Zuwan­derung war wirt­schaftlich kontraproduktiv

von Albrecht Künstle

Die Wirt­schaft wollte die Rekru­tierung von Men­schen — und jetzt?

- Mit Deutschland geht’s trotz Ein­wan­derung bergab, oder gerade deshalb?
- Ein Blick in die Volks­wirt­schaft­liche Gesamt­rechnung (VGR) der letzten Jahre
Meine Aus­wertung der VGR ergab: Die anhal­tende Migra­ti­ons­of­fensive der Bun­des­re­gierung ist öko­no­misch kon­tra­pro­duktiv. Auch die Digi­ta­li­sie­rungs­eu­phorie wird nicht halten, was sie vorgibt. Poli­tische Dogmen sollten Ana­lysen und ratio­nalem Handeln weichen.
Die über­lie­ferten Bibel­worte „Wachset und ver­mehret euch … füllet die Erde und macht sie euch untertan“ im 1. Buch Mose und Genesis scheinen das Credo herr­schender Kreise in Deutschland zu sein. Dafür bei­spielhaft die BDA, die Bun­des­ver­ei­nigung der deut­schen Arbeit­ge­ber­ver­bände, Raf­fel­hü­schen und Co sowie eine Staats­chefin, nennen wir sie einfach mal Merkel.
Die BDA-Unter­nehmer sind es, die dem Gol­denen Kalb eines Tur­bo­ka­pi­ta­lismus anhängen, der nur mit Wachstum über­le­bens­fähig ist. Ihre Wirt­schaft muss wachsen und wachsen. Doch die Demo­graphen malen ein aus­ster­bendes Deutschland an die Wand, das die Anfor­de­rungen der Wirt­schaft an die Rekru­tierung (Begriff aus dem Migra­ti­onspakt) der indus­tri­ellen Reser­ve­armee nicht erfüllen kann. Frau Merkel zeigte Erbarmen und holte binnen weniger Jahre mehrere Mil­lionen Men­schen ins Land. Die Bevöl­kerung stieg innerhalb von fünf Jahren um zwei Mil­lionen. Weil zuwenig brauchbare Arbeits­kräfte dar­unter waren, wird jetzt zusätzlich eine Fach­kräfte-Offensive gestartet.
Welche Aus­wir­kungen hatte das auf die Wirt­schaft, deren Wett­be­werbs­fä­higkeit und die Staats­fi­nanzen? Dazu schauen wir uns die im Januar vor­läufig ver­öf­fent­lichten Zahlen der Volks­wirt­schaft­lichen Gesamt­rechnung 2018 des Sta­tis­ti­schen Bun­des­amtes an. In Anlehnung an die Amtszeit des Bun­des­tages über den Zeitraum von vier Jahren, also die Jahre 2014–2018.
Das preis­be­rei­nigte Brut­to­in­lands­produkt (BIP) stieg 2015 gegenüber den Vor­jahren um 1,7 Prozent, in den Jahren 2016 und 2017 um je 2,2 Prozent (Zuwan­de­rungsboom) und im letzten Jahr nochmals um 1,5 Prozent, ins­gesamt 7,8 Prozent. Das sieht nicht schlecht aus; es wurde von rund 5 Prozent mehr Erwerbs­tä­tigen erar­beitet, die Zahl der Arbeit­nehmer stieg um gute 6°Prozent.
Aller­dings bedeutet diese Stei­gerung nicht zugleich eine Erhöhung des Wohl­stands. Im BIP ist nicht nur die Her­stellung von Gütern bzw. Kon­sum­waren ent­halten. Es beinhaltet auch Dienst­leis­tungen, die einen immer höheren Anteil am BIP aus­machen. Und es ist zwei­felhaft, ob die durch Migration erfor­der­liche Ein­stellung von Poli­zei­kräften, Anwälten, Richtern und Straf­voll­zugs­be­amten den Lebens­standart unserer Bevöl­kerung erhöhen. OK, sogar Beamte tragen zum BIP bei, sie sind an der Ent­stehung des BIP so beteiligt wie bei dessen Ver­wendung. Aber mit der Schaffung von tau­senden Dienst­stellen bei Polizei und Justiz wurde zumindest das „Sicher­heits­gefühl“ der Bevöl­kerung gestärkt – wird jeden­falls behauptet.
Dass das BIP stärker stieg als die Beschäf­tigung, ist der Pro­duk­ti­vität zu ver­danken. Aller­dings zeigt sich, dass die Pro­duk­ti­vität mit stei­gender Inte­gration der Migranten in den Arbeits­markt abnahm. Die Stei­gerung der Stun­den­pro­duk­ti­vität ging von 1,4 Prozent im Jahr 2016 auf 0,9 Prozent und nur noch 0,1 Prozent im Jahr 2018 zurück. Ent­spre­chend ver­dop­pelte sich das Plus der soge­nannten Lohn­stück­kosten von 1,3 bzw. 1,2 Prozent im Jahr 2016 auf 2,8 bzw. 2,6°Prozent 2018. Der gerade jetzt the­ma­ti­sierte Unter­schied in der Pro­duk­ti­vität zwi­schen Ost- und West­deutschland ist ein Ablenkungsmanöver.
Denk­würdig: Die tat­säch­liche Ent­wicklung der Pro­duk­ti­vität ver­läuft anders als im VWL-Studium gelehrt wird. „In aller Regel nimmt die Arbeits­pro­duk­ti­vität mittel- und lang­fristig zu, während die Kapi­tal­pro­duk­ti­vität eher sinkt …“. Empi­risch zwi­schen 1983 und 1992 um jah­res­durch­schnittlich 0,5 Prozent, 1992 bis 2002 um 1,5 Prozent. Hätte es 2009 nicht die Finanz­krise mit einem Rück­schlag der Pro­duk­ti­vität von 5,7°Prozent (!) gegeben, hätte sich der Trend bestätigt. Wehe, wenn die nächste Kon­junk­tur­schwäche kommt und die neu ein­ge­stellten, weniger pro­duk­tiven Mit­ar­beiter von den Betrieben nicht wieder kurz­fristig ent­lassen werden können.
2019 wird die Pro­duk­ti­vität, die Gesamt­leistung je Beschäf­tigten und Arbeits­stunde jeden­falls weiter zurück­gehen. Ob die Gewerk­schaften dann noch höhere Löhne und Gehälter durch­setzen können? Sie unter­stützten die Unter­nehmer in ihrer For­derung nach höherem Arbeits­kräfte-Import. Ob es ihnen bei den nächsten Tarif­ver­hand­lungen gedankt wird? Jeden­falls wird ihre Ver­hand­lungs­stärke abnehmen, weil das Miss­ver­hältnis von Angebot und Nach­frage auf dem Arbeits­markt zunehmen wird.
Letztlich geht die gesamte Wert­schöp­fungs­kette auf Arbeits­leis­tungen der Arbeiter und Ange­stellten zurück. Mit der weiter gestie­genen Arbeits­leistung der Beschäf­tigten stieg auch deren finan­zielle Belastung. Ins­be­sondere für die Pfle­ge­ver­si­cherung, aber auch für die Kran­ken­ver­si­cherung – die Gesund­heits­ver­sorgung der Merkel-Gäste muss ja schließlich auch bezahlt werden. Die sal­dierten Net­to­so­zi­al­bei­träge stiegen um 3,9°Prozent, 4,6 und 4,7°Prozent sowie 4,3°Prozent im letzten Jahr. Der Anteil der Sozi­al­bei­träge am BIP stieg von 16,4 auf 16,9°Prozentpunkte, also um 3°Prozent.
Und bei der Steu­er­be­lastung? Sie stieg ebenso von 22,9°Prozentpunkte des BIP auf 23,6 im Jahr 2018, also um eben­falls um 3°Prozent. Zusammen stieg der Anteil der Abgaben am BIP von 44,5°Prozentpunkte auf 45,5, also um 2,25°Prozent.
Und wie sieht die Vier­jahres-Bilanz des Staates aus? Er nahm einen ordent­lichen Schluck aus der Pulle – aber auch die Anzahl der Trinker nahm zu. Die mone­tären Sozi­al­leis­tungen stiegen um fast 52 Mrd. EUR von 469,4 auf 521 Mrd. EUR – um 10,5 Prozent. Die Sach­leis­tungen erhöhten sich um 36,4 Mrd. EUR von 252,4 auf 286,8 Mrd. EUR. Weil Merkel das alles nicht aus dem Ärmel von Vater Staat schütteln konnte, stieg das Finanz­de­fizit nach Jahren der Kon­so­li­dierung wieder an. Kon­ti­nu­ierlich mit der betrie­benen Migration stiegen die Defizite von Bund, Länder, Gemeinden und Sozi­al­ver­si­cherung von 16,7 Mrd. EUR im Jahr 2014, auf 24 Mrd., 29°Mrd., 34 Mrd. auf 58 Mrd. EUR Defizit im Jahr 2018.
Die Gesamt­ver­schuldung liegt jetzt bei fast zwei Bil­lionen –2.000.000.000.000 EUR. Das ist nur deshalb noch keine Kata­strophe, weil der deutsche Staat haupt­sächlich bei seinen eigenen Bürgern ver­schuldet ist, nicht im Ausland. Um das anhand von bun­des­ei­genen Wert­pa­pieren zu ver­deut­lichen: Wer z.B. eine Bun­des­an­leihe zeichnet, erhält Zinsen (?) vom Staat, die er mit seinen eigenen Steuern finan­ziert – Prinzip rechte Tasche, linke Tasche.

Mein öko­no­mi­scher Wet­ter­be­richt für dieses Jahr

Die Zuwan­derung von „Fach­kräften“ aller Art wird anhalten, der Fami­li­en­nachzug eben­falls. Aber es kommen nicht nur Arbeits­kräfte, sondern mittels staat­licher Trans­fer­leis­tungen auch nicht-arbei­tende Kon­su­menten. Dies sti­mu­liert die vom Staat bzw. der All­ge­meinheit finan­zierte Kauf­kraft, weshalb die Bin­nen­nach­frage anhalten wird. Auch die staat­liche Nach­frage hält an, aber die Bau­wirt­schaft ist voll aus­ge­lastet und kann kaum noch mehr zum BIP bei­tragen. Erfor­der­liche Inves­ti­tionen auf Halde können nicht umge­setzt werden, allen­falls von aus­län­di­schen Auftragnehmern.
Der Einsatz von bis­he­rigen Arbeits­losen und neu „rekru­tierter“ Migranten ist erfah­rungs­gemäß mit Anlauf­pro­blemen behaftet; sie sind nicht so pro­duktiv wie die schon lange bei uns Arbei­tenden. Das hat und wird die Wett­be­werbs­fä­higkeit der Betriebe belasten – bei den öffent­lichen Ver­wal­tungen fällt das weniger auf, sie sind angeblich nicht kon­kurs­fähig. Eine sin­kende Leis­tungs­kraft der Wirt­schaft führt zu einer Schwä­chung des Wirt­schafts­stand­ortes Deutschland, was sich bereits im abneh­menden Außen­han­dels­über­schuss nie­der­schlägt. In den letzten drei Jahren stiegen die Importe von Waren – nicht nur von Men­schen. So viel nach­ge­fragte „halal“-Lebensmittel können national nicht pro­du­ziert werden. Der Terms of Trade (Exporte im Ver­hältnis zu den Importen) sinkt seit 2016 wieder.
Die Ent­wicklung der Auto­mo­bil­in­dustrie ist schwer abzu­schätzen. Deren Per­spektive hängt stark von den Launen des Gesetz­gebers ab, ins­be­sondere von der Brüs­seler EU-Büro­kratie, aller­dings auch davon, ob die DUH (sog. Deut­schen Umwelt­hilfe) wei­terhin Städte auf Diesel-Fahr­verbote ver­klagen darf. Werden durch Fahr­verbote und ver­fügter Still­le­gungen von Fahr­zeugen Ver­mö­gens­werte ver­nichtet, führt das zu einer wei­teren „Belebung“ der Auto­in­dustrie, aber zum Erkranken anderer Wirt­schafts­be­reiche. Ein Pri­vat­haushalt, der vor­zeitig eine neue Karosse kaufen muss, dem fehlt das Geld für alles Mög­liche, z.B. für ein E‑Bike, gesündere regionale Lebens­mittel, die Schul­aus­stattung für Kinder, den Kauf öko­lo­gisch ver­tret­barer Kleidung usw. Diese Branchen hätten das Nachsehen.
Die Spar­quote von rund zehn Prozent im letzten Jahr dürfte 2019 leicht sinken. Gemäß der Formel S = I sinkt damit auch der gesamt­wirt­schaft­liche Spielraum für Inves­tition, der Grundlage für die künftige Ent­wicklung. Die Bei­be­haltung des Inves­ti­ti­ons­ni­veaus würde eine höhere Ver­schuldung der Haus­halte zur Folge haben.
Und der große Hoff­nungs­träger Digi­ta­li­sierung? Das von Destatis erhoffte „große Potenzial für die Stei­gerung der Arbeits­pro­duk­ti­vität durch den digi­talen Wandel und Industrie 4.0“ sehe ich anders, aber nicht nur ich. Robert Solow stellte 2013 fest, „Das Com­pu­ter­zeit­alter hat überall Spuren hin­ter­lassen – außer in der Pro­duk­ti­vi­täts­sta­tistik“. Trotz dieses Solow­schen Pro­duk­ti­vi­täts­pa­ra­doxon sieht die Politik das Heil in der Digi­ta­li­sierung, auch der Schulen. Dieses Inves­ti­ti­ons­pro­gramm wird die Her­steller und Schüler freuen. Die dringend nötige Bil­dungs­of­fensive sollte einen anderen Schwer­punkt haben.
Fazit des Autors: Die beharr­liche Migra­ti­ons­of­fensive der Bun­des­re­gierung ist öko­no­misch kon­tra­pro­duktiv, weil die Erwerbs­quote der Migranten unter der uns­rigen liegen wird. Die Digi­ta­li­sie­rungs­eu­phorie wird nicht halten, was sie ver­spricht. In Japan zeichnet sich schon eine Kor­rektur ab. Rege­ne­rative Energie ist gut, aber der Kahl­schlag bewährter Tech­niken im Ener­gie­sektor zugunsten sogar unwirt­schaft­licher Alter­na­tiven wird uns teuer zu stehen kommen und dem Standort Deutschland schaden. Die guten Jahre unseres Landes scheinen zu Ende zu gehen – hof­fentlich ist auch die Zeit dieser Regierung bald abgelaufen!


Autor Albrecht Künstle ist kein aus­ge­wie­sener Volkswirt, seine Kennt­nisse beruhen auf seiner Erwerbs­bio­graphie. Nach kurzen Anfangs­jahren einer tech­ni­schen Aus­bildung wurde er nach wenigen Jahren Betriebs­rats­vor­sit­zender und Vor­sit­zender des Wirt­schafts­aus­schusses eines mit­tel­stän­di­schen Unter­nehmens. Deshalb erwarb er betriebs- und volks­wirt­schaft­liche Grund­lagen, die er noch heute pflegt und fort­ent­wi­ckelt. Ins­be­sondere die Euro-bedingten Ver­wer­fungen in Europa bereiten ihm Sorgen.