Die #MeToo-Debatte ist zwar schon ziemlich abgegrast, aber eine wichtige Facette derselben blieb bisher fast unerwähnt. Bis jetzt drehten sich sämtliche Argumente, welche die Feministinnen und deren weibliche und männliche Anhänger und Gegenspieler in die Diskussionen einbrachten, um die Rolle der westlichen Frau. Ihr Selbstverständnis und die Wahrnehmung dieses ihres Bildes durch die westlichen Männer standen im Mittelpunkt.
Einfach nicht drüber reden?
Genau in demselben Maße, in dem ausufernd über diese Thematik diskutiert wird, schweigen die #MeToo-Damen über die orientalische Frau und den orientalischen Mann und deren Sexualmoral sowie über deren grundsätzlichen Umgang miteinander. Man blendete solchermaßen einen großen Teil der Bevölkerung samt deren kultureller Gegebenheiten einfach aus. (Damit wir wissen, über welche Dimensionen wir reden: Allein in Österreich gibt es ca. 700.000 Muslime, Tendenz stark steigend. In Deutschland sind es etwa 5 Millionen, auch dort werden es täglich mehr.)
Zunächst zum Grundsätzlichen. Die Sexualmoral wird nicht nur durch den ritualisierten Umgang zwischen Mann und Frau, sondern auch sehr stark über die Art und Weise der Kleidung symbolisiert. Westliche Freizügigkeit definiert sich nicht zuletzt auch darin, dass westliche Frauen selbstverständlich heute nahezu alles tragen können, was sie wollen: Vom hochgeschlossenen Kostüm über den Hosenanzug bis zum bauchfreien Top mit Minirock. Wenn es nicht gerade den Anlass konterkariert oder völlig deplatziert wirkt, ist alles erlaubt.
Kein Freibrief
Der Kleidungsstil ist ein wesentlicher Punkt der #MeToo-Debatte: Ein offenherziger und erotischer Stil darf von den Frauen gepflegt werden, ohne dass er als Freibrief für die Männer verstanden werden darf. Und wo #MeToo grundsätzlich völlig richtig liegt, ist die Tatsache, dass zwischen vorgesetztem Mann und nachgeordneter Frau definitiv kein Vorrecht des Mannes in der ohnehin gegebenen Machtposition entsteht, diese sexuelle oder sonstwie auszunützen. Sonderfälle, wo die Frauen ihre Reize gezielt einsetzen, um sich am Arbeitsplatz Vorteile zu verschaffen, wird es allerdings immer geben. Auch das wird in der #MeToo-Diskussion gerne verschwiegen.
Prinzipiell gilt natürlich: Kein Mann hat das Recht, aufgrund der starken Signale, die ohne Zweifel durch den Kleidungs- und Schminkstil sowie durch andere weibliche Accessoires ausgesandt werden, sich ungefragt und ohne Erlaubnis der betreffenden Frau in bestimmter und eindeutiger Absicht zu nähern. Ohne weibliches OK geht gar nichts. Und man muss es zugeben: Die zwischenmenschlichen Situationen und vor allem die Auslotung der Grenzen erhalten dadurch einen ganz besonderen Reiz, der fester Bestandteil der neuen Sexualmoral geworden ist. Faktum ist: Die Männer buhlen, aber die Frauen wählen aus und geben ihr OK. Oder eben nicht.
Es knistert
Freilich entsteht durch diese moderne Freizügigkeit aber auch eine Art permanenter Einladungsatmosphäre, die immer wieder Anlass zu Debatten und Neupositionierungen gibt. Das wegzuleugnen, wäre heuchlerisch. Man kann sich als Frau ja nicht einerseits betont weiblich präsentieren und dann erwarten, dass dies keine Reaktionen bei den Männern hervorruft. Und sind wir ehrlich: Die männlichen Reaktionen sind ja auch gewollt, sie gehören eben zum uralten Spiel zwischen Mann und Frau. Und die westlichen Männer können zum allergrößten Teil damit auch sehr gut umgehen. Übertriebene Empörungen seitens der Feministinnen sind daher meistens fehl am Platz.
Die andere Seite bleibt ohne Diskussion
Auf der anderen Seite haben wir in Europa nun Millionen junger Männer, deren Frauenbild kulturell völlig anders geprägt ist. Die orientalische Kultur verlangt von der Frau sittsame Verhüllung bis hin zur Burka. Und sie verlangt in der Öffentlichkeit ein sehr zurückhaltendes und eher stilles Auftreten der Frau. Für Orientalen ist daher jede leichtbekleidete Frau (die nach westlichen Maßstäben völlig normal angezogen ist) eine Herausforderung. Die Frauen der eigene Kultur gelten hingegen als sakrosankt, das klare und unmissverständliche Zeichen dieser Unberührbarkeit ist der offiziell getragene Schleier (die Niqab, der Hijab etc.).
Wir finden also auf orientalischer Seite eine völlig andere Sexual- und Kleidungsmoral vor als dies bei uns der Fall ist. Am klarsten treten diese massiven Unterschiede im Sommer in den Bädern zutage: Hier die bis über den Kopf in den Schwimm-Burkini gehüllten muslimischen Frauen, dort die oben ohne laufenden westlichen Frauen im String-Tanga. Das alles findet zur selben Zeit im selben “Kulturraum Europa” statt und sorgt natürlich für unzählige Konflikte bis hin zu Sexualverbrechen.
Den #MeToo-Kämpferinnen fehlt der Mut
Die forschen Protagonistinnen der #MeToo-Debatte haben bis jetzt nicht den Mut gefunden, dieses tiefgreifende Problem der aufeinanderprallenden Kulturen ausreichend und profund zu thematisieren. Man weicht dieser zentralen Kulturfrage aus, indem man sich nur auf die westlichen Männer fokussiert und jedem Mann den Charakter eines Harvey Weinstein oder die Attitüden eines Peter Pilz unterstellt.
Das ist natürlich wesentlich einfacher als sich mit der Rolle der ebenfalls hier lebenden orientalischen Männer und Frauen zu beschäftigen. Eine seriöse Debatte über die verschiedenen “Sexualmoralen” und dessen, was geht und was nicht, darf in einem Europa, das durch die Migration nachhaltig verändert wird, nicht ganz einfach ausgeblendet werden. Es gibt sichtbare neue Fakten, die einer genauen Betrachtung und vermutlich einer neuen Ordnung bedürfen. Sonst bleibt die ganze #MeToo-Geschichte eine unglaubwürdige und letztlich peinliche Makulatur, die gerade den westliche Frauen mehr schaden als nützen wird.
Dr. Marcus Franz — thedailyfranz.at
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