Gerne präsentiert sich die Europäische Union als globaler Akteur bei der Förderung und Entwicklung der ärmsten Gesellschaften der Welt. Sie rühmt sich für ihre 11 Milliarden Euro an Hilfsprogrammen und bezeichnet sich selbst als „den großzügigsten Geldgeber der Welt“. Die EU glaubt tatsächlich – verglichen mit den Vereinigten Staaten von Amerika, Russland oder China – eine freundlichere Weltmacht zu sein.
(Von Joseph Hackett)
Aber mit der Europäischen Union verhält es sich stets gleich und die Wahrheit ist wie immer eine ganz andere. Euroskeptiker kennen schon seit langem die Methode der EU, subventionierte Agrarprodukte in Entwicklungsländern, insbesondere in Afrika, „abzuladen“. Einen seltenen Fall an Fortschritt gibt es inzwischen, denn die EU wendet diesbezüglich mittlerweile wesentlich weniger auf und die WTO Mitglieder – die EU inbegriffen – haben sich zuletzt darauf geeinigt, Exportsubventionen im Jahr 2015 zu beenden.
Dennoch verhindert die EU die Entwicklung ärmerer Gesellschaften in vielfältiger Weise, beispielsweise durch ihre Zollvorschriften, die höhere Zölle für weiterverarbeitete Produkte vorschreiben. Dies wird am Beispiel von Kaffeebohnen deutlich, die zollfrei in die EU exportiert werden können, wohingegen gerösteter Kaffee einem Zoll von 7,5 Prozent unterliegt. Ist der Kaffee dann noch entkoffeiniert, steigt der Zoll auf 9 Prozent. Dasselbe gilt für Schokolade: Kakaobohnen unterliegen keinem Zoll, bei Tafelschokolade liegt der Zoll bei 30 Prozent.
Dies ist kein Zufall. Es geht darum, Länder wie Äthiopien und Ghana davon abzuhalten, eigene Produkte zu verarbeiten und zu exportieren, was nämlich laut EU-Führern die lukrative Lebensmittelindustrie Europas bedrohen würde. Stattdessen werden Produzenten dazu ermutigt, nur Rohprodukte zu exportieren, während die „großzügige“ Europäische Union sicherstellt, dass Entwicklungsländern nur einen Bruchteil ihres potenziellen Profits ausschöpfen können, und so den Gewinn für sich selbst sichert. Tatsächlich verdiente Deutschland im Jahr 2014 mehr an Kaffeeexporten als ganz Afrika zusammen.
Über die verschiedenen Arten von landwirtschaftlichen Produkten hinweg erstickt dies die Industrialisierung von Entwicklungsländern. Die Zollvorschriften führen dazu, dass diese Länder Agrarnationen bleiben, anstatt ihre beträchtlichen, natürlichen Ressourcen voll auszuschöpfen. Diese Vorschriften abzuschaffen, wäre ein einfache Maßnahme, um Entwicklungsländer zu unterstützen und zu stärken – allerdings weigert sich die EU, dies zu tun und nutzt stattdessen ihre Hilfezahlungen als Feigenblatt, um sich dahinter zu verstecken.
Weiterhin schadet die EU auch den lokalen Fischereiindustrien. Mit strengen Fangquoten in ganz Europa trifft die EU mit zahlreichen westafrikanischen Ländern Abkommen, um die Erlaubnis zu bekommen, mit riesigen Fischdampfern in deren Gewässern zu fischen. Beispielsweise bewilligte Mauretanien der EU für über 25 Jahre die Fischerei in den eigenen Gewässern im Gegenzug einer Zahlung von etwa 900 Millionen Euro. Senegals Fischer hingegen protestierten gegen einen Deal, der im Jahr 2014 mit der EU eingegangen wurde und europäischen Schiffen umfangreichen Zugang zu den Gewässern Senegals ermöglichte.
Mittlerweile bindet die EU „Unterstützung“ für die lokalen Fischereien in diese Abkommen ein und protzt lautstark mit ihren Bemühungen, illegale Fischerei durch europäische Fischdampfer in lokalen Gewässern zu stoppen. Westafrikanische Länder schützen ihre Gewässer vor illegaler ausländischer Fischerei weniger effektiv als wohlhabende Länder wie zum Beispiel Norwegen, in deren Gewässer Geldbußen an EU Schiffe verhängt werden.
Diese Bemühungen ändern jedoch nichts am grundlegenden Problem. Die lokalen Fischer werden verdrängt, ringen um die Industrialisierung ihrer Betriebe und sehen, dass die Bestände langfristig schwinden, falls – wie beispielsweise Greenpeace behauptet – die EU-Quoten in westafrikanischen Gewässern zu hoch sind, um langfristig nachhaltig zu sein.
Währen hunderttausende Afrikaner sich Jahr für Jahr auf lange und gefährliche Reisen begeben und versuchen, nach Europa zu gelangen, beruhigt die EU ihr Gewissen mit Entwicklungshilfegeldern und versucht die Welt im Glauben zu lassen, dass tatsächlich für das Wachstum von ärmeren Ländern gesorgt wird.
Wenn wir Großbritannien aus der EU herausbekommen, müssen wir uns nicht länger an diesen Praktiken beteiligen. Außerhalb der Zollunion müssen wir nicht länger Regelungen im besonderen Interesse von 27 anderen EU-Mitgliedsstaaten festlegen. Es wird uns möglich sein, Zölle auf verarbeitete Lebensmittelimporte aus Entwicklungsländern fallen zu lassen und Länder wie zum Beispiel Äthiopien zu ermutigen, ihre eigene Produkte zu verarbeiten und an Großbritannien zu verkaufen – wo sie im Supermarktregal günstiger verfügbar sein werden als heute. Außerdem können wir unsere eigenen, fairen Fischereivereinbarungen mit westafrikanischen Ländern treffen oder von solchen Deals völlig Abstand nehmen.
Das skrupellosen Vorgehen der EU im Handel mit Entwicklungsländern aufzugeben, wäre ein bedeutender Fortschritt bei der Unterstützung dieser Länder. Und es würde unser Ansehen als eine der engagiertesten Nationen der Welt in Bezug auf internationale Entwicklung verankern. Liberale sollten sich bewusst sein – die EU ist kein Freund ärmerer Länder und der Brexit wird uns einen viel gerechteren Ansatz ermöglichen.
Auf Deutsch ist dieser Artikel zuerst auf der Webseite des Ludwig von Mises Institut Deutschland erschienen.
Der Originalbeitrag mit dem Titel The EU Is Keeping Poor Countries Poor ist am 27.7.2017 auf der website der Foundation of Economic Education erschienen.