Venezuelas Staat und Militär haben einem Bericht von Amnesty International zufolge in den vergangenen Jahren Tausende Menschen in den Armenvierteln hingerichtet – ohne Gerichtsverfahren. Wo bleibt der Aufschrei in den Medien, wer demonstriert in Deutschland deshalb?
(Von Dr. Rainer Zitelmann)
Zwischen 2015 und Juni 2017 kam es nach dem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zu mehr als 8200 außergerichtlichen Hinrichtungen. Opfer seien vor allem Jugendliche und junge Männer in städtischen Armenvierteln gewesen.
„Venezuela erlebt eine der schlimmsten Menschenrechtskrisen in der Geschichte des Landes“, sagt Erika Guevara-Rosas, Direktorin für die Region Amerika bei Amnesty International. „Die Liste der völkerrechtlichen Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung wächst. Anstatt eine wirksame Politik zum Schutz der Menschen und zur Reduktion der Gefahren einzuführen, versuchen die Behörden mit Kriegsrhetorik die übermäßige und oftmals tödliche Gewalt durch Polizei und Militär zu rechtfertigen.“
Amnesty hat regelmäßig auf gravierende Verletzungen der Rechte auf Gesundheit und Ernährung, auf die anhaltende Praxis politisch motivierter, willkürlicher Verhaftungen, auf Folter und andere grausame, unmenschliche oder entwürdigende Behandlung oder auf den Einsatz von Militärgerichten für Prozesse gegen Zivilpersonen hingewiesen. Seit 2014 sind nach UN-Angaben etwa 2,3 Millionen Menschen aus dem Land geflohen. Grund ist die ökonomische Krise, die die Sozialisten mit ihren Wirtschaftsexperimenten angerichtet haben. Obwohl kein Land auf der Welt so große Erdölbestände hat wie Venezuela, liegt die Inflationsrate inzwischen bei einer Million (!) Prozent
Chávez, das große Vorbild der Linken – Glückwünsche für Maduro
Gibt es einen Aufschrei in den deutschen Medien, wie dies mit Sicherheit bei entsprechenden Menschenrechtsverletzungen von einem rechten Regime der Fall wäre? Demonstrieren Linke und Grüne für „internationale Solidarität“ mit den Armen in Venezuela, die hungern? Plötzlich sind sie ziemlich ruhig geworden.
Vor wenigen Jahren haben sie noch von Venezuela geschwärmt, Hugo Chávez war das große Vorbild: Der europapolitische Sprecher der Linkspartei im Deutschen Bundestag erklärte damals: „Was Chávez macht, ist auch der Weg, in Deutschland die ökonomischen Probleme zu lösen“, und die Vorsitzende der Linken, Sarah Wagenknecht, pries ihn als „großen Präsidenten“, der mit seinem ganzen Leben für den „Kampf um Gerechtigkeit und Würde“ stand. Chávez habe bewiesen, dass „ein anderes Wirtschaftsmodell möglich sei“. Mit dieser Aussage hatte sie allerdings Recht. Die Ergebnisse dieses „anderen Wirtschaftsmodells“ sehen wir jetzt.
Noch vor einem halben Jahr gratulierte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Deutschen Bundestag, Heike Hänsel, dem Diktator Nicolas Maduro zu seinem „Wahlsieg“ und kritisierte Außenminister Maas für seine Aussage, dass es sich nicht um freie Wahlen handelte. Auf Twitter schrieb sie: „Ich gratuliere Präsident #Maduro zu seinem Wahlsieg in #Venezuela. Die Kritik von #Maas ist derart verlogen, hat er doch keine Probleme mit der Wahl in #Mexiko, wo bereits fast 100 Kandidaten ermordet wurden und in #Honduras, wo das Ergebnis offensichtlich manipuliert wurde…“
Auch in den USA hatte Chávez unter den Linksintellektuellen viele Bewunderer. Einer ihrer prominentesten Köpfe, der 2016 verstorbene Tom Hayden, erklärte: „Ich sage voraus, dass der Name von Hugo Chávez von Millionen verehrt werden wird, je mehr Zeit vergeht.” Ein anderer tonangebener Linksintellektueller, der Princeton-Professor Cornell West, bekannte: „Ich liebe es, dass Hugo Chávez die Armut zur obersten Priorität gemacht hat. Ich wünschte mir, Amerika würde die Armut zur Priorität machen.“ Und die bekannte amerikanische Journalistin Barbara Walters schwärmte: „Er kümmert sich so sehr um die Armut, er ist ein Sozialist. Was er getan hat für ganz Lateinamerika, was sie über Jahre versucht haben, ist die Armut zu beseitigen. Er ist nicht der Verrückte, wie man uns erzählt hat […] Er ist ein sehr intelligenter Mann.“
Die Erklärungen der Linksintellektuellen für das, was jetzt in Venezuela passiert ist, kann ich mir schon denken, denn es sind nach dem Scheitern von jedem sozialistischen Experiment immer die gleichen „Erklärungen“:
1. Sorry, das war nicht der wahre Sozialismus. Das nächste Mal wird’s besser.
2. Wenn Chávez noch am Leben wäre, wäre alles gut.
3. Schuld ist nicht die linke Wirtschaftspolitik, sondern schuld sind die US-Imperialisten mit ihrem Wirtschaftsboykott.
Dr. Rainer Zitelmann für TheEuropean.de