Leser­frage: Was wird in Russland über Greta Thunberg berichtet?

Diese Frage wurde mir heute gestellt und ich habe geant­wortet: „Nichts.“ Aber da wurde mir klar, dass das ein durchaus inter­es­santes Thema ist, denn es zeigt mal wieder, wie die Medien im Westen und in Russland sich unterscheiden.
Im Westen macht Greta Thunberg Schlag­zeilen. Anscheinend hat ein kleines Mädchen dafür gesorgt, dass nun überall im Westen Schüler freitags die Schule schwänzen und für den Kli­ma­schutz demons­trieren. Inter­essant wird es, wenn man mal nach­schaut, was außerhalb der „west­lichen Wer­te­ge­mein­schaft“ und außerhalb der west­lichen Medi­en­macht darüber berichtet wird, zum Bei­spiel in rus­si­schen Medien.
Über Greta Thunberg wird im Westen viel geschrieben, ich möchte gar nicht über das Mädchen schreiben, da ich darüber nicht genug weiß und es mich ehrlich gesagt auch nicht inter­es­siert. Daher soll es hier um den Blick der Medien auf das Mädchen und die Folgen gehen.
In Deutschland, so bekomme ich es hier in Russland nur am Rande mit, spielt sie eine große Rolle in den Medien. Anscheinend ist sie der Grund für die Freitags-Demos der Schüler, die sich für den Kli­ma­schutz ein­setzen oder dies zumindest glauben bzw. vor­geben. Ich hätte mich sei­nerzeit auch über eine solche Ausrede für das Schu­le­schwänzen gefreut.

Ich muss aber auch sagen, dass ich es gut finde, wenn Men­schen demons­trieren. Das gehört zu einer Demo­kratie dazu, ich finde, es müsste in Deutschland noch viel mehr demons­triert werden, wenn auch für andere Ziele.
Klima- und Umwelt­schutz sind wichtige Themen. Und natürlich igno­riert die Politik sie kom­plett. Wenn man da etwas tun wollte, gäbe es bereits wirksame Gesetze, aber in Deutschland und im Westen all­gemein sind die Lob­by­isten zu mächtig und ver­hindern, dass wirksame Gesetze erlassen werden. Egal, ob in Sachen Umwelt oder bei anderen Themen wie Ver­brau­cher­schutz oder auch Finanz­markt­re­gu­lierung. Gegen die Macht der Lob­by­isten müsste man demons­trieren und den Men­schen bei diesem Thema die Augen öffnen.
Keine Schü­lerdemo gegen Kli­ma­schutz wird irgend­etwas bewegen, solange die Lob­by­isten eine solche Macht haben.

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Trotzdem wird nun in den west­lichen Medien Greta Thunberg als Symbol gefeiert. Ich per­sönlich sehe sie als nütz­liche Idiotin, denn niemand kommt einfach zum Welt­kli­ma­gipfel oder zum Wirt­schafts­forum in Davos und darf dort eine Rede halten. Wenn jemand da reden darf, dann ist das gewollt, von wem auch immer.
Oder anders gesagt: Eine junge Schwedin, die dort reden darf, stellt keine Gefahr dar. Ein Edward Snowden, der tat­sächlich beim Wirt­schafts­forum einige inter­es­sante Dinge erzählen könnte, wird nicht einmal per Video­schalte eingeladen.
Schon daran sieht man die Absur­dität der Geschichte: Ein Mädchen gewinnt irgend­einen Schreib­wett­bewerb in Schweden und darf plötzlich überall auf­treten und Poli­tiker holen sich schöne Bilder, wenn sie sich mit ihr zeigen. Das Mädchen wird benutzt. Ein Snowden, um bei dem Bei­spiel zu bleiben, würde sich nicht so leicht benutzen lassen, der würde auch wirklich unbe­queme Dinge mit Hand und Fuß erzählen, das will man dann lieber nicht. Aber ein nied­liches Mädchen mit einem emo­tio­nalen Text, das kommt immer gut an.
Dann wird sich noch ein bisschen künstlich auf­geregt, dass Schüler freitags demons­trieren anstatt in der Schule zu sitzen, nur um dies dann im nächsten Moment als Beweis für das Funk­tio­nieren unserer Demo­kratie zu ver­kaufen und für die kri­tische Jugend, die sie her­vor­ge­bracht hat.
Wo war eigentlich diese kri­tische Öffent­lichkeit, als Snowden auf­ge­deckt hat, dass wir alle abgehört, dass alle unsere Mails und Chats gelesen werden und dass die USA allein in Deutschland zehn­tau­sende Tro­janer plat­ziert haben, mit denen sie in Deutschland Strom, Wasser, Kran­ken­häuser usw. abschalten könnten und würden, wenn Deutschland sich wirklich gegen die USA stellen sollte. Wo war da die kri­tische Öffentlichkeit?
Diese kri­tische Öffent­lichkeit kommt nur dann zu Wort, wenn es genehm ist und auch in „gute“ Bahnen kana­li­siert werden kann. Wenn es um wirklich wichtige Themen geht, dann wird davon abgelenkt.
Ein paar Bei­spiele: In Deutschland sterben tau­sende Men­schen jedes Jahr an „Kran­ken­haus­keimen“, die es aber in dieser Menge nur in Deutschland gibt, weil unser Gesund­heits­system so ist, wie es ist. Könnte man ja mal ändern, kostet aber Geld und tut der Phar­ma­in­dustrie weh. Womit wir wieder bei den Lob­by­isten sind, die wirklich wichtige Dinge ver­hindern und die Medien stürzen sich lieber auf Greta und berichten nur am Rande mal über Kran­ken­haus­keime, wenn einmal im Jahr eine Sta­tistik ver­öf­fent­licht wird.
Snowden habe ich schon erwähnt. Seine Ent­hül­lungen sind so gründlich von den Medien ver­gessen worden, dass nie­mandem auf­fällt, dass Snowden mit­ge­teilt hat, dass das Aus­schalten von Strom­netzen zur hybriden Kriegs­führung der NSA gehört. Ein Schelm, wer da jetzt an Vene­zuela denkt.

Also berichten die Medien lieber über Greta.
Und jetzt kommt der Witz: Das findet nur im Westen statt. Außerhalb des Macht­be­reiches der west­lichen Medien inter­es­siert Greta nie­manden und niemand weiß von ihr. Daher ist die Frage, warum dieses Thema von allen west­lichen Medien ein­stimmig in die Schlag­zeilen geprügelt wird, im Rest der Welt aber nicht statt­findet, durchaus angebracht.
Auf eine Leser­frage habe ich das Thema mal gegoogelt. In Deutschland hau­fen­weise Videos und Berichte der großen Medien, 33 Mil­lionen Treffer bei Google. Auf rus­sisch findet sich viel weniger: nur 115.000 Treffer bei Google. Noch deut­licher wird es, wenn man bei den großen rus­si­schen Medien ihren Namen in die Such­funktion eingibt: Kein ein­ziger Artikel. Lediglich die rus­si­schen Töchter der west­lichen Staats­medien wie Deutsche Welle, Radio Liberty oder Euronews und andere haben Berichte auf rus­sisch gebracht.
 


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru