Die Pressestelle des Bundesgerichtshofes verlautbarte am Mittwoch, den 28. Februar in ihrer Mitteilung Nr. 43, dass das Hohe Gericht in der Sache VIII ZR 157/17 geurteilt habe, der Schadensersatzanspruch eines Vermieters wegen Beschädigung der Mietwohnung erfordere keine vorherige Fristsetzung zur Schadensbeseitigung.
Den Sachverhalt fasst das Gericht in seinem Urteil wie folgt zusammen:
„Der Beklagte war für mehr als sieben Jahre Mieter einer Wohnung des Klägers in Hohenroth. Nach einvernehmlicher Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Wohnung verlangte der Kläger vom Beklagten Schadensersatz, weil dieser insbesondere wegen Verletzung von Obhuts- und Sorgfaltspflichten für verschiedene Beschädigungen der Wohnung verantwortlich sei. Eine Frist zu Beseitigung der betreffenden Schäden hatte er dem Beklagten zuvor nicht gesetzt.“
Dieses Urteil ist für Mieter und Vermieter eines der wichtigsten in der letzten Zeit. Denn die Auseinandersetzung, ob ein Schadensersatz nur dann gegenüber einem Mieter geltend gemacht werden kann, wenn der Vermieter vorher eine Frist gesetzt hatte innert der der Mieter den Schaden beseitigen kann, kommt sehr oft in der mietrechtlichen Praxis vor.
Der Streit währt schon lange, ob es in so einer Situation hier nach §280 Abs.1 BGB entschieden werden muss, wonach direkt Schadensersatzanspruch ohne vorherige Fristsetzung besteht – oder ob hier § 281 Abs. 1 BGB anzuwenden ist, der eine solche Fristsetzung ausdrücklich voraussetzt, wurde von den Gerichten bisher von Fall zu Fall anders entschieden. Eine Entscheidung des BGH gab es bisher nicht zu der Problematik.
Jetzt aber hat sich der BGH zum Unterschied zwischen den Zwei Paragraphen eindeutig geäußert:
Die in § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB vorgesehene Verpflichtung zur Fristsetzung gilt laut BGH ausschließlich bei Nicht- oder Schlechterfüllung von dem Mieter obliegenden Leistungen wie Renovierung und Schönheitsreparaturen oder Treppenhausputzen durch den Mieter. Geht es also um Leistungen, die der Mieter nicht oder schlecht erfüllt, muss der Vermieter dem Mieter erst eine Gelegenheit zur Erbringung der Leistung geben, bevor er statt der geschuldeten Leistung Schadensersatz verlangt.
Ganz anders steht die Sache in Bezug auf die grundlegende Verpflichtung des Mieters, die ihm überlassenen Mieträume in einem dem „vertragsgemäßen Gebrauch entsprechenden Zustand“ zu halten und schonend und pfleglich zu behandeln. Das hat nichts mit einer mal besser oder schlechter oder zu spät erbrachten Leistung zu tun, sondern mit seiner Sorgfaltspflicht, keinen Schaden an der gemieteten Sache zu verursachen. Die „Sachbeschädigung“ an der Mietsache begründet nach der BGH-Entscheidung den Anspruch des Vermieters auf Schadensersatz.
Die Frage ist keineswegs nur eine juristische Spitzfindigkeit. Mit der BGH-Entscheidung wird dem Vermieter nämlich die Möglichkeit gegeben, seinen Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Mietsache mit der hinterlegten Kaution zu verrechnen, was der Mieter dann auch nicht verhindern kann. Das setzt zwar voraus, dass der Vermieter den Schadensersatzanspruch „ordnungsgemäß“ geltend gemacht hat. Das heißt: Er muss den Schaden dokumentieren und dem Mieter zur Kenntnis bringen.
Das Problem liegt, wie immer, in der menschlichen Schläue.
Der Mieter muss jetzt in jedem Fall den Schaden bezahlen und bekommt zumindest seine Kaution nicht mehr zurück, kann aber nicht feststellen, wie hoch die Kosten zur Reparatur des von ihm verursachten Schadens wirklich waren und ob der Vermieter den Schaden überhaupt beseitigt hat. Möglicherweise hätte der Mieter bei einer Fristsetzung die Möglichkeit gehabt, den Schaden sehr viel preiswerter zu reparieren und damit seine Kaution zu „retten“. Zwar ist der Vermieter verpflichtet, nur „die notwendigen und erforderlichen Kosten“ zur Schadensbeseitigung geltend zu machen, aber letztendlich kann der Mieter das nicht nachprüfen.
Andererseits klagen Vermieter nicht selten darüber, dass Mieter, wenn sie ausgezogen sind und die Schäden an der Mietsache offenbar werden, eine Fristsetzung zur Schadensbeseitigung ungerührt verstreichen lassen und nicht mehr erreichbar sind. Insbesondere dann, wenn die Kosten der Reparatur die hinterlegte Kaution übersteigen. Der Vermieter bleibt nicht nur auf den Reparaturkosten sitzen, sondern hat auch noch deutlich länger Mietausfall, da er ja die gesetzte Frist abwarten muss. In vielen Fällen müssen die Vermieter hinter den ehemaligen Mietern her prozessieren.
In jedem Fall hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 28. Februar einen Pflock in den Boden geschlagen, der in Zukunft für Klarheit in dieser Frage sorgt.
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