ein vielversprechender Weg ist, um doch noch an Geld zu kommen.
Seit November letzten Jahres können Gläubiger auch für Beträge unter 500 Euro einen Kontoabruf beantragen könnten. Dies werde dazu führen, dass Gerichtsvollziehern in diesem und im nächsten Jahr noch einmal deutlich mehr Daten abrufen werden.
Schon seit 2005 dürfen Behörden Konten von Bürgern ermitteln. Seit 2013 gilt dies auch für Gerichtsvollzieher. Mitgeteilt werden allerdings weder Kontostände noch Transaktionen, sondern lediglich, wann welche Konten eingerichtet und gegebenenfalls wieder gelöscht wurden.
In Zukunft müssen die Banken auch die Adresse und die Steueridentifikationsnummer ihrer Kunden in einer Datenbank hinterlegen, auf die das Bundeszentralamt für Steuern zugreifen kann, ohne dass die Bank des Kunden darüber Kenntnis erlangt.
Max Wolf / BerlinJournal.biz