Die Kirche der Beliebigkeit?

Die katho­lische Kirche gerät in Gefahr, langsam aber sicher nur mehr als eine reine Wellness-Ein­richtung für die Seele wahr­ge­nommen zu werden. Bester Beweis für diese These sind die unzäh­ligen Akkla­ma­tionen, die der jetzige Papst immer wieder von linker (und oft athe­is­ti­scher) Seite erfährt. Egal, ob es um seine Kritik am Kapi­ta­lismus oder ob es ganz grund­sätzlich nur um die soge­nannte “unkon­ven­tio­nelle” Art des Pon­tifex Maximus geht, stets sind diverse Kom­men­ta­toren, die sonst nicht einmal wissen, wo ihre Pfarre eigentlich zuhause ist, mit fast schon lob­hu­delnden State­ments zur Stelle. Das ist verdächtig.
Eine “gute Presse” ist alles
Man kann sich des Ein­drucks, dass die katho­lische Kirche seit einiger Zeit nur darauf aus ist, eine gute Presse zu haben, kaum noch erwehren. Ihr oberstes Ziel scheint weniger die Mission und die Bewahrung der christ­lichen Heils­lehre zu sein als vielmehr die eigene lobende Erwähnung in den Main­stream­m­edien. Freilich: Auch die Kirche muss die Medien nutzen, dazu sind sie ja da und es wäre fatal, nicht medial präsent zu sein. Die Frage ist aber, ob auch für die Kirche der zen­trale Satz des Medi­en­thero­re­tikers Mar­shall McLuhan gilt, der da lautet: “The medium is the message!”  — oder sollte eine Kirche nicht doch ungleich mehr auf den Inhalt ihrer Bot­schaft achten als alle anderen Ein­rich­tungen, die in den Medien zugegen sind?
Was auf­fällt
Dem durch­schnitt­lichen Beob­achter fallen heute, wenn er auf die Akti­vi­täten der Kirche schaut, vor allem fol­gende Dinge auf: Zunächst ist es die Fokus­sierung auf den Barm­her­zig­keits-Begriff, der zur Zeit fast alles beherrscht. Wenn von offi­zi­eller katho­li­scher Seite Äuße­rungen zum domi­nie­renden Thema “Migration” getroffen werden, ist stets der Auftrag zur Barm­her­zigkeit die vor­derste Prä­misse. Niemand spricht hin­gegen vom Mis­si­ons­auftrag, von der Not­wen­digkeit der Bekehrung oder ähn­lichen zwei­fellos kon­flikt­ge­neigten Begriffen, die aber Kern­aufgabe der Kirche sind. Die ein­zigen hoch­ran­gigen Kir­chen­ver­treter, die kri­tische Worte zum Phä­nomen “Migration” finden, sind im Osten Europas zu Hause.  Alle anderen Kir­chen­fürsten schwingen auf der Huma­nitäts-Welle der Euro­päi­schen Union mit — ganz besonders jene in Deutschland. Dort scheint sich in der Kirche über­haupt eine merk­würdige, fast schon servile Haltung gegenüber der Mas­sen­mi­gration breit­ge­macht und ver­festigt zu haben.
Um jeden Preis Liebkind sein?
Um die Medien wohl­wollend zu stimmen, haben viele geweihte und hoch­rangige Kir­chen­ver­treter auch keine Scheu mehr, den Kate­chismus einfach dort zu unter­laufen, wo es ihnen gerade passt bzw. wo es gerade opportun erscheint. Jüngstes Bei­spiel sind die (wie­derum vor allem in Deutschland)  auf­tau­chenden Über­le­gungen, kirch­liche Seg­nungen für homo­se­xuelle Paare durch­zu­führen — obwohl die öffentlich gelebte Homo­se­xua­lität von der Amts­kirche defi­nitiv nicht gebilligt wird. Man muss hier klar unter­scheiden: Es geht nicht um die homo­se­xu­ellen Men­schen an sich oder um eine Zurück­setzung der­selben, denn ihnen ist wegen ihrer Neigung kein Vorwurf zu machen. Was die katho­lische Kirche aber explizit nicht in Ordnung findet, ist die in Bezie­hungen aus­ge­lebte Homo­se­xua­lität. So ist es im Kate­chismus ein­deutig nachzulesen.
2000 Jahre Erfahrung reichen?
Nun mögen Befür­worter des aktu­ellen Kurses der Kirche meinen, dass 2000 Jahre Erfahrung durchaus reichen müssten, um die Kirche und ihre Fun­da­mente unbe­schadet auch über die hier ange­spro­chene Situation kommen zu lassen. Auf der anderen Seite muss man aber ganz klar fest­stellen, dass von der Kirche hier demons­trativ ein neuer Weg ein­ge­schlagen wurde, der in vieler Hin­sicht nur noch noch beliebig und oppor­tu­nis­tisch erscheint. Ernst­hafte Katho­liken können sich mit dieser an den Zeit­geist ange­passten und moder­nis­tisch anmu­tenden Wende nicht anfreunden, es rumort in den kon­ser­va­tiven Kreisen schon dem­entspre­chend laut.
Ernste Fragen
Jeder, der kri­tisch über “seine” katho­lische Kirche nach­denkt, muss einige wirklich schwer­wie­gende Fragen stellen: Warum widmet sich die katho­lische Kirche gerade in unseren kon­turlos gewor­denen Zeiten nicht viel mehr ihrer ursprüng­lichen Aufgabe der Sinn­gebung? Warum muss der christ­liche Glauben, der ent­scheidend und grund­sätzlich zur Kul­ti­vierung in Europa bei­getragen hat, sich ganz ohne Not all den zeit­geis­tigen Strö­mungen andienen, die keine wirk­lichen Fun­da­mente und keine sinn­schaf­fenden Ele­mente in sich tragen? Und wieso, um Gottes Willen, muss sich die katho­lische Kirche in diesen Flugsand der überall ein­drin­genden Belie­bigkeit begeben?
Dr. Marcus Franz — thedailyfranz.at