Gehirn­wäsche für “poli­tisch Inkor­rekte”: Erste Men­schen­ver­suche laufen bereits

Ein Bonner For­scherteam expe­ri­men­tiert derzeit, wie man poli­tisch auf­fällige Men­schen per Psy­cho­pharmaka “heilt”. Die umstrittene Studie erinnert an finstere Zeiten der UdSSR, wo Dis­si­denten in die Psych­iatrie gesteckt wurden.
Ein For­scherteam um den Bonner Psych­ia­trie­pro­fessor Rene Hur­lemann expe­ri­men­tiert derzeit mit Drogen um poli­tisch inkor­rekte Per­sonen zu “heilen”.
Angeblich frem­den­feind­liche Men­schen wurden mit der als “Kuschel­hormon” bekannten Sub­stanz Oxy­tocin behandelt, um sie tole­ranter machen. Die Unter­su­chung erschien in der nam­haften Zeit­schrift PNAS unter dem Titel “Oxy­tocin-enforced norm com­pliance reduces xeno­phobic out­group rejection”.
Dort wird aus­führlich anhand “erfolg­reicher” Men­schen­ver­suche dar­gelegt, dass man angeb­liche Frem­den­feind­lichkeit mit Oxy­tocin lindern kann. Die Droge wurde als Nasen­spray ver­ab­reicht und musste mehrmals täglich ein­ge­nommen werden.
Kritik am Experiment
Das Expe­riment wurde stark kri­ti­siert, da die Per­so­nen­gruppe offenbar nicht besonders defi­niert werden konnte: Bei­spiels­weise war die als “frem­den­feindlich” aus­ge­wiesene Gruppe gar nicht besonders frem­den­feindlich, sondern vor allem geizig.
Nach Ver­ab­rei­chung der Psy­cho­pharmaka kam es zwar angeblich zu einer Ver­hal­tens­än­derung, doch auch diese zeigte keine ein­deutige Ergeb­nisse. Angeblich gab es eine höhere Spen­den­be­reit­schaft, jedoch nicht spe­zi­fisch für Flücht­linge, sondern auch für deutsche Bedürftige.
Dass die Redaktion von PNAS die zwei­fel­hafte Studie dennoch unter dem Titel der Xenophobie/Fremdenfeindlichkeit ver­öf­fent­lichten, wurde auch von Wis­sen­schaftlern kritisiert.

Die auf­merk­sam­keits­öko­no­mische Rechnung ging jeden­falls auf: Der Artikel ist einer der meist­ge­le­senen der Zeitschrift.
Ethische Pro­bleme
Für die vor­lie­gende Studie haben sich Beamte und Psych­iater des Landes Nord­rhein-West­fahlen, finan­ziert von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft, feder­führend Gedanken darüber gemacht, ob sich die Meinung einer ganzen Bevöl­ke­rungs­gruppe psy­cho­bio­lo­gisch mani­pu­lieren ließe, eben durch einen hor­mo­nellen Ein­griff in die Hirnaktivität.
In der Tra­dition des euro­päi­schen Huma­nismus, auf der auch unsere Demo­kratie und unser Rechts­staat fußen, beruht poli­tische Mei­nungs­bildung aber nicht auf Pro­pa­ganda, Dro­hungen, Zwang oder gar direkten Ein­griffen ins Gehirn; sie geschieht aus­schließlich durch Über­zeu­gungs­ver­suche mit Argu­menten und Gründen.
Toleranz für andere Meinungen
Wenn jemand am Ende eines solchen Dis­kus­si­ons­pro­zesses immer noch anderer Meinung ist, dann gebietet es der Respekt vor unserem kul­tu­rellen Erbe, dem Men­schen diese Meinung zu lassen – darum sind Gewissens- und Mei­nungs­freiheit als unver­än­der­licher Kern unseres Grund­ge­setzes und unserer Gesell­schaft sogar von einer Ewig­keits­klausel geschützt (Artikel 79, Absatz 3).
Daher halte ich es für sehr pro­ble­ma­tisch, wenn Beamte und Psych­iater sich nicht nur Gedanken darüber machen, sondern sogar in Expe­ri­menten unter­suchen, ob sich die Meinung von Bür­ge­rinnen und Bürgern psy­cho­bio­lo­gisch beein­flussen lässt – eben durch die Gabe von Oxy­tocin in Kom­bi­nation mit sozialem Norm­druck (konkret ging es um die Infor­mation, dass die Mit­glieder einer anderen Gruppe spen­den­wil­liger waren).
Das Ganze wird jedoch aber­witzig, wenn man es mit dem Gestus tut, der Demo­kratie einen Gefallen tun zu wollen.
Utopie des bes­seren Menschen
Ein besonders pro­ble­ma­ti­scher Vor­schlag kommt von keiner gerin­geren als der schwe­di­schen Bio­ethi­kerin Kathinka Evers von der Uppsala Uni­ver­sität: Sie machte den Vor­schlag, neu­ro­wis­sen­schaft­liches Wissen derart zu ver­wenden, dass Into­leranz und Aggres­si­vität bio­lo­gisch-gene­tisch aus dem Men­schen­ge­schlecht ver­bannt werden. Tat­sächlich hält sie dies sogar für eine mora­lische Pflicht.
Doch würde man von deut­schen Psych­iatern etwas mehr his­to­rische Fein­füh­ligkeit erwarten: Wie oft sind denn schon die Ver­suche schief gegangen, Men­schen durch Pillen, Spritzen, Elek­tro­schocks oder gar Gehirn­ope­ra­tionen an gesell­schaft­liche Normen anzu­passen? Während der beiden Welt­kriege waren es die “Kriegs­zit­terer”, noch bis in die 1970er Jahre die Schwulen.
Es ist die Aufgabe der Psych­iatrie, psy­chisch kranken Men­schen zu helfen, nicht poli­tische Pro­bleme zu lösen.