In Deutschland gibt es mehr als fünf Millionen Muslime. Wie viele es genau sind, weiß niemand. Die Schätzungen schwanken, was unter anderem damit zu tun hat, dass manche Erhebung nur Gläubige berücksichtigt, die sich aktiv zum Islam bekennen, während die offizielle Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge richtigerweise alle umfasst, die aus dem islamischen Kulturkreis stammen, weil es für die vielfältigen Problemstellungen rund um das Zusammenleben keine Rolle spielt, ob sich ein muslimisch geprägter Befragter für religiös hält oder nicht. Da deutschstämmige Konvertiten nicht mitgezählt werden und keine neueren Zahlen als die des Jahres 2016 vorliegen, kann man wohl davon ausgehen, dass inzwischen annähernd sechs Millionen Menschen in Deutschland dem muslimischen Kulturkreis zuzurechnen sind. Einer Studie des US-Forschungsinstituts Pew Research Center zufolge könnte ihr Anteil in Deutschland bis 2050 auf ein Fünftel der Gesamtbevölkerung ansteigen; es gäbe dann rund dreimal so viele Muslime wie heute. Bilden türkischstämmige Personen derzeit noch knapp die Hälfte dieser Gruppe, so sinkt ihr Anteil durch die Zuwanderung kontinuierlich. Kein Wunder, dass Recep Tayyip Erdoğan, der religiöse Führer der Türken, der sich so gerne mit weltmännischem Auftreten und schicken Anzügen als Staatsmann tarnt, nervös wird. Dies auch, weil die deutsche Politik seinem verlängerten Arm Ditib mittlerweile skeptischer gegenübersteht als noch vor Jahren.
Ditib soll die Türkischstämmigen beständig an ihre Bürgerpflicht erinnern, dem Islam zur Macht zu verhelfen
Der mächtige islamische Dachverband soll die Massen organisieren und hier lebende Türkischstämmige beständig an ihre Bürgerpflichten erinnern. Sie bestehen darin, dem Islam zur Macht zu verhelfen und durch fleißiges Kinderkriegen dafür Sorge zu tragen, dass schon die schieren Zahlen irgendwann jede weltliche Gegenwehr sinnlos erscheinen lassen. Auf dem Weg dorthin hat Erdoğans Ditib nun eine böse Schlappe erlitten. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen untersagte der türkischen Religionsgemeinde vergangene Woche, in Oer-Erkenschwick per Lautsprecher zum Freitagsgebet aufzurufen. Damit kippte es die seit 2013 existierende Genehmigung der Stadt, die sich einer vom Gericht angeregten gütlichen Einigung zuvor ebenso verweigert hatte wie die Islamgemeinde. Zwar hatte Letztere den Lautsprecher-Ruf ihres Muezzins nach der eingereichten Klage im Sommer 2015 gestoppt, doch war sie zu keiner Zeit bereit, sich konstruktiv mit ihren Kritikern auseinanderzusetzen. Ein syrischer Anwohner christlichen Glaubens sei gar massiv bedroht worden und habe die Absicht einer Klage daher aufgegeben. Nicht so das nun obsiegende Ehepaar, das insbesondere vorgebracht hatte, dass es ihm hauptsächlich um den Inhalt des Rufes gehe, der “Allah über unseren Gott der Christen stellt”. Zu diesem Aspekt äußerten sich die Richter allerdings nicht, sondern begründeten ihre Entscheidung mit der unverfänglichen Rüge, es hätte einer Befragung der Nachbarschaft bedurft, um sicherzustellen, dass sich durch das Megaphon des Muezzins niemand gestört fühle.
Unverhohlen verkündet der Muezzin-Ruf den Alleinvertretungsanspruch des Islam zulasten anderer Religionen
Ein Erfolg ist das Verbot des Lautsprecher-Gebetsrufs daher nur vordergründig, entpuppt sich seine Begründung doch eher als halbherzige Absage an einen aufdringlichen Islam, der weitaus mehr will, als seine Gläubigen nur zum Gebet zu rufen. Unverhohlen verkündet der Ruf des Muezzins nämlich den Alleinvertretungsanspruch des Islams zulasten anderer Religionen. Darauf hatten die Kläger zu Recht verwiesen und hierzu hätte man sich eine deutliche Stellungnahme gewünscht. Doch das Gericht beließ es bei dem Hinweis auf die sogenannte negative Religionsfreiheit, dem Verbot, anderen eine Religion oder deren Rituale aufzuzwingen. Dies lässt bei ganz Spitzfindigen auch das christliche Kirchengeläut durchfallen. Es wäre wichtig gewesen, derartigen Vergleichen den Boden zu entziehen, indem man darauf verweist, dass die Kirchenglocken zwar gleichfalls den Gottesdienst ankündigen, der Muezzin-Ruf aber zusätzlich eine ideologische Botschaft enthält, die andere Religionen herabwürdigt. Stattdessen ließ das Gericht eine Hintertür offen, die es Organisationen wie der Ditib auch künftig ermöglicht, unter dem Deckmantel der Religion politisch zu wirken und Andersgläubige einzuschüchtern. Doch in einem säkularen Staat muss sich kein Bürger aufdringlich zur Schau gestellte politische Gesten und Symbole einer Religion gefallen lassen, die sich zugleich als Staatsform versteht. Dazu gehört nicht nur die in Teilen Europas verbotene Vollverschleierung, sondern eben auch der Ruf des Muezzins. Dies hätten die Richter klarstellen können. Eine vergebene Chance, den politischen Islam in die Schranken zu weisen.
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Ramin Peymani — peymani.de