Die Hetzer: Eine Gene­ral­de­batte zeigt, auf welcher Seite der Hass regiert

Selten hat es sich derart gelohnt, einer Bun­des­tags­de­batte zu folgen. Während der inter­es­sierte, aber in poli­ti­schen Detail­fragen dann doch recht schnell gelang­weilte Zuschauer in der Ver­gan­genheit oft bloß insze­niert wir­kende Unei­nigkeit demons­triert bekam, wenn sich Redner von Regierung und Oppo­sition im Bun­destag duel­lierten, war in der jüngsten Gene­ral­de­batte richtig Feuer unterm Dach. Anders, als in den zurück­lie­genden Legis­la­tur­pe­rioden, gibt es mitt­ler­weile eine wirk­liche Oppo­sition. Im Bun­destag prallen endlich wieder unter­schied­liche poli­tische Posi­tionen auf­ein­ander. Man kann das begrüßen, weil es die Debatte belebt, oder bedauern, weil es die Har­monie stört. In Deutschland ten­diert die Mehrheit leider zu Letz­terem, weil Lieschen und Michel Streit nun einmal nicht mögen. Inter­es­san­ter­weise sind es aber eher die Reak­tionen auf die im Tonfall über­wiegend ange­messen vor­ge­tra­genen Rede­bei­träge der größten Oppo­si­ti­ons­fraktion, die den Geräusch­pegel im Par­lament anschwellen lassen. Die Ant­worten arten nicht selten in wildes Geschrei aus. Da wird beschimpft, gehetzt, dif­fa­miert und beleidigt, in dem irr­wit­zigen Selbst­ver­ständnis, die Regeln des Anstands und des Respekts nicht befolgen zu müssen, weil man sich ja mit “den Rechten” aus­ein­an­der­setzt. Der Umgang mit dem unge­liebten poli­ti­schen Gegner ist eines Bun­destags unwürdig. Vor allem das links-grüne Lager hat regel­mäßig Schaum vor dem Mund. Die wut­ver­zerrten Gesichter und hass­erfüllten Tiraden können einem Angst machen.

Ruhig im Ton und klar in der Sprache, nutzte der Oppo­si­ti­ons­führer die Gele­genheit zur Gene­ral­ab­rechnung mit der Willkommenskanzlerin

Ein altes deut­sches Sprichwort sagt: Wer schreit, hat Unrecht. Laut wird der, der keine Argu­mente hat. Hätte es dazu eines Para­de­bei­spiels bedurft, so war es die Gene­ral­de­batte der ver­gan­genen Woche. Da trat mit Alex­ander Gauland ein Polit­profi ans Mikrofon, der weiß, wie er den poli­ti­schen Gegner aus der Reserve lockt. Ruhig im Ton und klar in der Sprache, nutzte der Oppo­si­ti­ons­führer an jenem Mittwoch die Gele­genheit der Haus­halts­de­batte zu einer Gene­ral­ab­rechnung mit der Will­kom­mens­kanz­lerin. Es mag ange­sichts der poli­ti­schen Lethargie der Ära Merkel  in Ver­ges­senheit geraten sein, aber genau das hat eine Oppo­sition zu leisten. Fast dreizehn Minuten lang pran­gerte Gauland Merkels Migra­ti­ons­po­litik und die polit-mediale Hetze gegen weite Teile der ost­deut­schen Bevöl­kerung an. Da saß jedes Wort und an Zuspit­zungen fehlte es nicht. Ganz unab­hängig von der Frage der inhalt­lichen Über­ein­stimmung war dies eine packende Rede. Natürlich wird man ein­werfen können, es habe ja eigentlich der kom­mende Bun­des­haushalt zur Debatte gestanden, nicht etwa die Flücht­lings­po­litik. Doch wie soll man ange­sichts mil­li­ar­den­schwerer Zusatz­be­las­tungen für die Bürger dieses Landes das eine vom anderen trennen? Wie hätte man zur Tages­ordnung über­gehen können, nachdem die Bun­des­re­gierung als Unter­stüt­zerin einer bei­spiel­losen “Fake News”-Kampagne gerade hatte von zwei Toten ablenken wollen, indem sie empörte Bürger zu dumpfen Mit­läufern rechts­ra­di­kaler Hohl­köpfe erklärte? Gauland konnte dies nicht.

So wenig die Wähler den lauten Streit schätzen, ver­langen sie doch den offenen Mei­nungs­aus­tausch und die ehr­liche Diskussion

Vor allem aus den Reihen der SPD-Fraktion schlug ihm anschließend blanker Hass ent­gegen. Und wo die Argu­mente fehlen, da wird eben her­um­ge­schrien. Oder einfach plump beleidigt. Während Martin Schulz, dessen Ver­bit­terung sich noch mit seinem bei­spiel­losen poli­ti­schen Abstieg der zurück­lie­genden zwölf Monate erklären ließe, lauthals her­um­pö­belte und Gauland “auf dem Mist­haufen der Geschichte” ent­sorgen wollte, ver­un­glimpfte Johannes Kahrs, statt beseelt zu sein von der bevor­ste­henden Hochzeit mit seinem lang­jäh­rigen Lebens­ge­fährten, die Abge­ord­neten der AfD-Fraktion als Rechts­ra­dikale. “Hass macht hässlich”, rief er ihnen zu, ohne zu bemerken, wie viel Hass aus ihm selbst sprach. Es ist diese man­gelnde Debat­ten­kultur, die dazu führt, dass der Respekt vor der Politik abhanden gekommen ist. So wenig die Wähler den lauten Streit schätzen, ver­langen sie doch den offenen Mei­nungs­aus­tausch und die ehr­liche Dis­kussion. Vor allem mögen sie keine unsach­lichen per­sön­lichen Angriffe. Die AfD muss man nicht gut finden. Genauso wenig, wie irgendeine andere Partei. Sie stellt aber Fragen, die Mil­lionen von Men­schen bewegen und spricht Themen an, die andere Par­teien lieber meiden. Wer dem nichts ent­ge­gen­zu­setzen hat als die Nazi-Keule, will keinen Plu­ra­lismus. Da kann er noch so oft von Vielfalt und Toleranz faseln. Im Bun­destag ist viel von Hass die Rede, seit die AfD mit­mischt. Am Mittwoch hat sich einmal mehr gezeigt, auf welcher Seite der Hass tat­sächlich regiert.


von Liberale Warte