Deutsche Bank: Trotz Miese und Ver­trau­ens­verlust gibts satte Boni

Manager, Banker und eine frag­würdige Wirt­schafts­ethik — „Gierig, risi­ko­freudig und eigen­nützig“: Das sind einige der gän­gigen Kli­schees über Manager, besonders im Finanz­sektor. Umwelt­sünden, Schmier­geld­zah­lungen, Stel­len­abbau, hor­rende Mana­ger­ge­hälter oder eben die aktuelle Finanz­krise: Wenn in der Wirt­schaft etwas schief läuft, gilt die rück­sichtslose Gier der Manager – und damit die Pro­fit­sucht der inter­na­tio­nalen Kon­zerne – als Quell´ allen Übels.
(Von Peter Helmes)
Der Gesell­schaft entfremdet
Die Ban­ken­skandale setzten letztlich auch ein Zeichen für eine völlige Ent­fremdung zwi­schen Finanz­sektor und Gesell­schaft. Das kommt nicht unvor­be­reitet: Es gibt nämlich keinen wirk­lichen Aus­tausch zwi­schen den Finanz­in­sti­tuten und der Gesell­schaft. Genau besehen, ver­läuft die Kom­mu­ni­kation ein­seitig nach außen. Das erklärt auch, daß bei Kritik oder Vor­würfen die Banken stets „ein bißchen beleidigt“ wirken. Auch erklärlich; denn die Geld­häuser wissen in aller Regel nicht, was die Gesell­schaft will bzw. von ihnen will. Banker sind nämlich grund­sätzlich der Meinung, sie täten ein gutes Werk. Die Rea­lität sieht anders aus, wie das Fol­gende (weiter unten) belegt.
Meist unüber­setzt haben seit Jahren ver­mehrt Begriffe wie Deri­va­te­handel, Akti­en­fonds, Schul­den­de­flation, Null-Wachstum u. ä. sprach­liche Hoch­kon­junktur. Das macht ver­dächtig; denn es soll wohl von der Rie­sen­ka­ta­strophe auf dem Finanz­markt, der Sorge um unsere eigene wackelnde Währung oder anderen Pro­blemen ablenken.
„Kampf gegen den Kapitalismus“
Gegner unserer Wirt­schafts­ordnung fühlen sich durch solche Fehl­ent­wick­lungen in ihrem „Kampf gegen den Kapi­ta­lismus“ allzu gerne bestätigt. Aber es hilft nichts, das System, das unserer Wirt­schafts­ordnung zugrunde liegt, ist der Kapi­ta­lismus (mit sozialer Kom­po­nente = Soziale Markt­wirt­schaft). Und der ver­zeichnet zwar durch all die Krisen der Jahr­hun­derte Fehl­ent­wick­lungen und „Neben­wir­kungen“, die häß­liche Narben hin­ter­lassen, aber er ist nicht klein­zu­kriegen. Es gibt bis heute keine andere Wirt­schafts­ordnung, die erfolg­reicher war und ist als der Kapi­ta­lismus und erst recht als die Soziale Markt­wirt­schaft. Trotzdem können die meisten Markt­teil­nehmer damit bis heute nicht richtig umgehen. Ver­stehe, wer will!
Drei schwere Finanzkrisen
Zuge­geben, die Zeiten sind schwie­riger geworden, sehr viel schwie­riger. Etwa seit dem Jahre 2000 befindet sich der Kapi­ta­lismus in einer Art neuen Phase: Was wir seit 2000 erlebt haben, sind drei schwere Finanz­krisen. Erst die „Dotcom-Krise“, also die Inter­net­blase, die geplatzt ist, dann gab es die „Sub­prime-Krise“, also die „Hypo­the­ken­krise“, die aus den USA über uns her­ein­ge­brochen ist, und jetzt gibt es die „Euro-Krise“. In nur zehn Jahren drei schwere Finanz­krisen – das ist in der Geschichte des Kapi­ta­lismus völlig neu. Diese drei Krisen bilden, all­gemein aus­ge­drückt, eine Art der Super­krise, die noch nicht bewältigt ist.
Krise des poli­ti­schen Manage­ments – eine nicht ganz unwichtige Randbemerkung: 
Neben dem vorhin Geschrie­benen wird vielfach über­sehen, daß es noch eine die vierte Krise – eine fis­ka­lische und eine poli­tische gibt, letztlich eine Krise des poli­ti­schen Manage­ments. Die Euro-Krise z.B. läuft schon ein paar Jahre, in denen viele Fehler gemacht wurden, die die Gesamt­pro­ble­matik ver­schärfen (z. B. „Null-Zins-Politik“, „No-bail-out“-Verrat etc.)
Die Krise hat natürlich auch Deutschland erreicht, und die Sparer sind dem­entspre­chend total empört: Es gibt prak­tisch keine Zinsen mehr auf die Konten, so daß sich die Sparer ent­eignet fühlen. Und das ist auch ein Kri­sen­zeichen; denn Zinsen müssen ja aus dem erwirt­schaftet werden, was die Wirt­schaft jedes Jahr pro­du­ziert. Wenn sich aber prak­tisch ganz Europa in der Rezession befindet, kann es keine Zinsen geben.
Es hat eine Weile gebraucht – wir sind ja sooo geduldig – bis die Deut­schen gemerkt haben, daß es auch sie (be-)trifft. Denn bisher wurde uns vor­ge­macht – und wir haben´s gerne geglaubt – bei uns sei es doch „irgendwie besser als bei den anderen“. Irrtum! Das Wohl­gefühl der Deut­schen, überall sei Krise, nur bei uns nicht, war eine reine Selbsttäuschung.
Riesige finan­zielle Größenordnung
Beim Handel mit Wäh­rungen z. B. handelt es sich um ein Volumen von 4,7 Bil­lionen Dollar pro Tag. Dieser Mega-Markt ist aber kaum regu­liert. Und das, obwohl die fest­ge­legten Kurse Aus­wir­kungen auf eine Vielzahl anderer Ver­trags­be­zie­hungen hätten. Das hat letztlich (oder besonders) auch eine soziale Relevanz, weil dadurch eine Fehl­al­lo­kation von Kapital statt­findet, und die zeitigt dann auch soziale Kosten. Und zu diesen „sozialen Kosten“ gehören auch die­je­nigen, die dadurch ent­stehen, daß man auf dem Finanz- und Kapi­tal­markt allzu leicht Moral und Regeln „vergißt“.
Gewinne maxi­mieren
Für viele scheint nach wie vor Milton Friedmans Diktum zu gelten:
Die gesell­schaft­liche Ver­ant­wortung von Unter­nehmen besteht darin, Gewinne zu maxi­mieren. Danach sind ethische Pro­bleme gesell­schaft­licher Natur, das heißt, außerhalb des Unter­nehmens zu lösen.“
Dies gilt für Unter­nehmen wie auch deren Manager. Aber „Gewinne maxi­mieren“ darf nicht bedeuten, sich die Taschen zu stopfen. Das nämlich erscheint gerade Managern trotz aller Lip­pen­be­kennt­nisse trivial oder im unter­neh­me­ri­schen Alltag nicht umsetzbar. In der Tat, die Wirt­schafts­praxis scheint den Managern immer wieder unlösbare Kon­flikte zwi­schen Gewinn und Moral zu bereiten. Viele Manager glauben, daß ihr Unter­nehmen, wenn sie der Moral den Vorzug geben, Wett­be­werbs­nach­teile in Kauf nehmen müßte. Und schon eilen die Befür­worter hoher Boni – selbst bei schlechtem Betriebs­er­gebnis – herbei und pos­tu­lieren, wer die Boni beschneide oder gar streiche, würde den Unter­neh­mens­lenkern die Moti­vation zu erfolg­reichem Handeln nehmen.
Also hohe Boni trotz hoher Verluste?
Die Deutsche Bank (DBk) schreibt Mil­li­ar­den­ver­luste – trotzdem zahlt sie ihren Managern Boni in Mil­li­ar­denhöhe. Ein Wider­spruch, der der Bevöl­kerung nicht mehr oder nur sehr schwer zu ver­mitteln ist. Das Image der Bank ist schwer ange­schlagen, das Ver­trauen in sie mehr als ange­kratzt. Und das hat sehr schwer­wie­gende Gründe:
Deutsch­lands größte Bank hat den Anschluß an die Welt­spitze ver­loren. An der Börse ist die Deutsche Bank gegenüber ame­ri­ka­ni­schen und euro­päi­schen Wett­be­werbern dra­ma­tisch zurück­ge­fallen. Der Abstand zur Welt­spitze ist für das Geldhaus kaum noch auf­zu­holen. In diesem Jahr müßte das Institut einen Gewinn erzielen, dessen Höhe ein Signal für den Auf­bruch dar­stellt. Ansonsten ver­liert es weiter den Anschluß und wird irgendwann zu schwach sein, um sein Schicksal selbst zu bestimmen
Die Deutsche Bank war einmal ein Aus­hän­ge­schild der deut­schen Wirt­schaft, ein Synonym für robustes, gewinn­ori­en­tiertes deut­sches Management und vor allem für prall gefüllte Kassen. Sie ist die einzige deutsche Bank von glo­baler Bedeutung und damit das einzige Geldhaus, das die deutsche Export­in­dustrie im Ausland unter­stützen kann.
Das Bild hat sich in den ver­gan­genen Jahren dra­ma­tisch geändert: Die DBk hangelt sich von einem Rechts­streit zum nächsten, von Ver­lustjahr zu Ver­lustjahr, und das hat sich auch im ver­gan­genen Jahr fort­ge­setzt. Das Minus für 2017 (eine halbe Mil­liarde Euro) war noch größer als erwartet. Aber Bonus­zah­lungen an die Top-Manager zahlt die DBk trotzdem, und so, wie es aus­sieht, wird sie das auch weiter tun. Unglaublich: Im Jahre 2015 hat die DBk sechs Mil­li­arden € Verlust gemacht und 2,4 Mil­li­arden Boni ausgeschüttet.
Rat­lo­sigkeit
Zu den stra­te­gi­schen Fehlern der Ver­gan­genheit zählen z. B das Hin und Her mit dem Pri­vat­kun­den­ge­schäft: Mal wollte die DBk rein, dann wieder nicht mehr, dann sind sie raus. Oder: Mal wollte sie nur noch die großen Invest­ment­banker und für das Big Business da sein – und ver­prellte damit die Privat- und klei­neren Geschäfts­kunden. Aber als sie (DBk) gemerkt hatte, daß die Ame­ri­kaner sie nicht mit­spielen lassen wollten, ist sie wieder zurück zu den Pri­vat­kunden. Das hat bis jetzt aber noch nicht richtig funk­tio­niert. Ergebnis: Ratlosigkeit.
Die Deutsche Bank steckt seit Jahren in Schwie­rig­keiten. Das wird sich kaum ändern, weil sie sich einer unge­wohnten Rea­lität und Per­spektive(!) gegenüber sieht: Sie sucht zwar nach wie vor nach dem Geschäfts­modell, mit dem man auch künftig Geld ver­dienen kann. Aber ihr Markt bereitet ihr wenig gute Hoffnung, da er (der Markt) völlig neu „geordnet“ hat und auf zwei Beinen steht:
– „Unten“ – das sind die „Kleinen am Ort“, wo das Mas­sen­ge­schäft für die breite Kund­schaft liegt, das aber flä­chen­de­ckend von den Spar­kassen sowie den Volks­banken und Raiff­ei­sen­banken besetzt ist,
und „oben“ – im großen Invest­ment­banking-Bereich, wo man sich bisher so richtig hei­misch fühlte – haben vor allem die ame­ri­ka­ni­schen Banken mit großem Rückenwind ihrer Regierung die Märkte in ihrem Sinne auf­ge­mischt. Und in diesem Segment kann die DBk nur noch ein wenig mit­spielen. Schuld daran hat die frühere Geschäfts­po­litik der Bank, die keine strin­gente Glo­bal­stra­tegie vor­weisen konnte.
Es kommt noch schlimmer: Es wird in den aller­nächsten Jahren weitere und auch dra­ma­tische Ver­än­de­rungen der Bank­land­schaft geben – darin sind sich die Experten einig. Dazu zählen die Block­chain-Tech­no­logie und über­haupt neue Systeme, die auf­kommen. Die Ban­kenwelt wird sich kom­plett ver­ändern und steht vor der Frage, wie hier künftig Geld ver­dient werden soll.
→ (Ein­schub:) „Block­chain“ ist ein sehr umfas­sender Begriff für z. B.:
– Ver­trauen schaffen
– Han­dels­si­cherheit herstellen
– Risiken minimieren
– Neuer Absatz­märkte ermöglichen
– Block­chain ermög­licht z. B. eine völlig neue Trans­ak­ti­ons­qua­lität, bei der Veri­fi­ka­tionen sicher und Lie­fe­rungen schneller werden. Darüber hinaus werden mit einer lücken­losen Doku­men­tation aller Abläufe einer Trans­aktion Lie­fer­ketten trans­parent und über­prüfbar. Das Risiko von Betrug, Sabotage und Infor­ma­ti­ons­lecks wird mini­miert und neue Absatz­märkte mit digi­talen Inter­ak­ti­ons­ka­nälen erschlossen. (Ein­schub Ende)
Man könnte fragen, ob Deutschland denn eine solche „Großbank“ wie die DBk über­haupt braucht. Es gibt die großen inter­na­tio­nalen Banken, gerade in den USA, aber auch in China, die ganz neue Dimen­sionen erreichen, und von daher ist es natürlich auch in Deutschland durchaus sinnvoll, eine große Bank zu haben. Aber sie müßte auch die Kraft (Kapital) haben, inter­na­tional eine bedeu­tende Rolle zu spielen.
Zurück zu Verlust und Bonus:
Eine halbe Mil­liarde Euro im letzten Jahr! Trotzdem wird die Deutsche Bank ihren Managern wei­terhin Boni aus­zahlen – in hoher Höhe, nämlich ins­gesamt eine Mil­liarde Euro summa sum­marum. Schwere Ver­luste, gleich­zeitig mil­li­ar­den­schwere Boni­zah­lungen. Das kann man eigentlich nie­mandem mehr vermitteln.
Begründung der Bank: „Wir müssen jetzt in diese Leute inves­tieren, um inter­na­tional wett­be­werbs­fähig zu bleiben…“ Im selben Atemzug heißt es dann aber: „Kom­mendes Jahr wird es so was nicht mehr geben, sondern nur noch bei ent­spre­chendem Geschäfts­erfolg.“ Ja was denn nun? Das wider­spricht sich doch massiv! Ent­weder argu­men­tiere ich heute, ich muß das machen, um die Leute zu halten; dann werde ich nächstes Jahr genau vor dem gleichen Problem wieder stehen. Und wenn ich sage, nächstes Jahr mache ich es anders, dann kann ich es dieses Jahr ja auch gleich anders machen.
Und noch etwas: Invest­ment­banker sind nicht mit dem Unter­nehmen ver­bunden. Das sind Söldner, die von Bank zu Bank reisen und suchen, wer am meisten bezahlt. Da gehen die Summen immer weiter nach oben, und da wird es kein Ende geben. Die Banken werden das nicht unter­brechen, weil sich immer eine Bank findet, die mehr bezahlt.
Staat­liche Regu­lierung? Staat­liche Rettungsgelder?
Denkbar wäre eine Regelung über die inter­na­tionale Finanz­auf­sicht; denn das bis­herige System gefährdet das Bank­wesen ins­gesamt. Diese inter­na­tionale Finanz­auf­sicht müßte für eine klare Regelung für die inter­na­tio­nalen Banken zuständig sein. Aber kann sich jemand vor­stellen, daß eine solche Auf­sicht auf breiter Front von alle Staaten dieser Welt getragen würde?
Es ist abzu­sehen, daß die DBank in den nächsten Jahren in noch größere Schwie­rig­keiten kommen wird, zumal der (chi­ne­sische) Groß­ak­tionär der Deut­schen Bank, HNA, in großen Finanz­schwie­rig­keiten steckt. Wenn es um die Deutsche Bank irgendwann eng wird, dann wird es wieder Steu­er­zah­l­er­gelder geben. Dann wird es Ret­tungs­gelder geben wie einst für die Com­merzbank, und das zahlt dann wieder der Bürger. Das heißt, am Ende, wenn es schiefgeht, dann zahlt der kleine Bürger auf der Straße die Boni der Manager der letzten Jahre
Moral? Der schöne Schein
Und die Moral von der Geschicht´? Manager müßten es schaffen, Gewinn und Moral für­ein­ander fruchtbar zu machen. Beim mora­li­schen Enga­gement von Unter­nehmen geht es nicht um Zusatz­ak­ti­vi­täten neben dem Kern­ge­schäft, also um Luxus, sondern erfolg­reiche Manager setzen Moral als Pro­duk­ti­ons­faktor ein. Schöner Schein, raue Wirk­lichkeit. Der Markt ist, wie ich kürzlich schrieb, kein Non­nen­kloster – aber auch keine Teu­fels­messe. Aber manchmal sieht es so (düster) aus.
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