Was ist links, was ist rechts?

Im Blog­beitrag „Deutschland kapi­tu­liert vor dem Islam“ wurde wir wegen seiner angeb­lichen „Nazi-Sprache“ kritisiert. 
Bassam Tibi: Deutschland kapi­tu­liert vor dem Islam
Hansjörg Pfister erwi­derte dem Betref­fenden u. a. Fol­gendes: „Im Übrigen denke ich, dass man in diesem Blog mal eine Zusam­men­fassung der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ideo­logie, nebst einem Ver­gleich Rechts-Links, bringen sollte, damit Ihnen und Ihres­gleichen mal ein Licht aufgeht.“ Herr Pfister, Soft­ware­ent­wickler in einem deut­schen Konzern nach Studium der Phi­lo­sophie, ver­glei­chenden Reli­gi­ons­wis­sen­schaften und Poli­to­logie, hat sich hin­ge­setzt und die Gedanken zu Papier gebracht. Hier sind sie:

Das moderne Nar­rativ lautet – salopp gesagt, aber auf den Punkt gebracht: Links ist men­schen­freundlich und gut, rechts ist men­schen­ver­achtend und böse und alles, was nicht links ist, ist rechts und alles, was rechts ist, ist „Nazi“. Aber wie ist es nun wirklich? Die meisten wissen, die Begriffe „links“ und „rechts“ haben ihre his­to­ri­schen Wurzeln darin, dass jene Poli­tiker, die „rechte“ Welt­an­schau­ungen ver­traten, im fran­zö­si­schen Par­lament nach der Fran­zö­si­schen Revo­lution von 1792  rechts saßen und die „Linken“ eben links. Linke und rechte Welt­an­schau­ungen lassen sich mit den fol­genden Begriffen typi­scher­weise beschreiben:
Gleichheit / Ungleichheit
Rechte Welt­bilder gehen von einer natür­lichen Ungleichheit des Men­schen aus und die Gesell­schaft solle dieser natür­lichen Ungleichheit Rechnung tragen. Die Ver­treter der älteren Variante dieser Welt­an­schauung pro­pa­gieren die Stän­de­ge­sell­schaft, jeder solle sich mit dem begnügen, was der Stand, in den er hin­ein­ge­boren wurde, ihm bietet und das Beste daraus machen. Besonders begabte Indi­viduen sollen erkannt, besonders gefördert werden und so die Mög­lichkeit zum Auf­stieg geboten bekommen. Modernere Vari­anten dieser Ideo­logie wollen zwar keine Stän­de­ge­sell­schaft mehr, sie akzep­tieren aber extreme Ungleich­heiten, die ihrer­seits wieder zu einer Art Stän­de­ge­sell­schaft führen. Linke hin­gegen glauben typi­scher­weise, dass die beob­acht­baren Ungleich­heiten des Men­schen ihre Ursache in den gesell­schaft­lichen Ver­hält­nissen haben bzw. wenn nicht, so sollen diese Ungleich­heiten mög­lichst gesell­schaftlich kom­pen­siert werden (alle sollen gleich­ge­macht werden). Der Rechte ist ten­den­ziell für die Starken und ver­achtet die Schwachen, das macht ihn für den  modernen Zeit­geist unsym­pa­thisch. Der Linke ist für die Schwachen, was ihn sym­pa­thisch macht. Das ist er aber in seiner ide­al­ty­pi­schen Aus­prägung nicht um der Schwachen willen, sondern um seiner Ideo­logie willen. Der von Linken als Schwacher aus­er­korene, ist niemals und zu keinem Teil irgendwie für seine Lage selbst­ver­ant­wortlich, noch ist sie äußeren Umständen geschuldet, für die niemand etwas kann. Immer gibt es einen Sün­denbock, der für alles Elend her­halten muss: Die Kapi­ta­listen, der Kolo­nia­lismus, die Zio­nisten, der (alte) weiße Mann usw. Der Kampf für die Ent­rech­teten und Unter­drückten dieser Welt ist für den Linken iden­ti­täts­stiftend, deshalb darf auch niemals der Nach­schub an ver­meint­lichen Opfern aus­gehen. Die Linken haben zwar nicht die Exklu­siv­rechte für diese Men­ta­lität, sie haben sie aber per­fek­tio­niert. Viele Grüne und Linke ver­binden die beschriebene Men­ta­lität zudem mit einem irra­tio­nalen Selbsthass auf die eigene west­liche Kultur. 
Indi­vi­dua­lismus / Kol­lek­ti­vismus / Totalitarismus
Rechte Welt­an­schau­ungen sind typi­scher­weise indi­vi­dua­lis­tisch, d. h. sie ver­treten die Meinung, dass es mehr auf den Ein­zelnen ankomme und weniger auf das Kol­lektiv, also die Gesell­schaft. Ein Teil der Anhänger dieser Welt­an­schauung setzt dennoch auf einen starken Staat (Polizei, Militär, Ver­waltung), während der andere Teil zumindest „den Staat“ mög­lichst weit zurück­drängen [1], wenn nicht sogar abschaffen möchte. Auto­kra­tische rechte Herr­scher ver­langen in der Regel nur Loya­lität zu den Herr­schenden, was das Indi­viduum sonst noch so treibt, ist ihnen egal [2]. Zum Wenigen, was mir vom Latein­un­ter­richt im Gedächtnis haften geblieben ist, gehört der Aus­spruch eines römi­schen Kaisers „Oderint dum metuant“, was über­setzt heißt „Mögen sie mich auch hassen, wenn sie mich nur fürchten“. Dieser Kaiser war offen­sichtlich ein „Rechter“, ihm ging es um seine Macht und nicht darum, was seine Unter­tanen wirklich von ihm halten. Wäre er ein Linker gewesen, hätte er gesagt: „Mögen sie erst gar nicht auf die Idee kommen, mich zu hassen.“ Insofern sind rechte Herr­schafts­systeme ten­den­ziell zwar nicht tota­litär, was aber nicht heißt, dass sie nicht genauso oder noch wesentlich repres­siver sein können, als linke Systeme. 
Die linken Ideo­logien sind meistens kol­lek­ti­vis­tisch angelegt, d. h. hier zählt der Ein­zelne wenig, das Kol­lektiv dafür umso mehr. Bekanntlich glauben die Mar­xisten, dass der Staat am Ende abstirbt, da der „neue Mensch“ ihn nicht mehr braucht, aber auf dem Weg dorthin setzt man doch auf einen starken Staat [3], denn diesen braucht man, um den neuen Men­schen zu formen. Hier zeigt sich auch der Unter­schied zwi­schen einem linken und einem rechten Staat. Anders als bei einem rechten Staat, zielt die Gesetz­gebung, deren Durch­setzung usw. eines linken Staates auf die  Aus­lö­schung der über­kom­menen Iden­tität seiner Bürger ab. Deshalb sind linke (neu­er­dings auch grüne) Herr­schafts­systeme in der Regel tota­litär, denn wenn der Mensch Produkt der gesell­schaft­lichen Ver­hält­nisse ist und es gilt einen neuen Men­schen zu schaffen, dann muss seine Umgebung total, d. h. alle Bereiche seines Lebens umfassend, auf ihn ein­wirken. So ist z. B. der totale Kampf gegen ver­meint­liche Dis­kri­mi­nie­rungen innerhalb der Gesell­schaft, das ständige Aus­graben von neuen ver­meint­lichen Opfern und die Aus­weitung allerlei ideo­lo­gi­schen Blöd­sinns in immer mehr Bereiche des Lebens (z. B. Gender-Main­streaming), Symptom des linken und grünen Tota­li­ta­rismus.  Die Linken haben den Tota­li­ta­rismus und den Kol­lek­ti­vismus aller­dings nicht erfunden, man findet ihn schon in einer radi­kalen Form in Platons „Staat“.
Natio­na­lismus / Internationalismus
Moderne rechte Ideo­logien setzen auf den Natio­nalstaa t[4], sie sehen in ihm die optimale Form des Zusam­men­lebens, in der Men­schen gleicher kul­tu­reller Iden­tität nach ihrer eigenen Façon selig werden können. 
Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahr­hun­derts pro­pa­gierten auch Denker, Poli­tiker usw., die man heute eher als links ansieht, die Idee des Natio­nal­staats [5]. Der Natio­nal­staat galt als pro­gressiv, mit dessen  Hilfe sollten die Klein­staa­terei und die Fürs­ten­willkür beseitigt werden. Linke Ideo­logien geben sich hin­gegen heute meistens inter­na­tio­na­lis­tisch. Da nach dieser Meinung alle Men­schen im Prinzip  gleich seien (der Rest sei „Folklore“), gibt es außerhalb prak­ti­scher Gründe nicht nur keine Basis für einen Natio­nal­staat, er wird vielmehr auch für die großen Kriege des 20. Jahr­hun­derts (und nicht nur für diese) ver­ant­wortlich gemacht. His­to­risch gesehen ist das natürlich eine Ver­leumdung, als ob vor der Zeit des Natio­nal­staats die Men­schen sich nicht ständig gegen­seitig die Schädel ein­ge­schlagen hätten! 
Eli­ta­rismus
Der Eli­ta­rismus besagt, dass das „Volk“, die Arbei­ter­klasse oder wem auch immer die best­mög­liche Gesell­schaftsform zu Teil werden soll, zu dumm ist, um die selbige zu rea­li­sieren. Des­wegen bedürfe es einer kleinen Elite, die das für die zu Beglü­ckenden erledigt (die Partei hat immer recht!). Im Extremfall ist das dann ein Ein­zelner (Per­sonen / Füh­rerkult). Rechte wie linke Ideo­logien sind dafür emp­fänglich, Anar­chisten ebenso wie bür­gerlich – liberale Kreise eher nicht. 
Ras­sismus
Da rechte Ideo­logien von der natür­lichen Ungleichheit der Men­schen aus­gehen, sind diese für Ras­sismus emp­fänglich, linke Ideo­logien dagegen nicht. Aber auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt. Da meiner Meinung nach dem Ras­sismus, ebenso wie seiner Schwester, der Frem­den­feind­lichkeit, die­selbe psy­cho­lo­gische Wurzel zugrunde liegt und diese dem Men­schen an sich zukommt, zeigt sich der „linke Ras­sismus“ als pau­schale Her­ab­wür­digung anderer Gruppen. Da bekommt jeder Feld- Wald- und Wie­sen­gauner doch zumindest mil­dernde Umstände zuge­sprochen, da ja erst die Gesell­schaft ihn zum Böse­wicht gemacht hat, der poli­tische Gegner, die Kapi­ta­listen oder wer auch immer, sie sind dagegen an sich böse da „rechts“ usw. Über­spitzt for­mu­liert halten sich viele Linke und Grüne für die bes­seren Men­schen, was dem „Bluts­dünkel“ von der „bes­seren Rasse“ schon nahe­kommt, also eine Art mora­li­sches Her­ren­men­schentum dar­stellt. Es mangelt ihnen, wie allen Ideo­logen, an intel­lek­tu­eller Demut und der Ein­sicht, dass alle Men­schen, Linke wie Rechte, für die­selben psy­cho­lo­gi­schen Defizite anfällig sind. 
Anti­se­mi­tismus
Der Anti­se­mi­tismus wird gerne dem rechten Spektrum zuge­ordnet, was meinen sub­jek­tiven  Ein­drücken nach, so nicht stimmt. Demnach gibt es im rechten Spektrum sehr wohl eine große Zahl von Anti­se­miten, trotzdem sind auch viele „Rechte“, viel­leicht sogar die meisten, heut­zutage sogar aus­ge­sprochen israel- und juden­freundlich. Das liegt daran, dass Dinge wie Leistung und Selbst­be­hauptung bei  „Rechten“ hoch im Kurs stehen. In der Tat können die asch­ke­na­si­schen Juden hier einiges vor­weisen. Unter ihnen gab es viele berühmte Wis­sen­schaftler, Kom­po­nisten usw. Sie sollen, so behauptet die ein­schlägige Intel­li­genz­for­schung [6], auch einen über­durch­schnitt­lichen IQ auf­weisen. Der Staat Israel trotzt seit Jahr­zehnten einer ara­bi­schen Über­macht, ohne deren Ölreichtum zu besitzen usw. Alles dies impo­niert einem „Rechten“ mächtig, während dem „Linken“ so etwas eher suspekt ist, er ist ständig auf der Suche nach Opfern, für die er kämpfen kann. So ver­steckt sich der linke Anti­se­mi­tismus hinter dem Kampf für die Rechte der Paläs­ti­nenser und Ähn­lichem. Der klas­sische Anti­se­mi­tismus durch­setzte alle Gesell­schafts­schichten ubi­quitär. Auch Marx äußerte sich bekanntlich antisemitisch. 
Dos­to­jewski und die „Aus­nah­me­men­schen“
Durch meine Lektüre von Dos­to­jewskis „Schuld und Sühne“ bin ich auf einen Gedanken gestoßen, der seine Relevanz bis heute nicht ver­loren hat. In diesen Roman doziert der Dop­pel­mörder Ras­kol­nikow gegenüber dem Unter­su­chungs­richter Porfiri Petro­witsch, dass es zwei Haupt­arten von Men­schen, nebst zahl­losen Unter­arten,  gäbe. Die meisten seien „Nor­mal­men­schen“, sie hätten sich an Recht und Gesetz zu halten. Es gäbe aber auch einige wenige „Aus­nah­me­men­schen“, ihnen komme es zu, für die Menschheit wichtige Fort­schritte vor­an­zu­bringen. Zu diesem Zweck dürfen sie sich über jedes Recht und jeden Vertrag hin­weg­setzen bis hin zum Mas­senmord. Mit diesem explizit linken Gedan­kengut (Dos­to­jewski selbst war auch ein Linker) sind nun alle Dämme gebrochen. Während ein rechtes Regime sich auch über Recht und Gesetz hin­weg­setzt, dies aber tut, weil es dies kann und weil ihm das jeweils nützlich erscheint, so tut ein linkes Regime dies, weil es sich geradezu dazu ver­pflichtet sieht, wo es doch um den gesell­schaft­lichen Fort­schritt geht und dieser jedes beliebige Opfer recht­fertigt. Liegt hier nicht die Haupt­wurzel der unge­heu­er­lichen Ver­brechen eines Stalinb[7], eines Mao, eines Pol Phot? Ich will nun unsere ver­ant­wort­lichen Poli­tiker nicht mit den letzt­ge­nannten Herr­schaften ver­gleichen, aber weist die Denk­weise, mit der die ganzen Rechts- und Ver­trags­brüche der letzten Jahre, von der Euro­rettung bis zur Grenz­öffnung, gerecht­fertigt wurden, nicht eine gewisse Ähn­lichkeit mit der eines Ras­kol­nikow auf? Ging es da nicht auch immer um einen angeb­lichen gesell­schaft­lichen bzw.  mora­li­schen Fort­schritt, der sie als „Aus­nah­me­men­schen“ dazu berechtigt, über bestehende Ver­träge und gel­tendes Recht hinweg, anderen ein belie­biges Opfer auf­zu­er­legen? War das alles nicht etwa alternativlos?
Linker und rechter Staatsterrorismus
Linke und rechte Regime ter­ro­ri­sieren ihre Bevöl­kerung. Ein rechtes Regime tut dies, um seine Macht zu erhalten und seine Gegner aus­zu­schalten. Es gibt aber ein Allein­stel­lungs­merkmal des linken Staats­ter­ro­rismus, es handelt sich um den soge­nannten „Grande Terreur“ der Fran­zö­si­schen Revo­lution. Dem „Grande Terreur“ geht es nicht darum, den tat­säch­lichen Regime­gegner aus­zu­schalten, vielmehr soll ein all­ge­meiner kol­lek­tiver Schrecken herr­schen. Dem „Grande Terreur“ kann jeder zum Opfer fallen, auch der treueste Lakai des Regimes. Einem rechten Regime geht es hin­gegen immer um den Ein­zelnen, also darum her­aus­zu­finden, wer tat­sächlich ein „Feind“ ist. Ein extre­mis­ti­sches linkes Regime bestraft auch unter­schiedslos solche, die in seinem Sinne eigentlich „unschuldig“ sind, gemäß der Devise von Lenin „Bestrafe einen, erziehe hundert“. 
Natio­nal­so­zia­lismus
Der Natio­nal­so­zia­lismus (NS) ist vom Kern seiner Ideo­logie her gesehen weder eine rein rechte noch eine linke Welt­an­schauung. Der NS als kol­lek­ti­vis­tische und tota­litäre Ideo­logie ist in diesen Eigen­schaften eher als links ein­zu­ordnen, während der natio­nal­so­zia­lis­tische Chau­vi­nismus als per­verse Form des Natio­na­lismus, sowie sein extremer Ras­sismus eher rechts zu ver­orten ist. Bezüglich der Gleichheit / Ungleichheit der Men­schen geht der NS zunächst von einer extremen Ungleichheit aus, ist also dies­be­züglich „rechts“, ande­rer­seits pro­pa­gierte er auch die „Volks­ge­mein­schaft“, in der die „Volks­ge­nossen“ eine aus Gleich­schaltung her­vor­ge­hende Gleichheit unter­ein­ander auf­wiesen, das ist dann eher wieder „links“. Die Zuge­hö­rigkeit zur Volks­ge­mein­schaft wurde auch wesentlich über das „Blut“ defi­niert, das ent­spricht wie­derum eher einer rechten Ideo­logie.  Der Kult des Starken und die Ver­achtung des Schwachen in der NS – Ideo­logie ist nun wieder ein­deutig rechts ein­zu­ordnen. Auch bezüglich Dos­to­jewskis „Aus­nah­me­men­schen“ ver­hielt sich der NS wie ein rechtes Regime. Die Ver­brechen Hitlers wurden von seinen Anhängern nicht dadurch gerecht­fertigt, dass er als Aus­nah­me­mensch das Recht dazu hatte, vielmehr wären ihm seine Schand­taten „auf­ge­zwungen“ worden und schließlich habe er auch nicht alles gewusst. Auch der NS – Staats­ter­ro­rismus war, ent­gegen dem kol­lek­ti­vis­ti­schen Ansatz des NS, rechter Natur. Der Gestapo ging es immer darum her­aus­zu­finden, ob der Delin­quent in ihrem Sinne tat­sächlich „schuldig“ war, wer wirklich Jude ist usw. Bezüglich anderer Ideo­lo­gie­be­stand­teile des NS, ins­be­sondere des wahn­sin­nigen NS-Anti­se­mi­tismus und zum Thema Eli­ta­rismus, wage ich keine ein­deutige Zuordnung in das Rechts-Links Schema. 
Die moderne Gret­chen­frage: Wie hältst du es mit der Moral?
Aus Gründen, die hier in aller Breite aus­zu­führen zu weit ginge, bin ich der Ansicht, dass man im poli­ti­schen Bereich (im wei­testen Sinne) nicht mit den Kate­gorien mora­lisch gut oder schlecht, sondern sachlich/logisch richtig oder falsch argu­men­tieren soll. Da die mora­lische Argu­men­ta­ti­ons­weise uns aber vom modernen Manich­äismus unserer Tage auf­ge­zwungen wird, will ich mich dem stellen. Also, wer ist böser oder besser, „Rechts“ oder „Links“? Zumindest für die Zeit, seitdem es diese Unter­scheidung gibt, fällt das Urteil ange­sichts von 100 Mil­lionen Toten, die linke Ideo­logien laut „Schwarzbuch des Kom­mu­nismus“ zu ver­ant­worten haben, ein­deutig aus, selbst wenn man den Natio­nal­so­zia­lismus, der keine rein rechte Gesinnung ist, sachlich inkorrekt zu den rechten Ideo­logien zählt. Nur, ich denke nicht so. Da solche Gräuel in dieser Grö­ßen­ordnung  für nie­manden weder denk- noch vor­stellbar sind, sollte man auf irgend­welche Ver­gleiche, wer nun schlimmer war, ver­zichten und – in Anlehnung an Witt­gen­stein [8] – betroffen schweigen.  Rechte wie linke Para­digmen gehören für mich zu den legi­timen Welt­bildern, sofern sie nicht in extremen Erschei­nungs­formen daher­kommen. Der grün-linke Main­stream wäre in seinem eigenen Interesse gut beraten, es genauso zu halten. Um die mora­lisch richtige Haltung zu zeigen, bedarf es keiner intel­lek­tu­ellen Anstrengung. Es genügt das nach­zu­plappern, von dem man annimmt, dass es auf ein all­ge­meines gefüh­liges Wohl­wollen trifft. Oder man skan­da­li­siert Aus­sagen von „Rechten“ oder solchen, die man zu Rechten machen möchte, um sich dann ob der eigentlich harm­losen Begriffe oder State­ments zu empören. All dies nur, um der Gemein­schaft der Guten, Gebil­deten und Klugen anzu­ge­hören. Darüber ver­lernt man aber das sachlich und logisch richtige Argu­men­tieren. Das Ergebnis ist dann der naive und dumme Grüne oder Linke. Am Ende gewinnt aber immer die Realität.
Dr. Daniel Stelter — think-beyondtheobvious.com
[1]   z. B. ame­ri­ka­nische „Tea Party“. 
[2]   Sehr schön kommt diese Haltung durch den Aus­spruch Friedrich des Zweiten von Preußen zum Aus­druck: „Räso­niert, soviel ihr wollt, aber gehorcht!“. Damals gab es zwar noch keine Unter­scheidung zwi­schen links und rechts, aber die ent­spre­chenden Denk­muster gab es schon. 
[3]   Auch hier gibt es Aus­nahmen, z. B. linke Anar­chisten, Anarcho – Syndikalisten. 
[4]   Radi­kalere rechte Ideo­logien sehen das Heil hin­gegen wieder im Tribalismus. 
[5]   z. B. Heinrich Heine 
[7]   Ras­kol­nikow über die „Aus­nah­me­men­schen“: „Solche Men­schen sind wie Erz“. Gab sich Stalin („der Stäh­lerne“) diesen Namen, weil er diese Text­stelle kannte? 
[8]   Ludwig Witt­gen­stein, Trac­tatus Logico-Phi­lo­so­hicus, Satz 7: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“