Münster und Cottbus: Was die mediale Bericht­erstattung über die Presse verrät

Ange­sichts der schreck­lichen Bluttat von Münster ist unter­ge­gangen, dass am Tag zuvor ein 25-Jäh­riger mit einem Gelän­de­wagen in Cottbus absichtlich in eine Gruppe von Pas­santen gefahren war. Es gab glück­li­cher­weise keine Toten und der Täter hat sich zwi­schen­zeitlich gestellt. Angeblich soll ein Streit vor­aus­ge­gangen sein. Eine All­tags­meldung viel­leicht, die aber auf erschre­ckende Weise eine Ver­rohung doku­men­tiert, die weit fort­ge­schritten ist. Deutlich gemacht hat dies erst recht der Anschlag in Münster. Abge­sehen von der Tat­waffe, unter­scheiden sich die beiden Angriffe aller­dings grund­legend: Hier die spontane Wut­handlung nach einer Aus­ein­an­der­setzung, da der kalt­blütig geplante Mord­an­schlag. Hier ein offenbar frem­den­feind­licher Dro­gen­kon­sument, da ein psy­chisch Gestörter ohne jedes poli­tische Motiv. Vor allem aber unter­scheiden sich die Taten von Cottbus und Münster in der Bericht­erstattung. Während sämt­liche Medien von einem “Fahrzeug” titelten, das in Münster in eine Men­schen­menge gefahren sei, weil sie zunächst nicht aus­schließen konnten, dass der Anschlag einen isla­mis­ti­schen Hin­ter­grund haben könnte, berichtete die Titel­zeile zum zeit­gleich publi­zierten Cott­buser Angriff von einem “Mann”, der seinen Gelän­de­wagen in eine Fuß­gän­ger­gruppe gesteuert habe. Während also die Headline zu Münster den Ver­ur­sacher in den Hin­ter­grund treten und bes­ten­falls als Insassen des zum Subjekt erklärten Tat­fahr­zeugs erscheinen lässt, macht die Über­schrift zu Cottbus unmiss­ver­ständlich klar, wer hier aktiv und bewusst eine furchtbare Straftat begangen hat.

Die Erleich­terung der Jour­na­listen über einen “deut­schen” Täter war anschließend förmlich mit Händen zu greifen

Es sind diese Nuancen, mit denen der “unpas­sende” Täter medial ent­mensch­licht und eine Tat von der emo­tio­nalen auf die Sach­ebene gehoben werden soll, während man den “pas­senden” Täter so früh wie möglich benennt, um der Tat ein Gesicht zu geben. Nach dem Müns­terer Attentat gingen selbst die Behörden in den ersten Stunden von einem ter­ro­ris­ti­schen Anschlag nach dem inzwi­schen dut­zendfach bekannten isla­mis­ti­schen Muster aus. Zu sehr schien alles auf einen wei­teren heim­tü­cki­schen Angriff eines reli­giösen Fana­tikers hin­zu­deuten. Es ist geübte Praxis, die Auf­merk­samkeit  in diesen Fällen vom Täter weg­zu­lenken, damit nicht schon wieder der Islam in Ver­bindung mit einem Selbst­mord­at­tentat in die Schlag­zeilen gerät. Denn der erste Ein­druck zählt – da zieht man sich lieber tech­no­kra­tisch auf das Fahrzeug als Ersatz­täter zurück. Mit dieser Ent­emo­tio­na­li­sierung haben gerade Deutsch­lands Medien immer wieder ihre Eil­mel­dungen zu gerade ver­übten isla­mis­ti­schen Atten­taten auf­ge­macht. Also auch in Münster. Die Erleich­terung der Jour­na­listen über einen “deut­schen” Täter war anschließend förmlich mit Händen zu greifen. In Cottbus hin­gegen war von Beginn an klar, dass eine reli­giöse Moti­vation aus­ge­schlossen werden konnte. Vor allem wurde früh mit­ge­teilt, dass der Täter dem rechten Milieu ent­stammen soll. Gerne lässt man ihn da so deutlich wie möglich vor dem geis­tigen Auge des Lesers erscheinen. Fahr­zeuge, die sich los­reißen und Morde begehen, scheiden dabei aus.

Der Nor­mal­bürger stumpft ab, weil ihn die schiere Masse der Taten über­wältigt und weil die Presse bestimmte Täter schont

Die Taten von Münster und Cottbus werfen ein Schlag­licht auf eine besorg­nis­er­re­gende Ent­wicklung: Noch vor wenigen Jahren hätten arglose Fuß­gänger nicht mit einem gezielten Angriff durch Auto­fahrer rechnen müssen. Heute müssen sie es. Immer und überall. Sogar durch Men­schen, die nicht im Namen der Religion morden. Gleiches gilt für die mitt­ler­weile all­ge­gen­wär­tigen Attacken mit Stich­waffen. Bis 2015 war es unvor­stellbar, dass banalste All­tags­strei­tig­keiten regel­mäßig mit Mord­werk­zeugen geklärt würden. Natürlich gibt es mehr als einen Grund für die zuneh­mende Ver­rohung. Doch einer dürfte darin liegen, dass mit der Zuwan­derung Hun­dert­tau­sender junger Männer aus Regionen, in denen ein irdi­sches Leben weniger zählt als eines im Jen­seits, auch unfassbare Grau­sam­keiten ein­ge­wandert sind. Immer mehr Hemm­schwellen fallen, und der Nor­mal­bürger stumpft ab, weil ihn die schiere Masse der Taten über­wältigt. Und weil eine bemän­telnde Presse bestimmte Täter schont. Doch Teenager, die ohne mit der Wimper zu zucken, Frauen und Rentner zusam­men­schlagen oder sofort das mit­ge­führte Messer zücken, wenn sie in der Fuß­gän­gerzone in Streit geraten, hat es vor der Zuwan­de­rungs­welle ganz selten einmal gegeben. Jour­na­listen könnten eine Menge leisten, um den Rechts­staat und die Werte unseres Zusam­men­lebens zu ver­tei­digen. Sie tun es aber nicht. Statt­dessen berichten sie mit zwei­erlei Maß oder ver­klären Ver­hal­tens­weisen zur berei­chernden Folklore, die bei uns als völlig inak­zep­tabel gelten. Die Head­lines zu Münster und Cottbus ver­raten viel. Und sie ver­heißen nichts Gutes.
 

 
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