Warum viele private Lebens­ver­si­che­rungen ris­kante Schnee­ball­systeme sind

Uner­müdlich wird das Demo­graphie-Problem der gesetz­lichen Ren­ten­ver­si­cherung the­ma­ti­siert. Natürlich muss das beob­achtet werden, aber es kann nicht zum voll­stän­digen Zusam­men­bruch führen. Ganz anders sieht es aber für die pri­vaten Lebens­ver­si­che­rungen aus. Eine Über­al­terung der Ver­si­che­rungs­nehmer wird rei­hen­weise Insol­venzen der Kon­zerne zur Folge haben.
(Von Peter Haisenko)
Sie suchen nach einem Geschäfts­modell, das Ihnen auf lange, aber begrenzte Zeit sichere Gewinne bringt? Gründen Sie eine Lebensversicherung!
Kurz betrachtet sieht das Modell so aus: Man ver­kauft Policen für ein untaug­liches Spar­modell an Kunden, die in einigen Jahr­zehnten einen Ertrag zurück­fordern werden. Ja, es ist nichts anderes als ein Raten­spar­vertrag mit irr­sin­nigen Anfangs­kon­di­tionen, denn wegen der Grund­kosten für Ver­si­che­rungs­agen­ten­prämien und der Ver­wal­tungs­kosten beginnt der Spar­vertrag mit einem satten Minus.
Es sind etwa 6.000,- € pro 100.000,- € Ziel­summe, die man erst einmal abzahlen muss, bevor man auf Null ist und ein Anrecht auf Gewinn­be­tei­ligung besteht. Das wird aber ver­steckt, indem eine Risi­ko­ab­de­ckung für den Todesfall dazu gemogelt wird.
In Wahrheit sind es zwei Ver­trags­arten, die eigentlich nichts mit­ein­ander zu tun haben. Dieses Ver­fahren dient lediglich dazu, dem Ver­si­che­rungs­nehmer ein – fal­sches – gutes Gefühl zu vermitteln.
Wenn aus­ge­zahlt werden muss, ändert sich das Geschäftsmodell
Zum Zeit­punkt der Gründung Ihrer Lebens­ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft haben Sie nur Ein­nahmen und Ver­wal­tungs­kosten. Bis der erste Ver­si­che­rungs­nehmer Aus­zah­lungen fordern kann, ver­gehen im güns­tigsten Fall mehr als vierzig Jahre – wenn der neue Ver­si­che­rungs­nehmer zum Bei­spiel Anfang zwanzig ist. Die Bilanzen sind folglich phan­tas­tisch gut und recht­fer­tigen ebenso phan­tas­tisch mil­lio­nen­schwere Gehälter für Vor­stände und Manager.
Man baut Paläste für die Ver­waltung und wenn neben den Gehältern noch etwas übrig ist, wird inves­tiert, ganz nach gesetz­licher Vor­schrift. Weil Ihre Gesell­schaft so gut dasteht, haben Sie keine Pro­bleme, neue Kunden zu akqui­rieren und die Aktionäre können sich über satte Divi­denden freuen.
Irgendwann aber kommt die Zeit, wenn an die Kunden aus­ge­zahlt werden muss. Von da an ist das Geschäfts­modell ein anderes (Haben Sie eine Lebens­ver­si­cherung? Insider warnt: Crash kommt).
Die Gewinne aus den Inves­ti­tionen reichen nicht aus, um die Aus­zah­lungs­an­sprüche abzu­decken und die Gehälter und Prämien wollen auch noch bedient werden. Es bedarf also eines kon­ti­nu­ier­lichen Zuflusses an Neu­kunden, die noch keine Ansprüche generieren.
So ist die „Kapi­tal­le­bens­ver­si­cherung“ plötzlich zu einem Umla­ge­system geworden, unter­füttert mit Ein­nahmen aus dem Kapi­tal­stock. Letz­teres unter­scheidet sie von der gesetz­lichen Rente, hinzu kommen die deutlich höheren Kosten für Mana­ger­ge­hälter und Akquise, die bei der „Gesetz­lichen“ zu Punkt eins wesentlich geringer sind und zu Punkt zwei gänzlich entfallen.
Die Dis­kus­sionen über Lebens­ver­si­che­rungen der letzten Zeit haben auf­ge­deckt, dass der Punkt erreicht ist, wo die „Rendite“ aus der Gesetz­lichen der der Pri­vaten über­legen ist. Aber das ist noch lange nicht alles.
Tat­sächlich sind es nämlich die pri­vaten Lebens­ver­si­che­rungen, die das Demo­graphie-Problem am här­testen trifft. Wenn zu wenig Neu­kunden da sind, fehlt der Kapi­tal­zu­fluss, dem noch keine Aus­zah­lungs­an­sprüche gegenüberstehen.
Auf der anderen Seite werden es immer mehr, die wegen ihres Alters Geld haben wollen und damit wird erkennbar, dass die private Ver­si­che­rungs­wirt­schaft das­selbe Problem hat wie jedes Schneeballsystem.
Solange genügend Dumme ihr Geld geben, in der Hoffnung auf gute Gewinne, können die ersten gut bedient werden. Sie haben gut inves­tiert und die Initia­toren reiben sich die Hände. Wenn aber der Neu­zu­fluss stockt, ist das Ende vorgezeichnet.
Theo­re­tisch betrachtet sollte es möglich sein, den Bestand der Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft suk­zessive an die Alt­kunden aus­zu­schütten, bis eben nichts mehr übrig ist und die Gesell­schaft liqui­diert werden muss. Theo­re­tisch…. aber.
Neu­kun­den­pro­gnosen erweisen sich als Luftnummern
Das große Aber ist hier, dass sich an den Ein­zah­lungen eine Heer­schar von Vor­ständen, Managern und Ver­tretern sattsam bedient haben, eben wie in einem Schnee­ball­system. Folglich reicht die Sub­stanz der Ver­si­cherung nicht aus, die ver­spro­chenen Ansprüche der Alt­kunden zu bedienen.
Dass die Bilanz dennoch von der Auf­sichts­be­hörde nicht bean­standet wird, liegt daran, dass die Ver­si­che­rungen eine Neu­kun­den­pro­gnose auf­nehmen. Diese Pro­gnose erweist sich aber mehr und mehr als Luft­nummer, weil eben weniger junge Leute nach­wachsen und das Ver­trauen in diese Form der Alters­si­cherung mehr und mehr abnimmt.
Bei­tragend ist natürlich auch, dass wegen des fort­schrei­tenden Lohn­dum­pings junge Leute gar kein Geld übrig haben, das sie in eine Lebens­ver­si­cherung ein­zahlen könnten.
Die Politik hat dieses Problem schon lange erkannt, ver­schweigt es aber. Man ver­sucht dem ent­gegen zu wirken, indem der Ver­si­che­rungs­wirt­schaft Geschenke gemacht werden, mit steu­er­un­ter­stützten Modellen. Erst war es „Riester“, mit dem man dem Bürger das Geld aus der Tasche gelockt hat, dann von der Leyen mit ihrem Modell und nicht zuletzt Nahles mit dem Versuch, einen Teil der Ren­ten­bei­träge zu den Pri­vaten umzuleiten.
Das funk­tio­niert aber immer weniger, denn mitt­ler­weile haben auch andere Fach­leute erkannt, dass das Modell der Pri­vaten Betrug am Bürger ist. Manche wagen sich aus der Deckung und sagen öffentlich, wie es ist.

Wir stehen vor einem rie­sigen Scherbenhaufen

Mitt­ler­weile hat sich ein neues Geschäfts­modell ent­wi­ckelt, das Ver­si­che­rungs­nehmern Hilfe bietet, aus den Ver­trägen aus­zu­steigen. Feh­ler­hafte Ver­träge, in denen zum Bei­spiel das Rück­tritts­recht nicht ord­nungs­gemäß auf­ge­führt ist, werden so rück­ab­ge­wi­ckelt und der Ver­si­che­rungs­nehmer kann die Prämien für die Ver­treter zurück­fordern, ebenso wie Ver­wal­tungs­ge­bühren und ange­fallene Unternehmensgewinne.
Das aller­dings wird zu einem Teu­fels­kreis führen, denn genau dieses Geld fehlt dann zur Befrie­digung der aktu­ellen Ansprüche. Auch gibt es eine Grauzone in der Hin­sicht, dass nicht geklärt ist, ob die Ver­si­che­rungen die Rück­zah­lungen der Ver­mitt­lungs­prämien von den Ver­tretern zurück­fordern können. Und selbst wenn dem so wäre, ist anzu­nehmen, dass die Ver­treter das gar nicht können und selbst in die Insolvenz müssten.
Wir stehen also vor einem rie­sigen Scher­ben­haufen, nachdem seit Anfang der 1950-er Jahre immer zugunsten der Pri­vaten gegen die Gesetz­liche getrommelt worden ist. Die private Ver­si­che­rungs­wirt­schaft ist ein Schnee­ball­system, denn sie ist auf einen steten Zufluss von Neu­kunden angewiesen.
Bleibt dieser aus, werden rei­hen­weise auch größere Kon­zerne Insolvenz anmelden müssen. Dann ist das ganze schöne Geld ver­loren, das den Bürgern mit fal­schen Ver­sprechen abge­nommen worden ist. Die Finanz­krise von 2008 wird dagegen wie ein laues Lüftchen aussehen.
Und zwar des­wegen, weil die ganze Branche nicht mit Steu­er­geldern zu retten ist, wenn erst einmal das Ver­trauen geschwunden ist. Dann wird es keine Neu­kunden mehr geben.
Es fällt mir schwer, hier zum einen oder anderen zu raten. Vertrag behalten oder aus­steigen? Je mehr aus­steigen, desto schneller wird das Ende kommen. Drin bleiben mit der vagen Hoffnung, dass es schon gut gehen wird? Eines ist klar, je mehr aus­steigen, desto schneller muss man selbst den Abschied nehmen. Denn es wird wie immer sein: Den Letzten beißen die Hunde (Immo­bi­li­en­be­sitzer auf­ge­passt: Neue Form der staat­lichen Zwangs­en­teigung wird gerade geplant!).
Es gibt aber noch eine dritte Variante: Die Humane Markt­wirt­schaft nach Haisenko/von Brunn. Hier beschreiben wir, wie der Übergang vom gesamten jet­zigen System voll­zogen werden kann, ohne jemandem etwas weg­zu­nehmen oder zu schenken.
Sozu­sagen voll­ständige „Besitz­stands­wahrung“. Wir haben diesen Übergang so aus­ge­feilt, dass es sogar möglich ist, sämt­liche Gut­haben bei den pri­vaten Ver­si­che­rungen zu retten. Der Preis ist aller­dings, dass die Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaften in ein neues Modell trans­for­miert werden müssen, ebenso wie die Banken, die zu dem zurück­ge­führt werden sollen, was sie sind: Dienst­leister, die für ihre Dienst­leistung bezahlt werden und keine Zinsen zu ihren Gunsten kas­sieren dürfen auf Geld, das ihnen nicht gehört. Klingt wie ein Märchen?
Dass es keines ist und noch dazu prak­ti­kabel erfahren Sie, wenn Sie das Werk „Die Humane Markt­wirt­schaft“ von Peter Hai­senko und Hubert von Brunn lesen.
Das ÖR-Fern­sehen hat das Thema aufgegriffen:
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/markt/Lebensversicherung-Widerspruch-statt-Kuendigung,markt11168.html
Dieses Video aus der Mediathek des NDR schildert das Problem perfekt. Bei ca 5:30 Minuten kommt die Fest­stellung, dass der Ver­si­che­rungs­nehmer seine Beträge ver­zinst zurück bekommt. Ver­zinst ist aber das falsche Wort. Der Erstat­tungs­an­spruch ent­spricht laut BGH der Eigen­ka­pi­tal­rendite des Ver­si­cherers. Und die ist fast immer zweistellig.
Sehenswert auch die Dis­kussion bei Plasberg:
http://mediathek.daserste.de/Hart-aber-fair/Crash-der-Lebensversicherungen-Panikmac/Video?bcastId=561146&documentId=49358690
Hier finden Sie Hilfe, wenn Sie aus Ihrer Lebens­ver­si­cherung aus­steigen wollen: www.widerrufsjoker-lv.de