Es ist Karneval in Köln, die „jecke“ Zeit. Büttenreden werden geschwungen, in denen so ziemlich alles erlaubt ist, von Politikerschelte über Anzügliches, Plattes, wie spitzfindiges und auch politisch Inkorrektes. Auch Prominente aller Art im Saal, die von der Bühne herunter schon oft sehr kräftig persönlich durch den Kakao gezogen wurden, haben unten im Saal mitgelacht, wohl wissend, dass die Kameras auf sie gerichtet wurden. Die Blöße der verbissenen Humorlosigkeit hätte sich keiner gegeben. Schon immer. Und noch NIE ist dabei irgendjemand empört aufgestanden, auf die Bühne gegangen und hat sich aggressiv beschwert. Und noch NIE hat ein Sender irgendetwas aus der Karnevalssitzung herausgeschnitten.
Bei einer Karnevalssitzung im Kölner Gürzenich passierte genau das. Bernd Stelter, ein altgedienter, beliebter Karnevalist, dessen Vorträge sogar eher zu den liebenswürdigeren gehört und der sich eigentlich nie beißender Schärfe bedient, machte einen Witz über den Namen der möglichen Merkel-Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Verballhornungen, die im Volk über den Zungenbrecher kursieren und von denen „Karrenkrampe“ noch die harmloseste ist, belegen, dass der Name nicht einer der schönklingendsten ist. Die Szene ist hier zu sehen, wobei das gesamte Hin und Her länger dauerte.
Bernd Stelter reagiert sehr friedlich, sagt aber der empörten Frau, die nun plötzlich offenbar das Thema Gleichberechtigung der Frau und Doppelnamen im Allgemeinen thematisiert, es sei Karneval und er mache einfach WITZE.
Stelter hatte lediglich den Namen „Kramp-Karrenbauer“ als unaussprechlich veräppelt und sich vorgestellt, welche Probleme Nachrichtensprecher im Ausland wohl haben werden, diesen Namen auszusprechen. Es war keine Herabwürdigung der Frau, keine Grundsatztirade gegen Doppelnamen, einfach nur eine Witzelei über einen schwer auszusprechenden Nachnamen, bei dem sich schon viele gedacht haben „Warum hat sie nicht einfach ihren Mädchennamen Kramp behalten?“.
Aber nein, die Dame im Saal fühlte sich zur Vorkämpferin der Doppelnamen-Frauen verpflichtet, einen Aufstand zu fabrizieren und dem Publikum ihre Empörung ungebremst anzutun und den Abend zu versauen. Sie wollte auch partout nicht von der Bühne gehen, wurde schließlich vom Sicherheitsdienst entfernt und erhielt samt ihrem Mann Hausverbot. Man muss sich schon einiges leisten, um in Kölner Karneval vom Security-Personal rausgeworfen zu werden. Bernd Stelter erhielt tosenden Applaus. Die Kölnische Rundschau zitierte die Dame, Frau Gabriele Möller-Hasenbeck aus Thüringen, folgendermaßen: „Ich habe selbst einen Doppelnamen und muss das nicht über mich ergehen lassen. Wir kommen seit Jahren in den Gürzenich. Da fahren wir von so weit her und müssen so etwas hören, dieser Witz hat mich verletzt.“
Heijeijei. Wenn jeder, der sich in irgendeiner Weise sich auf den Schlips getreten fühlt, sich jetzt derartig aufführt, dann können wir den Karneval und viele andere Veranstaltungen des öffentlichen Lebens gleich abschaffen. Auf die Idee, dass in dem Saal von ca. 1000 Leuten mit Sicherheit etwa 200 Doppelnamen-Frauen sitzen, die dabei lachen und Spaß haben, kam Frau Möller-Hasenbeck wohl nicht.
Ich bin Kölnerin, en kölsch Määdsche, und was ich an meiner Stadt liebe, ist die Großzügigkeit, die Gelassenheit und dass man nicht alles ganz ernst nimmt. „Lääve on lääve losse“ — leben und leben lassen. Und: „mer moss och jönne könne“ — Man muss auch gönnen können. Die Leute sind gekommen, um einen schönen Abend zu haben und zu lachen und nicht, um das hier und jetzt unpassende Gekeife einer Frustrierten anzuhören. Et es Fasteleer, Mädsche, beruisch Disch.
Der WDR hat sich nun entschlossen, diese Szene aus der Sendung herauszunehmen. Da kann man durchaus geteilter Meinung sein. Einerseits gehört dieser peinliche, vulgäre, zum Fremdschämen geeignete Auftritt dieser Dame („Scheißname eines Mannes“!) wirklich nicht in eine fröhliche Sitzung und muss nicht auch noch den Zuschauern vor dem Fernseher angetan werden, andererseits schreit jetzt die halbe Welt „Zensur!!!!“. Auch das ist verständlich.
Man sollte diese Szene in voller Länge ruhig senden. Damit ein jeder sieht, welche Auswüchse die Political Correctness mittlerweile angenommen hat. Dieses vollkommen entbehrliche und unangebrachte Opfergehabe zeigt nur zu deutlich, was die linksgrünfeministische Ideologie für querulante Menschen formt. Verbissen, frustriert, aggressiv, ichbezogen, rücksichts- und humorlos und stets an der Schwelle zur plakativen Empörung — aber gleichzeitig Toleranz einfordern.
Zumindest gibt es auch lustige Kommentare dazu:
Wenn Jan Böhmermann den türkischen Präsidenten Erdogan auf Übelste beleidigt, ist das Satire und das muss Präsident Erdogan einfach so hinnehmen. Aber wenn Bernd Stelter harmlose Witzeleien über einen konkreten, unaussprechlichen Doppelnamen einer öffentlichen Person macht, dann haben die Medien natürlich Verständnis dafür, dass eine ganz andere Doppelnamen-Frau sich verletzt fühlt und eine Veranstaltung sprengen will. Geht‘s noch?