Facebook stellt die Vertrauensfrage. Facebook will eine wachsende Problematik ausgemacht haben, dass die Falschnachrichten und das Clickbaite-Phänomen (Anklick-Köder, also ein Bild und/oder ein Titel, der sehr aufmerksamkeitserregend ist, wobei der Inhalt dem gar nicht entspricht) sich zu sehr ausbreiten.
Facebook stell jetzt seinen Usern Fragen zu den größeren, überregionalen Medien. Bisher konzentriere man sich auf die großen Nachrichtenmarken. Ab welcher Größe Facebook Newsseiten als reichweitenstark definiert, ist nicht bekannt.
Interessanterweise legt die Seite Meedia den Finger unbeabsichtigt in die Wunde: Dass dabei Facebook „auch jene im Blick hat, die als umstritten gelten. So erreicht beispielsweise RT Deutsch knapp 380.000 Fans, Sputnik Deutschland hat bei Facebook fast als 200.000 Fans. Beides sind vom russischen Staat finanzierte Medien.“
Das ist nämlich genau das, was wieder einmal hinter den schönen Formulierungen steckt. Man will mit der Abfrage klammheimlich die alternativen Medien aus den Newsfeeds drängen. Am Beispiel RTdeutsch und Sputnik, die zweifelsohne in der Spitzenliga mitmischen, wird es deutlich. Man will eigentlich genau diese Seiten nicht mithelfen zu verbreiten, weil sie einen Missklang in den Selbstbeweihräucherungschor der Berliner Hofschranzenmedien bringen.
„Zwar ist die Zahl der öffentlichen Beiträge im Newsfeed insgesamt gesunken, dennoch sind Nachrichten auf Facebook wichtig, um zu einer informierten Öffentlichkeit beizutragen. Deshalb werden wir in Zukunft die Beiträge von überregionalen, reichweitenstarken Nachrichtenquellen priorisieren, die von einer Mehrheit der Menschen auf Facebook als vertrauenswürdig eingestuft werden und umgekehrt den als weniger vertrauenswürdig angesehenen Medien weniger Verbreitung geben“ teilt Facebook auf seinem eigenen Blogpost mit.
Den regionalen Medien gegenüber will man da schon gnädiger sein. Der Rüpelsheimer hinkende Landbote darf weiterhin über Unfälle auf seinen Kreisstraßen und die Preisverleihung des Hintertupfinger Kaninchenzüchtervereins an den fettesten Rammler berichten, das tut ja in Berlin keinem weh und man gibt sich das Flair der Förderung und Unterstützung des regionalen Lebens. Bei Berichten über Vergewaltigungen im Gebüsch hinter dem bunten, weltoffenen Dorffest dürfte es dann schon etwas komplizierter werden.
Nach eigenem Bekunden sieht der Filter, der die zu priorisierenden Medien von denen unterscheidet, die zurückgedrängt werden sollen, bei Facebook so aus:
Deshalb haben wir uns für das Jahr 2018 im Hinblick auf Nachrichten auf Facebook klare Prioritäten gesetzt:
- Nachrichten aus überregionalen Quellen, die von einer repräsentativen Öffentlichkeit auf Facebook als vertrauenswürdig eingestuft werden
- Nachrichten, die die Menschen als informativ einschätzen
- Nachrichten, die auf lokaler Ebene relevant sind
Facebook betont, diese Umfrage sei „nur ein Faktor von Hunderttausenden“. Außerdem können Nutzer ja nach wie vor mit der Funktion „als Erstes anzeigen“ selbst festlegen, welche Quellen im oberen Bereich des News-Feeds angezeigt werden.
Das Wort „Zensur“ schwebt, physisch zwar nicht vorhanden aber allgegenwärtig wie der Heiligenschein über dem Haupte Jesu, über der ganzen Aktion. Natürlich kommt das Wort “Zensur” nicht ein einziges Mal in den Texten vor, aber jeder liest es zwischen den Zeilen mit. Theoretisch könnte der Schuss aber auch nach hinten losgehen. Sollten die User tatsächlich große Medien wie Spiegel, die Süddeutsche, BILD oder den Fokus gleichauf oder teilweise als weniger vertrauenswürdig bewerten als RTdeutsch oder Sputnik, wäre das natürlich eine üble Blamage. Ob wir das aber erfahren würden, ist unbekannt.
Die Zensurkriterien von Facebook sind nämlich ein unergründliches Mysterium. Dauernd werden Facebookaccounts zum Teilen in Gruppen für Tage oder Wochen gesperrt, ohne dass der derjenige überhaupt erfährt, weswegen. Facebook ist, was seine konkreten Zensurkriterien betrifft, auch pathologisch schmallippig.
In diesen trüben Facebook-Zensur-Gewässern lässt sich dann auch wunderbar unentdeckt jagen und diffamieren. Das musste auch David Berger mit seinem Blog “Philosophia perennis” erfahren. In altbekannter Manier hatte ein Systemmedium, nämlich das vielgeliebte “correctiv”, sich leise schmeichelnd an David Berger angewanzt und um ein Interview gebeten. Man versuchte es mit einem Lockvögeli, und so schrieb ihm die Dame von “correctiv”, sie finde Bergers „persönlichen sowie beruflichen Werdegang sehr interessant“. Aus nachvollziehbaren Gründen sagte David Berger die Einladung zum absehbaren, öffentlichen Autodafé des “rechten” Ketzers David Berger ab. Es spricht Bände, dass er statt einer Antwort von “correctiv” prompt eine von Facebook erhielt: Er hatte einen Artikel von Philosophia Perennis auf Facebook bewerben wollen. Facebooksandte ihm folgende Nachricht:
„Deine Werbeanzeige wurde nicht genehmigt, weil unabhängige Faktenprüfer den Content der kürzlichen Posts auf deiner Seite angezweifelt haben. Gegen Seiten, auf denen wiederholt irreführender oder falscher Content gepostet wird, werden möglicherweise Maßnahmen ergriffen, beispielsweise werden Werbeanzeigen nicht genehmigt.” Ist es nicht wunderbar und bezeichnend? Die Tolerantisten von “correctiv” bekamen keine Gelegenheit zur Ketzerverhörung, da schwärzen sie den Widerborstigen bei Facebook an. Dort wiederum fackelt man nicht lange, es wird gar nicht hingeschaut und zack! ist man gesperrt, einfach so. So war das schon zu Zeiten der Hexenverbrennungen: Deine Nachbarin hat Dir eine freche Antwort gegeben? Einfach mal zum Pfarrer gehn und behaupeten, die schleiche nachts auf dem Friedhof herum und habe eine schwarze Katze im Haus … und schwupps! die Nachbarin ist ein Stück gefoltertes, verkohltes Fleisch.
Einen wunderbaren und geradezu symptomatischen Bock hat Facebook kürzlich in den USA geschossen: Das FB-Zensurprogramm hatte auf Facebook einen Beitrag gesperrt, der den Text der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung zitiert. Das Heiligtum aller Amerikaner und einer ihrer identitätsstiftenden Grundlagen, auf die sie platzestolz sind, wurde nach den „community standards on hate speech“ gesperrt! Ich verwende ja seltenst Ausrufezeichen, aber hier muss es sein.
Wie bescheuert ist das denn? Es ist aber ein deutlich sichtbares Symptom, wie weit die selbstzerstörerischen, westlichen Gesellschaften darin fortgeschritten sind, Werte und Ideale und seit Jahrzigtausenden vollkommen normale und gesunde, menschliche Verhaltensweisen zu kriminalisieren und zu ächten. Hin und wieder fällt das dann ausnahmsweise mal so richtig deutlich auf, wie in diesem Fall.