Die erste Säule der Macht des US-Weltimperiums: die US-Army
Die Macht der USA steht hauptsächlich auf zwei Säulen. Die erste ist die glorreiche US-Army. Die Option des militärischen Eingreifens ist eine von den USA gern genutzte, wird jedoch stets mit edlen, humanistischen Motiven zur Rettung von bedrohten Völkern, bedrohten Demokratien, bedrohten Interessen, Bedrohung durch – vorzugsweise Russland – oder auch Bedrohung durch Ebola bemäntelt. Eine der Militärdoktrinen heißt „R2P“ (responsibility to protect) und wird gern als Joker gezogen, wenn es eigentlich nur um die harten US-amerikanischen Interessen geht.
Was die militärische Säule betrifft, sind die Vorgänge in und um Syrien erhellend, wo die USA die armen Syrer gegen die Bedrohung durch ihren gewählten Präsidenten Baschar al Assad so wirkungsvoll schützt. Das Land ist schwer beschädigt, Tausende der zu schützenden Zivilisten getötet und Krebsforschungsinstitute und Krankenhäuser in Grund und Boden bombardiert.
Die syrische Bevölkerung spuckt bei dem Wort „Amrika“ (Amerika) schon aus. Die islamistischen Terroristen, die raubend, mordend, köpfend und plündernd durch die ganze Region zogen, wurden – das weiß heute auch Lieschen Müller schon – von der CIA bezahlt und ausgerüstet. Die ruhmreiche US-Army schafft es nirgendwo mehr, wirklich zu siegen. In befreiten, syrischen Städten jubeln die Menschen in den Straßen, rufen „Syria! Syria!“ und „Russia! Russia!“, tanzen und geben den angeblichen syrischen “Assad-Schlächter-Soldaten” ihre Kinder in den Arm.
Die Chinesen und Russen haben, was die Waffentechnik betrifft, mit den USA mindestens gleichgezogen, wenn nicht einen deutlichen Vorsprung erzielt. Sogar die US-amerikanische Rand Corporation, eine militärische US-Denkfabrik, warnt, dass die USA einen Waffengang mit Russland und China nicht bestehen kann. Die US-Raketenabwehr soll gegen Putins neue Waffen vollkommen chancenlos sein, wird schon in den Mainstreammedien berichtet.
Das US-Imperium ist noch kein zahnloser, aber schon ein alter Tiger mit stumpfen Krallen, überkronten Eckzähnen und Arthritis. Nicht zu unterschätzen, aber auch nicht mehr in der Lage, militärisch die Position der Supermacht Nummer 1 wirkungsvoll zu behaupten.
Die zweite Säule der Macht: Weltleitwährung US-Dollar
Wir sehen zunehmend, dass die USA sich auf das Gebiet des Handelskrieges verlegt. Hierzu benutzt sie die zweite Säule ihrer Macht, den Dollar als Weltleitwährung. Die Bündnispartner werden als kläffende Wadenbeißer vorgeschickt, um zu ihrem eigenen Nachteil, aber im Interesse der USA mit Sanktionen gegen die Zielländer der USA zu agieren, wie wir es zur Zeit mit den EU-Sanktionen gegen Russland und den Iran erleben. Doch die Kläffterrier murren. Zu groß werden die Einbußen, die man als braver Vasall hinnehmen muss.
Europa ist soweit gegangen, ganz offiziell mit dem Iran Ölkäufe gegen Euro zu vereinbaren. Das hätte sich vor zehn Jahren noch niemand getraut, der nicht schon mit dem Leben abgeschlossen hatte. Heute sehen alle, dass die USA militärisch am Limit wursteln und wirtschaftlich nur noch mit Sanktionen und Erpressungen statt mit diplomatischen Mitteln hantieren. Alles, worauf die USA sich noch stützen können, ist der Dollar als Weltleitwährung. Doch mehr und mehr Länder, die sowieso schon von den USA mit Handelsembargos und Sanktionen „attackiert“ werden, scheren sich immer weniger darum. Das Beispiel Iran ist das jüngste.
Und? Was werden die USA nun tun? Je mehr Teilnehmer man von Spiel ausschließt, umso isolierter wird man und sitzt irgendwann allein vor einem leeren Spielbrett.
Ein neuer Machtblock wächst heran: die Eurasische Wirtschaftsunion
Der Iran kann sich das sogar leisten, weil Russland und China sich offen auf seine Seite gestellt haben. Damit haben sich zwei globale Bullys rechts und links vom – auch nicht gerade mickrigen – Iran postiert. Und sie sind nicht allein. Die USA schmieden aktiv mit ihrer globalen militärischen und handelspolitischen Aggressivität einen neuen, konkurrierenden Machtblock: die Eurasische Wirtschaftsunion. Diese hat sofort reagiert und Mitte Mai, in der kasachischen Hauptstadt Astana einen Vertrag mit dem Iran über Handelserleichterungen geschlossen, der den US-Sanktionen die Schärfe nehmen wird. Der Handel wird gefördert, wahrscheinlich mehr als verdoppelt, die Zölle im Schnitt auf die Hälfte gesenkt oder ganz aufgehoben. Nach drei Jahren soll dieser Vertrag in ein umfassendes Freihandelsabkommen übergehen. Eine Mitgliedschaft wird wahrscheinlich folgen.
Noch sind es wenige Länder, die sich in der EAWU zu einem Binnenmarkt und einer Zollunion zusammengeschlossen haben. Die Wirtschaftsunion repräsentiert aber bereits mehr als 180 Millionen Menschen: Armenien, Kasachstan, Kirgisien, Russland und Weisrussland. Dazu gekommen ist 2016 als „außerregionales Land“ Vietnam. Die Beitrittskandidaten lassen jedoch ahnen, dass diese Eurasische Freihhandelszone sehr bald „den Westen“ unter US-amerikanischer Führung weit in den Schatten stellen wird.
Am 1. Januar 2015, von den westlichen Mainstreammedien in blinder Überheblichkeit fast völlig ignoriert, wurde ein neues Kapitel Weltgeschichte aufgeschlagen: Die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) wurde gegründet.
Einige der Beitrittskandidaten sind globale Schwergewichte: Ägypten, China, Indien, Indonesien und Südkorea. China hat die Zollunionverträge mit der EAWU bereits unterschrieben.
Die Sanktionen der USA gegen Teheran haben noch weitere, für die USA höchst unschöne Effekte bewirkt. Die Börse in Shanghai reagierte sehr schnell auf die neue Situation und richtete Öl-Terminkontrakte ein, die nicht nur in Yüan gerechnet werden, sondern sogar in Gold eintauschbar sind, ein Weg, der 2012 schon einmal beschritten wurde, als die USA versuchten, den Iran vollkommen zu isolieren. Damit machen die USA die nächste Büchse der Pandora auf. Wenn sich der Handel gegen Gold am Bankensystem vorbei als ein von den USA nicht zu verhindernder Weg des Aushebelns von Sanktionen etabliert, züchtet sich die überschuldete Supermacht selbst heran, was sie fürchtet, wie der Teufel das Weihwasser: Einen globalen Goldstandard.
Der Iran jedenfalls hat aus den Erfahrungen gelernt und sich nun radikal vom Dollar als globaler Verrechnungseinheit abgewandt. Er verkauft nun überall sein Öl für Yüan, Rubel oder Euro. Auch dieses Geschäft ist für die USA verloren.
China ist der größte Abnehmer iranischen Öls. Mehr als 25% des iranischen Exports gehen ins Reich der Mitte und decken fast 10% des chinesischen Bedarfs. Der Ölhandel zwischen beiden Ländern wird schon seit einer Weile in Yüan abgerechnet statt in Dollar. Der Yüan wird mittlerweile für 12% des globalen Welthandels als Verrechnungseinheit benutzt – zu Lasten des Dollars. Der Petrodollar wird weltweit, Schritt für Schritt, zum Rückzug gezwungen. Im gleichen Maße schwindet der US-amerikanische Einfluss in der Welt und damit die Möglichkeit der USA, wirtschaftlichen Druck auszuüben.
China hat als bevölkerungsreichstes Land der Welt 1.379.302.771 Einwohner, Indien liegt mit 1.281.935.911 Einwohnern knapp dahinter, Indonesien trägt 260.580.739 bei, Ägypten 97.041.072, Südkorea 51.181.299 Einwohner. Das wären dann zusammen mit den jetzt bereits 180 Millionen Einwohnern der ESWU 3.250.041.792 Einwohner. In Worten: Drei Milliarden-zweihundertfünfzig Millionen-einundvierzigtausend-siebenhundertzweiundneunzig Einwohner dieses Wirtschafts- und Freihhandelsraumes. (Quelle: https://www.laenderdaten.de/bevoelkerung/einwohner.aspx)
Signal an Europa
Putin sendet damit auch ein unüberhörbares Signal an Europa. Es kommt zur rechten Zeit. Die EU ist es satt, am Gängelband der USA und zu eigenem Schaden deren Interessen durchzuboxen. Die EU ist überdies in keinem guten Zustand. Eine wirtschaftliche Belebung käme ihr sehr gelegen und würde die wachsende Unzufriedenheit im Inneren entschärfen. Von den USA ist in dieser Richtung auf absehbare Zeit nichts Gutes zu erwarten — schon aufgrund der wirtschaftlichen Kalamitäten der bankrotten Supermacht.
Warum also nicht die ausgestreckten Hände einer neuen und aufstrebenden Wirtschaftsmacht ergreifen? Es würde der EU möglicherweise wieder für ein paar Jahre an der Schubkraft eines Neuanfangs teilhaben lassen. Das Projekt „Neue Seidenstraße“, das von Portugals Atlantikküste bis zu Chinas Pazifikküste reichen soll, entwickelt sich vielversprechend.
Die schwindende Macht der USA lässt sich auch nicht mit pompösen Großmanövern wiederherstellen. Die Wahrheit ist: Amerika kann mit der sich abzeichnenden Entwicklung des neuen, eurasischen Machtblocks nicht mehr mithalten. Das schrittweise Verschwinden des Dollars als Weltreservewährung zieht als Konsequenz unausweichlich auch das Austrocknen des Militärbudgets der Vereinigten Staaten nach sich. Die bankrotte Großmacht kann einen sogroßen Militärapparat, der quasi an allen Ecken und Enden der Welt die auflodernde Flamme des Widerstands ersticken müsste, nicht mehr finanzieren. Die entstehende Großmacht Eurasien muss aber ihrerseits beweisen, dass sie willens und imstande ist, ihre Mitglieder zu schützen. Russland hat das in Syrien beachtenswert und mir Augenmaß demonstriert.
Ich wage die Behauptung, dass die Eiszeit zwischen der EU und Russland bald vorbei sein könnte. Es lockt zu viel im Osten und dräut zuviel im Westen. Man erinnere sich an die Gründung der von China initiierten AIIB (Asian Innfrastructure Investment Bank), die der bisherigen, US-dominierten Weltbank als Gegenpol gegenübertrat. Alles Drohen und Taktieren der USA half nicht. Neben anderen, treuen Vasallen der USA, wie Großbritannien, Australien, Kanada, Saudi Arabien, Polen und sogar Israel war auch Deutschland – schwuppdiwupp – ein Mitglied.
Die Ratten verlassen das sinkende Schiff, das war schon immer so.
In den Staaten lassen gebildete Eltern ihre Kinder Chinesisch lernen.
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