Die Lüge von der Gleichheit

Die Evo­lution wäre ohne Selektion nicht denkbar, weil ohne sie die natür­liche Ent­stehung der Arten nicht möglich gewesen wäre. Ebenso hätte eine Wei­ter­ent­wicklung der ver­schie­denen Lebe­wesen nicht statt­finden können. Selektion ist dem­zu­folge ein Grund­prinzip des Lebens. Dieses Prinzip bedeutet nichts anderes als Auswahl, Dif­fe­ren­zierung, per­ma­nente Ent­stehung von Unter­schieden und grund­sätz­liche Ungleichheit.
Auswahl ist immer
Wir erleben des­wegen die Auswahl und die Unter­schei­dungen auch täglich und überall. Vom Geschlecht über die Kör­per­größe, vom Aus­sehen über die Intel­ligenz und den Cha­rakter, bis hin zur Eignung für diesen oder jenen Beruf ist die Ungleichheit ein wesen­hafter Bestandteil des Alltags. Und kein ver­nünf­tiger Mensch wird sich wün­schen, dass die Rede von der “Gleichheit der Men­schen” eine sichtbare und echte Rea­lität würde. Wir sind im Grunde alle froh, dass es die Ungleichheit gibt, denn erst sie ermög­licht uns die Freiheit, das zu tun, was wir für richtig halten und was uns als Indi­viduen am besten ent­spricht. Gleichheit hin­gegen bedeutet immer den Verlust der Freiheit.
Die Natur diskriminiert
Die natürlich gegebene Ungleichheit führt unmit­telbar und all­täglich zu dis­kri­mi­nie­renden und aus­wäh­lenden Hand­lungen. Ein ein­faches, aber demons­tra­tives Bei­spiel ist die Part­nerwahl: Jede Part­nerwahl ist im Grunde Dis­kri­mi­nierung. Heirate ich eine Frau, schließe ich alle poten­zi­ellen anderen Kan­di­da­tinnen von dieser Ehe aus. Die Part­nerwahl erfolgt auf­grund von Zuneigung, Sym­pathie, Liebe und umge­kehrt durch die klare Exklusion all jener, die man für unsym­pa­thisch, hässlich, dumm oder cha­rak­terlich unge­eignet befindet. Genauso ist es mit der Auswahl der per­sön­lichen Freunde. Man ist nur jenen wohl­ge­sinnt, die einem zusagen. Die anderen grenzt man aus seinem Freun­des­kreis a priori aus.
Demo­kratie diskriminiert
Auch jede poli­tische Wahl ist Dis­kri­mi­nierung: Ich wähle die­jenige Partei, die meine Über­zeu­gungen am besten ver­tritt. Damit schließe ich aber andere Par­teien und poli­tisch anders­den­kende Men­schen aus, weil ich nicht möchte, dass sie poli­ti­schen Ein­fluss erlangen. Erringt am Ende meine Partei die Mehrheit, halte ich damit aktiv andere Leute von der Umsetzung ihrer poli­ti­schen Ziele fern. Somit ist also auch jeder demo­kra­tische Prozess eine ein­deutige Selektion.
Es gäbe noch unzählige Bei­spiele aus der Bildung (Auf­nahms­prü­fungen etc.), dem Berufs­leben (Ein­stel­lungs­kri­terien) oder dem Sport, wo es darum geht, aus­ge­wählt zu werden, besser als andere zu sein und auch darum, andere zu besiegen. Immer besteht das Grund­prinzip aus Ungleichheit und dem Aus­schluss jener, die bestimmte Kri­terien nicht erfüllen (können).
Gleichheit gibt es nicht
Die Gleichheit ist dem­zu­folge ein Phantom. Selbst die viel­zi­tierte und ver­fas­sungs­mäßig fest­ge­schriebene Gleichheit vor dem Gesetz ist eine im Ein­zelfall sehr relative Ange­le­genheit. Gesetze gelten zwar für alle gleich, aber vor Gericht gibt es dann stets Mil­de­rungs­gründe oder erschwe­rende Umstände, einen Straf­rahmen “von/bis”, diverse Gut­achten, Plä­doyers usw., sodass zum Bei­spiel der eine für einen Dieb­stahl eine bedingte Ver­ur­teilung erhält, der andere aber für das­selbe Delikt 6 Monate ins Gefängnis muss. Das Gesetz trägt hier der Ungleichheit der Men­schen und den jewei­ligen unter­schied­lichen Umständen Rechnung, weil der Gesetz­geber im Grunde genau weiss, dass es die mensch­liche Gleichheit nicht gibt und jede Tat indi­vi­duell beur­teilt werden muss.
Die Omni­präsenz der Egalität
Obwohl es sie in der Rea­lität gar nicht gibt, ist die Idee der Gleichheit in den west­lichen Kul­turen trotzdem überall präsent. Andere Kul­turen kennen die Gleichheit nur rudi­mentär oder lehnen sie sogar explizit ab (siehe Islam oder das Kas­ten­wesen in Indien).  Bedingt durch die his­to­ri­schen Ereig­nisse sind unter den west­lichen Zivi­li­sa­tionen vor allem die Europäer aus heute rational nicht mehr nach­voll­zieh­baren Gründen vom Gleich­heits­ge­danken beseelt und wollen allen Men­schen und allen Kul­turen ega­li­tären Status und die­selben Rechte ein­räumen. Sie ver­gessen aber dabei, dass man die Gleichheit  nicht als absolut gül­tiges Grund­prinzip ein­richten kann, weil sie dem Leben an sich wider­spricht und sie ver­gessen auch, dass man andere Kul­turen, die andere Werte und andere Gesetze haben, aus dem­selben Grund nicht als “gleich” betrachten kann. Man landet bei der kul­tu­rellen Gleich­ma­cherei am Ende immer im blu­tigen Bett des Prokrustes.
Die Wahrheit wird verborgen
Diese Wahr­heiten werden in der öffent­lichen Debatte gerne ver­borgen, weil sie unan­genehm sind und unwei­gerlich zu Kon­se­quenzen führen würden. Man lebt als Europäer lieber mit der Lebenslüge der Gleichheit. Diese Lüge ermög­licht absurde Erschei­nungen wie die Ideo­logie der  “Diversity” (Vielfalt), nach der alles, sei es auch noch so unter­schiedlich, als gleich zu bewerten ist. Das Men­schen­glück wird sol­cherart in ein Phä­nomen hin­ein­in­ter­pre­tiert, das es nur als Schimäre und niemals als Rea­lität geben kann.
Nur Mas­kerade
Am Ende der ver­lo­genen Gleich­heits-Ideo­logie steht die Unmög­lichkeit, über­haupt noch eine haltbare und ethisch gültige Welt­an­schauung haben zu können. Wenn man den Mut zur Wahrheit nicht auf­bringt, ist statt Ethik nur noch Ästhetik möglich.
Anders gesagt: Als Gleich­heits­apostel bleibt einem nur noch die Ober­fläche und man muss sich in den schönen Phrasen von der Ega­lität und der Mensch­lichkeit ergehen. Am Ende kommt man aus der betu­lichen Heu­chelei und dem demons­tra­tiven Tugend­stolz gar nicht mehr heraus. Hinter diesen überall gerne auf­ge­setzten Masken wuchert aber die Dege­ne­ration und die mora­lische Ver­elendung Europas wie ein Krebs. Ob Heilung noch möglich ist, steht in den Sternen.
 

Dr. Marcus Franz — www.thedailyfranz.at