Wenn jemand ein sicheres Gespür für unangemessene Forderungen zur Unzeit hat, dann sind es die Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Treffsicher wie eh und je, facht die aktuelle Kampagne der Chefs von ARD und ZDF die abklingende Empörung rund um den Fall Relotius neu an. Hatte der „Spiegel“ unter dem Druck der bevorstehenden Veröffentlichung ausländischer Medien gerade erst spektakulär einräumen müssen, dass zahlreiche Artikel seines Vorzeige-Journalisten getürkt waren, treten nunmehr die vielfach der manipulativen Berichterstattung überführten Staatssender mit ihrer Forderung auf den Plan, den Rundfunkbeitrag demnächst kräftig zu erhöhen. Am liebsten wollen sie ihn gleich an die künftige Inflationsentwicklung koppeln. Das würden sich auch viele Beschäftigte mittelständischer Betriebe für ihre Lohn- und Gehaltszahlungen wünschen, die mit ihrer Arbeit die Lasten des Landes schultern, aber keinen jährlichen Inflationsausgleich beanspruchen können. Den Zwangsbeglückern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks scheint jedes Maß verloren gegangen zu sein. Und irgendwie auch jegliches Gefühl für Anstand. Tatsächlich begründen sie ihren Vorstoß mit der intelligenzbeleidigenden Behauptung, ohne eine Erhöhung sei „das Qualitätsniveau auf keinen Fall zu halten“. Als Zuschauer und Zuhörer von ARD, ZDF und Deutschlandradio fühlt man sich angesichts des aktuellen Beitragsaufkommens von 9 Milliarden Euro nicht nur ausgenommen, wie die gerade erst verdaute Weihnachtsgans, sondern auch mächtig auf den Arm genommen, um es mal freundlich auszudrücken.
Der Beitrag wird ab 2021 Jahr für Jahr steigen – dafür wird die Berufspolitik sorgen, die längst ihre Diäten mit einer Inflationsdynamik versehen hat
Wenn noch mehr Geld also das derzeitige Niveau der Berichterstattung sichern soll, dann kann man wahrlich nur für eine kräftige Beitragssenkung plädieren, die im Umkehrschluss segensreich für die Arbeit des staatlichen Rundfunks sein müsste. Dies nicht zuletzt, weil ein geringeres Beitragsvolumen die Verantwortlichen endlich zum Haushalten zwingen würde. Keine Millionengräber mehr durch öffentlich-rechtliche Schaufensterprojekte, kein weiterer Wildwuchs an Sendern, keine fortgesetzte Verschwendung des Jahresbudgets für aberwitzig überteuerte Sportevents oder schwindelerregende Künstlergagen. Und auch die Dotierung der Führungsgehälter käme dann vielleicht einmal auf den Prüfstand. Last but not least, wären die Mittel zur Finanzierung öffentlich-rechtlicher Belehrungsfilme deutlich knapper, was dem Niveau des Programms ebenfalls zugutekäme. Für die Rundfunkmacher wäre es aber wohl kaum auszuhalten, wenn ein Tatort tatsächlich einfach nur ein Krimi wäre, in dem die Bösen auch mal Ausländer sein könnten und Täter nicht grundsätzlich aus dem rechten Milieu kommen müssten. Ebenso schrecklich wäre wohl die Vorstellung, auch andere als die für ihre Regierungstreue mit lebenslanger öffentlich-rechtlicher Bildschirmpräsenz belohnten Schauspieler aufzubieten. Aber lassen wir das Träumen. Es ist schon beinahe vermessen zu hoffen, dass der Rundfunkbeitrag in Zukunft nicht davon galoppiert. Er wird ab 2021 Jahr für Jahr steigen. Dafür werden die von den Journalisten abhängigen Berufspolitiker sorgen, die längst auch ihre Diäten mit einer Inflationsdynamik versehen haben.
Hintergrund der geforderten Beitragserhöhung dürfte übrigens sein, dass die Pensionskasse der ARD beim jüngsten Stresstest durchgefallen ist
Während ZDF-Intendant Thomas Bellut in der Rolle des „Good Cop“ beschwichtigt, die Erhöhung werde „bedarfsgerecht und verantwortungsbewusst“ ausfallen und sein ARD-Kollege Ulrich Wilhelm als „Bad Cop“ mit einer Verfassungsklage droht, um ans Geld der Beitragszahler zu kommen, springt ihnen bereits die Politik bei. Als Vorsitzende des ZDF-Verwaltungsrates hält die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer eine „moderate Beitragsanpassung“ für geboten. Wenig überraschend streichelt die Berufspolitik ihre Hofberichterstatter, den Preis dafür bezahlen die Bürger. Dabei gibt Bellut zu, dass das vor Jahren versprochene Sparen immer noch nicht recht in Angriff genommen worden ist: „Wir arbeiten daran, das vereinbarte Sparprogramm umzusetzen und haben mit der ARD konkrete Schritte der besseren Zusammenarbeit fixiert.“ So klingt das, wenn praktisch noch nichts passiert ist und man sich in zähen Verhandlungen in einer Sackgasse befindet. Hintergrund der geforderten Beitragserhöhung dürfte übrigens sein, dass die Pensionskasse der ARD beim jüngsten Stresstest durchgefallen ist. Im Klartext: Die ARD kann die als direkte Folge des unappetitlich hohen Gehaltsniveaus ihrer Führungsriege anfallenden Pensionszahlungen bald nicht mehr aufbringen. Die Beitragszahler werden zur Kasse gebeten, um nicht etwa das Programmniveau zu sichern, sondern das Pensionsniveau der ARD-Millionäre. Man braucht den Rundfunkbeitrag gar nicht grundsätzlich abzulehnen, um festzustellen, dass die teuflische Allianz aus Politik und Medien einmal mehr erlebbar wird.