„Wir wollen die Inves­toren aus der Stadt vertreiben“

von Dr. Rainer Zitelmann
Sie kennen das aus ame­ri­ka­ni­schen Filmen: Der gute und der böse Polizist teilen sich die Rollen, arbeiten aber gemeinsam auf ein Ziel hin. Der böse Polizist auf die brutale Art, der nette Polizist auf die mensch­liche Art. So sind die Rollen auch im Ber­liner rot-rot-grünen Senat ver­teilt, um Woh­nungs­ei­gen­tümer zu enteignen.
Die Rolle des „bad cop“ spielt das Bündnis „Deutsche Wohnen und Co ent­eignen“. Deren Sprecher, Rouzbeh Taheri, erklärt laut Bericht in der FAZ ganz offen: „Wir wollen die Inves­toren aus der Stadt ver­treiben.“ In einem ersten Schritt geht es um alle Ver­mieter, die mehr als 3.000 Woh­nungen besitzen. Sie sollen ent­eignet werden – das ist das Ziel der Initiative. Es geht um rund 200.000 Wohnungen.

Großer und kleiner Miethai

Aber gemeint sind alle Immo­bi­li­en­ei­gen­tümer, nicht nur die großen. Auf der Website, auf der für das Volks­be­gehren geworben wird, heißt es: „Ins­be­sondere ‘Deutsche Wohnen’, ist das füh­rende Unter­nehmen im Ber­liner Immo­bi­li­en­markt und besitzt eine markt­mächtige Stellung. Die kleinen Miethaie schauen auf den großen Miethai und nehmen ihn als Vorbild. So wird auch eine Nie­derlage des großen Miethais für die Klei­neren eine Lehre sein. ‘Deutsche Wohnen’ das Handwerk zu legen, nützt allen Mie­te­rinnen und Mietern in Berlin, die vom Mie­ten­wahnsinn betroffen sind.“ Also: Auch der „kleine Miethai“ (= kleiner Pri­vat­ver­mieter) soll nicht unge­schoren davon kommen, er kommt als nächstes dran.
Die Taktik ist einfach:

Mit Schi­kanen zum Verkauf zwingen

Die Linke, die in Berlin mit Katrin Lomp­scher die Bau­ver­hin­de­rungs­se­na­torin stellt, unter­stützt die Ent­eig­nungs­in­itiative. Auch die Grünen signa­li­sieren Unter­stützung. Beide spielen in dem Spiel die Rolle des bösen Polizisten.
Berlins Regie­render Bür­ger­meister Müller (SPD) spielt die Rolle des guten Poli­zisten, der das gleiche Ziel, also die fak­tische Ent­eignung mit anderen Mitteln ver­folgt. Er schließt eine förm­liche Ent­eignung aus­drücklich nicht aus, will das Ziel jedoch zunächst auf eine andere Weise erreichen.
Müller nennt das „Rückkauf“. Die Immo­bi­li­en­ei­gen­tümer werden sys­te­ma­tisch drang­sa­liert. Dem Unter­nehmen „Deutsche Wohnen“ hat Berlin kürzlich mittels eines kom­pli­zierten Vor­kaufs­rechtes zahl­reiche Woh­nungen in zwei Blocks an der Karl-Marx-Allee weg­ge­kauft. Die Situation um die “Deutsche Wohnen” werde „immer uner­freu­licher“, sagte Müller. Als Begründung gab er an, dass das Unter­nehmen von dem ihm gesetzlich zuste­henden Kla­ge­recht gegen den Miet­spiegel Gebrauch gemacht hatte. „Das gibt kein gutes Bild ab“, meinte er.

Maß­stäbe werden verschoben

Die Ent­eig­nungs­in­itiative will fak­tisch eine ent­schä­di­gungslose Ent­eignung. Denn gezahlt werden soll nicht der Ver­kehrswert der Woh­nungen, sondern ein deutlich dar­unter lie­gender Preis. Der soll geringer sein als die Ver­bind­lich­keiten, die bei­spiels­weise eine „Deutsche Wohnen“ gegenüber den Banken hat. Im Ergebnis wäre das eine ent­schä­di­gungslose Ent­eignung. Jetzt meinen viele: „Ach, das wird schon nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird.“ Vor­sicht! Das ist ein Denk­fehler: Durch die For­derung nach ent­schä­di­gungs­loser Ent­eignung werden die Maß­stäbe ver­schoben. Die Immo­bi­li­en­be­sitzer sollen durch diese Dro­hungen so lange weich­ge­klopft werden, bis sie auf­geben und – so Müllers Konzept – „frei­willig“ unter Ver­kehrswert verkaufen.

Immo­bi­li­en­branche wehrt sich nicht

Die Immo­bi­li­en­branche wehrt sich nicht. Wie üblich, ist man defensiv, ängstlich, anpas­se­risch. Wo bleiben die Demos gegen die Ent­eignung? Warum schaltet man nicht ganz­seitige Anzei­gen­kam­pagnen, in denen den Bürgern erklärt wird, wie viele neue Woh­nungen man bauen könnte für das Geld, das jetzt durch den Rückkauf sinnlos zum Fenster hin­aus­ge­worfen wird? Warum erklärt man den Bürgern nicht auf großen Pla­katen in der ganzen Stadt, dass die Sena­torin schuld daran ist, wenn sich die Woh­nungsnot ver­schärft, weil unter ihrer Ägide so wenig Bebau­ungs­pläne auf­ge­stellt werden wie seit Jahr­zehnten nicht? Hat die Immo­bi­li­en­branche das Geld für solche Kam­pagnen nicht?! Oder hat man innerlich schon kapi­tu­liert? Das Ziel, die Inves­toren aus der Stadt zu ver­treiben, wird schon durch die Dis­kussion und durch die täg­liche Schikane erreicht.

Vorbild Vene­zuela

Berater von der in Berlin für die Woh­nungs­po­litik zustän­digen Sena­torin Lomp­scher ist ihr ehe­ma­liger Staats­se­kretär Andrej Holm. Weil Holm seine Tätigkeit bei der Stasi bei der Ein­stellung ver­schwiegen hatte, musste er zwar als Staat­s­e­kretär zurück­treten, aber seit Februar 2017 berät er die Senats­ver­waltung als Mit­glied des „Begleit­kreises zum Stadt­ent­wick­lungsplan Wohnen 2030“. Holm lobte in zahl­reichen Vor­trägen die Woh­nungs­po­litik von Vene­zuela als für Deutschland vor­bild­liches Modell eines „Sozia­lismus im 21. Jahr­hundert“. Auch für die Abschaffung der Demo­kratie in Vene­zuela fand er lobende Worte in dem Buch „Revo­lution als Prozess. Selbst­or­ga­ni­sation und Par­ti­zi­pation in Vene­zuela“. Lomp­schers Ex-Staats­se­kretär und Berater lobte darin, dass Vene­zuela 1999 „offi­ziell Abschied vom Modell der reprä­sen­ta­tiven Demo­kratie genommen“ und zugleich dem Prä­si­denten „beschränkte Son­der­voll­machten“ ein­ge­räumt hatte. Hugo Chávez sei ein „Ermög­licher“ gewesen: „De facto liegen die meisten Ent­schei­dungen des Prä­si­denten sehr nah an den For­de­rungen der Basis­be­we­gungen und werden dazu ein­ge­setzt, die par­ti­zi­pative Demo­kratie zu stärken.“ Genau diese Stra­tegie von Hugo Chavéz soll jetzt in Berlin umge­setzt werden, das Volks­be­gehren passt genau dazu. Es hat wohl gute Aus­sichten auf Erfolg, bei Umfragen ist die Mehrheit der Ber­liner dafür.


Quelle: the­eu­ropean