Zeitungsmeldung zu Bill Cosbys Verurteilung, Bild: Flickr.com, Mike Mozart, Bildlizenz: CC-BY-2.0

Von „America’s Dad“ zum „sexuell gewalt­tä­tigen Raubtier“ — Bill Cosbys Pro­mi­nen­ten­bonus ist aufgebraucht

Hier im ehemals „good, old Germany“ weiß man wenig über den Fall und das zähe Ringen der etwa 60 Opfer um Gerech­tigkeit. Daher in aller Kürze die Entstehungsgeschichte.
Der heute 81jährige US-ame­ri­ka­nische Enter­tainer galt als All-Ame­rican-Vor­zeige-Daddy und eman­zi­pierter Ehemann. Doch schon 2005 zeigte ihn Andrea Con­stand wegen Ver­ge­wal­tigung bei der Polizei an. Sie sei im Jahr 2004 von Bill Cosby unter Drogen gesetzt und im wehr­losen Zustand ver­ge­waltigt worden. Eine Anklage wird abge­wiesen wegen unglaub­wür­diger und unzu­läs­siger Beweise. Andrea Con­stand geht nun die Sache über ein Zivil­ver­fahren an, dem sich mehrere Frauen anschließen und den Enter­tainer ganz ähn­licher Taten beschul­digen. Bill Cosby gibt dar­aufhin zu, er habe den Frauen das Betäu­bungs­mittel „Quaa­ludes“ ver­ab­reicht, um mit ihnen Verkehr haben zu können. Dieser sei aber ein­ver­nehmlich gewesen. Es kommt zu einer ver­trau­lichen Ver­ein­barung zwi­schen Bill Cosby und seinen Opfern. Er bezahlt ins­gesamt 3,4 Mil­lionen Dollar an die Frauen.
Doch die Sache ist nicht aus­ge­standen. Der Comedian Han­nibal Buress nennt bei einem Auf­tritt auf offener Bühne bereits im Jahr 2014 Bill Cosby einen Ver­ge­wal­tiger.
 
https://www.youtube.com/watch?v=dzB8dTVALQI
Mit­schrift: Thirteen? And it’s even worse because Bill Cosby has the fucking smuggest old black man public persona that I hate. Pull your pants up, black people. I was on TV in the ’80s: “I can talk down to you because I had a suc­cessful sitcom.”  Yeah, but you raped women, Bill Cosby. So, brings you down a couple notches. “I don’t curse on stage!” Well, yeah, you’re a rapist, so, I’ll take you sayin’ lots of mother­fu­ckers on Bill Cosby: Himself if you weren’t a rapist. … I want to just at least make it weird for you to watch Cosby Show reruns. … I’ve done this bit on stage, and people don’t believe. People think I’m making it up. … That shit is upsetting. If you didn’t know about it, trust me. You leave here and Google ‘Bill Cosby rape.’ It’s not funny. That shit has more results than Han­nibal Buress.
 
Das Video ver­breitete sich rasend schnell in den USA und immer mehr Frauen erklärten nun öffentlich, sie seien von Bill Cosby unter Drogen gesetzt und sexuell miss­braucht worden. Manche schrieben sich diese Last in Zei­tungen von der Seele. Etwa sechzig Frauen beschul­digen den bis dahin immer noch beliebten Enter­tainer der unter­schied­lichsten, sexu­ellen Vergehen.
Bill Cosby hält still und hofft auf die bald ein­set­zende Ver­jäh­rungs­frist, doch kurz vorher gelingt es Andrea Con­stand, mit ihrer Straf­an­zeige gegen Bill Cosby durch­zu­kommen. Am 30 Dezember 2015 wird er ver­haftet. Ein Prozess findet statt, der sich ewig hin­zieht und im Sommer 2017 ergeb­nislos endet. Die Geschwo­renen konnten sich nicht auf ein Urteil einigen. Im Frühjahr 2018 begann ein zweiter Prozess. Viele seiner Opfer sagten als Zeugen aus. Diesmal endet der Prozess mit einer Ver­ur­teilung. Der Richter spricht von einem „sexuell gewalt­tä­tigen Raubtier“.
Staats­anwalt Kevin Steele sagte: „Über Jahr­zehnte konnte der Ange­klagte sein wahres Ich und seine wahren Ver­brechen ver­bergen.“ Bill Cosby habe sich hinter der Show-Figur des gütigen, per­fekten, weisen Vaters und lie­be­vollen, Frauen ach­tenden Ehe­mannes und Arzt, Dr. Cliff Hux­table ver­borgen. Niemand hätte diesem wun­der­baren „Vater der Nation“ diese Taten zugetraut.
Bereits am 26. April 2018 fällte der Richter einen Schuld­spruch in allen drei Ankla­ge­punkten. Es handelt sich zum Ersten um Geschlecht­verkehr ohne Ein­wil­ligung, Zweitens das Ganze bei hilf­loser Lage des Opfers und Drittens Ver­ab­rei­chung eines Betäu­bungs­mittels zu diesem Zwecke. Bill Cosby muss mit einer Haft­strafe von zehn Jahren rechnen. Das ist schon ein Ent­ge­gen­kommen, das möglich wurde dadurch, dass alle drei Ankla­ge­punkte auf einen Zusam­men­gelegt wurden. Ansonsten hätten ihm drei Ver­ur­tei­lungen á 10 Jahre gedroht.
Dennoch blieb es ungewiss, ob der alte Mann tat­sächlich noch eine Haft­strafe antreten muss, da dies bei einem über Acht­zig­jäh­rigen dann durchaus „lebens­länglich“ bedeutet. Er ist heute gebrechlich, fast blind und hilfs­be­dürftig – und eine Ikone des ame­ri­ka­ni­schen TV. Doch der Richter Steven O´Neill sieht keinen Grund, den alten Mann zu schonen. Er will den Opfern Gerech­tigkeit wider­fahren lassen und bringt das in seinem Schuld­spruch zum Ausdruck:
Niemand steht über dem Gesetz. Und niemand wird wegen seines Wohn­ortes, wegen seiner Iden­tität oder wegen seines Reichtums, seiner Berühmtheit oder seiner guten Taten anders behandelt werden. Je höher man steigt, umso tiefer fällt man.“
Es scheint, dass der berühmte Pro­mi­nen­ten­bonus nicht mehr zieht. Das musste auch Film­pro­duzent Harvey Wein­stein vor nicht langer Zeit erfahren. Auch das Argument, die kla­genden Frauen hätten doch genau gewusst, dass es in Hol­lywood üblich sei, sich eine Film­rolle zu „erschlafen“, zieht nicht mehr. Anders als noch vor 10 Jahren, unter­stellt man nicht mehr unaus­ge­sprochen, dass „unbe­deu­tende“ Frauen sich ja doch eigentlich an einen mäch­tigen, berühmten Mann „ran­wanzen“ und wenn sie dann gegen Sex bekommen haben, was sie wollen, Geld, Ruhm, Vor­teile, dann beschul­digen sie ihn nachher noch. Genau das wurde auch Andrea Con­stand unter­stellt. Sie wurde im ersten Prozess auch „Gold­grä­berin“ (gold digger) genannt. Eine Zeugin, Janice Dick­inson, sagte nach dem Prozess: „Die Ver­ge­wal­tigung ist in meine Seele eingraviert.“
Das Gericht in Nor­ristown, Penn­syl­vania, hat nun ent­schieden, dass Bill Cosby zwi­schen drei und zehn Jahren in Haft kommt. Er wird in Hand­schellen abge­führt. Obwohl eine Berufung gegen das Urteil ein­gelegt wird, schei­terte Bill Cosbys Anwalt Joseph Green dabei, seinen Man­danten gegen Kaution bis zum Beru­fungs­ver­fahren auf freiem Fuß leben zu lassen. Das Beru­fungs­ver­fahren findet dann im Superior Court in Har­risburg statt. Dieses Gericht muss dem Beru­fungs­antrag staat­geben. Bill Cosby muss nicht nur die Gerichts­kosten des Straf­pro­zesses gegen ihn tragen, sondern auch eine Geld­strafe von 25.000 $ zahlen (etwa 21.000 €).