Durst ver­gangen? — In Deutschland wurde 2017 ein Viertel weniger Bier getrunken

Die Ent­wicklung erscheint dra­ma­tisch: In Deutschland wurde 2017 ein Viertel weniger Bier getrunken als kurz nach der Wie­der­ver­ei­nigung. Die Brauer suchen neue Rezepte und Wege zu höheren Erträgen. Auch die Fußball-WM soll kurz­fristige Erholung bewirken.
Deut­sches Bier läuft nicht mehr so. Im ver­gan­genen Jahr haben die deut­schen Braue­reien und Bier­lager so wenig Bier abge­setzt wie noch nie seit der Wie­der­ver­ei­nigung. Die Braue­reien reagieren darauf mit immer neuen Pro­dukten und mög­li­cher­weise auch mit Preis­er­hö­hungen. Nach drei ver­gleichs­weise sta­bilen Jahren sackte der Gesamt­absatz 2017 im Ver­gleich zum Vorjahr um 2,5 Prozent auf 93,5 Mil­lionen Hek­to­liter ab, wie das Sta­tis­tische Bun­desamt am Don­nerstag vor­herige Bran­chen­schät­zungen bestätigte.
Anders als in den Vor­jahren konnte dieses Mal auch der Export den sin­kenden Bier­durst im Inland nicht aus­gleichen. Statt­dessen gaben die Aus­fuhren in Länder außerhalb der EU und nach Übersee mit einem Minus von 4,1 Prozent besonders stark nach. Als Grund nennt der Brau­erbund “eine gewisse Markt­sät­tigung” in China, viele andere Märkte liefen deutlich besser. Lang­fristig hat die stei­gende Nach­frage im Ausland den deut­schen Braue­reien aber hübsche Zusatz­ge­schäfte beschert: Seit 1993 hat sich der Bier­export inklusive EU-Ländern mit einem Plus von 135 Prozent deutlich mehr als ver­doppelt, während der Inlands­absatz in dieser Zeit­spanne um mehr als ein Viertel (-26,6 Prozent) zurück­ge­gangen ist.

Fußball-WM soll Bilanz für 2018 retten

Als Gründe für das maue Bierjahr 2017 nennt der Brau­erbund neben der all­ge­meinen demo­gra­fi­schen Ent­wicklung — ältere Leute trinken weniger Bier — das schlechte Wetter im ver­reg­neten Sommer 2017. Im lau­fenden Jahr soll eine aus deut­scher Sicht mög­lichst erfolg­reiche Fußball-WM den Bier­durst der Fans steigern, hofft Brauer-Prä­sident Jörg Lehmann.
Nach Ein­schätzung der Veltins-Brauerei kann eine gute WM rund eine Million Hek­to­liter zusätz­lichen Absatz bringen, ein gutes Prozent der gesamten Absatz­menge. “Wir wissen, dass die WM das große Bier-Ereignis in Deutschland ist”, sagte Veltins-Chef Michael Huber.
Regel­mäßige Markt­studien des Fach­ma­gazins Inside zeigen die Pro­bleme der großen, häufig mit TV-Spots bewor­benen Bier-Marken. Unter den Top 10 konnten 2017 lediglich der Markt­führer Krom­bacher, Veltins und die export­starke Pau­laner-Brauerei gegen den Markt wachsen, während Marken wie War­steiner und Has­seröder teils dra­ma­tische Absatz­rück­gänge verzeichneten.
Wegen gestie­gener Kosten werde es auch für die Brau­riesen immer schwie­riger, den Verkauf wei­terhin mit Kampf­preisen von knapp zehn Euro pro Kasten anzu­feuern. Inside-Chef Niklas Other sieht seit Jah­res­beginn erhöhte Groß­han­dels­preise auf breiter Front. Ob diese auch beim Kunden ankommen, liege einzig in der Macht des Ein­zel­handels. Er selbst rechne mit einer Preis­stei­gerung von etwa einem Euro pro Kasten im Ein­zel­handel. In der Ver­gan­genheit wurde der Kasten “TV-Bier” häufig als klas­si­sches Lock­vogel-Angebot in den bunten Pro­spekten der Lebens­mit­tel­ketten platziert.

Alko­hol­freie und Craft-Biere gewinnen an Boden

Viele Braue­reien haben sich längst auf die Suche nach neuen Ange­boten und Alter­na­tiven zur immer noch vor­herr­schenden Sorte Pils gemacht. Kleine baye­rische Braue­reien glänzen bun­desweit mit Weißbier und Hellem. Nord­deutsche Braue­reien wie Flens­burger oder Stör­te­beker aus Stralsund pro­fi­lieren sich mit Craft-Bieren, die man eigentlich aus viel klei­neren Brau­stätten erwartet und für die auch deutlich höhere End­preise gezahlt werden.
Ein wei­terer Hoff­nungs­träger für die Brauer sind die alko­hol­freien Sorten, die von der amt­lichen Steuer-Sta­tistik nicht erfasst werden, aber laut Brau­erbund in den ver­gan­genen Jahren stetig zugelegt haben. Inzwi­schen gebe es mehr als 400 alko­hol­freie Marken, die zusammen rund sechs Prozent des in Deutschland gebrauten Bieres ausmachen.
https://youtu.be/zU2rE5tz_oc
Quelle: RT Deutsch