"Nazis raus", "Vielfalt" und andere Kampfbegriffe ersetzen die Argumente auf der linken Seite - By Marco Verch - Say no to racism. Say yes to cultural diversity. #refugeeswelcome #nazisraus #berlikte #thisiscologne #koellelive #nopegida, CC BY 2.0, Link

Öster­reich: Die rechts-radikale ras­sis­tische Republik?

Aus der aktu­ellen Antwort des Innen­mi­nis­te­riums auf eine par­la­men­ta­rische Anfrage der Grünen im Bun­desrat geht hervor, dass im Jahr 2018 exakt 1.075 Tat­hand­lungen poli­zeilich erfasst wurden, die ent­weder als rechts­extrem, ras­sis­tisch, frem­den­feindlich, isla­mophob oder anti­se­mi­tisch qua­li­fi­ziert wurden. Wie diese Tat­hand­lungen juris­tisch genau defi­niert werden, lässt sich dem Bericht leider nicht entnehmen.
(Von Dr. Marcus Franz)
Viele Zahlen, wider­sprüch­liche Informationen
Um die Zahlen ein wenig zu kon­kre­ti­sieren: Wir lesen in dem offi­zi­ellen Text des Minis­te­riums z.B. von 22 isla­mo­phoben Tat­hand­lungen im gesamten Jahr 2018. Weiters gab es in ganz Öster­reich im selben Jahr 732 rechts­extreme Tat­hand­lungen (auch hier fehlt in der Sta­tistik die Defi­nition, was genau “rechts­extrem” als poli­zeilich erfassbare Tat­handlung bedeutet oder was exakt mit der Zuschreibung “isla­mophob” für die genannten 22 poli­zei­be­kannten Hand­lungen gemeint ist). Nach dem NS-Ver­bots­gesetz wurden im selben Jahr übrigens 877 Leute ange­zeigt. Bei dieser Zahl herrscht zumindest Klarheit, denn was Wie­der­be­tä­tigung ist und dass die­selbe eine strafbar Tat dar­stellt, gehört zum All­ge­mein­wissen. Ins­gesamt ist die Anfra­ge­be­ant­wortung aber leider nur wenig auf­schluss­reich und teils auch wider­sprüchlich, was die Zahlen der Anzeigen und Delikte betrifft.

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Der gesetzlich zur objek­tiven Bericht­erstattung ver­pflichtete ORF hat daraus jeden­falls eine eini­ger­maßen ten­den­ziöse Story gemacht und die Daten unter dem Titel “Zahl ange­zeigter rechts­extremer Straf­taten leicht gestiegen”  ver­öf­fent­licht. Die genannte Stei­gerung gilt aber nur im Ver­gleich zum Jahr 2017, denn 2016 gab es deutlich mehr Anzeigen als 2018 — nämlich 1.867. Der ORF nimmt auch kei­nerlei Bezug auf die nach seriöser Inter­pre­tation und objek­tiver Erklärung förmlich schrei­enden Zahlen, sondern meldet die Anfra­ge­be­ant­wortung offen­sichtlich nur mit dem Ziel, Stimmung zu erzeugen — wenigstens lässt dies der zitierte Titel der kurzen Story vermuten.
Schrecken von Rechts?
Man muss sich ange­sichts der gewal­tigen und nahezu jeden Bereich domi­nie­renden medialen Präsenz, welche die Schre­ckens­be­richte und angst­lüs­ternen Kom­mentare über “das Rechte” an sich und spe­ziell über “das Rechts­extreme” derzeit erfahren, schön langsam fragen, ob hier nicht ein rie­siger Popanz auf­gebaut wird, um die Öffent­lichkeit ent­spre­chend zu beein­flussen. Jeder normale Zei­tungs­leser und Medi­en­kon­sument muss ja zwangs­läufig schon den Ein­druck bekommen, wir leben in einer Republik der rechts­ra­di­kalen Ras­sisten und man ist sich seiner Existenz hier nicht mehr sicher, weil sich überall schon die Wie­der­gänger der grö­lenden SA-Horden start­bereit machen, um das Land neu­erlich in ihren Angst und Schrecken ver­brei­tenden Besitz zu nehmen.
Kein Nazi-Land
Öster­reich ist bekann­ter­maßen struk­turell eher kon­ser­vativ und die Mehrheit ist Mitte-rechts ori­en­tiert — aber wir sind defi­nitiv kein Nazi-Land und alles andere als eine Republik der rechten Ras­sisten, das beweist die inter­na­tional bekannte Hilfs­be­reit­schaft und die sprich­wört­liche Gut­mü­tigkeit der Öster­reicher täglich aufs Neue.
Wenn wir schon bei der Kri­mi­nal­sta­tistik und den nüch­ternen Zahlen bleiben und uns damit selber schlecht­reden wollen, dann sind wir eher eine Nation der Fahr­rad­diebe als eine der Rechts­extremen: Im Jahr 2017 wurden 25.000 Fahr­rad­dieb­stähle ange­zeigt, aber nur ca. 1.600 rechts­extreme Taten. Anders gesagt, jeder 320. Ein­wohner ist ver­dächtig, ein Rad gestohlen zu haben, aber nur jeder 5.000. Öster­reicher gerät unter den Ver­dacht, rechts­extreme Hand­lungen zu setzen.
Freilich, das sind nur Zah­len­spie­le­reien. Und mit Sta­tis­tiken kann man jedes Phä­nomen in jede gewünschte Richtung rücken, wenn man seine eigene Ideo­logie über die gebotene Sach­lichkeit stellt. Damit sind wir beim Punkt: Was wir ange­sichts der auf­ge­heizten Debatte zwi­schen der nur noch mit der Nazi­keule agie­renden, aber ansonsten völlig abge­mel­deten und intel­lek­tuell schwachen Linken und der in jeder Hin­sicht stark gewor­denen Rechten brauchen, ist ein ratio­naler Zugang zu den tat­säch­lichen Gefahren, die von allen poli­ti­schen Extre­mismen ausgehen.
Es ist für die Sicherheit und die Freiheit der Bürger nämlich völlig egal, ob diese Gefahren einen ideo­lo­gi­schen, einen links- oder rechts­extremen oder einen religiös moti­vierten Hin­ter­grund haben, man muss diese Gefahren seitens der Exe­kutive und der Judi­katur mit geeig­neten Mitteln quan­ti­fi­zieren und qua­li­fi­zieren und danach auf der Basis der bestehenden Gesetze gegen die Gefährder und Täter rigoros vorgehen.
 

Dr. Marcus Franz — www.thedailyfranz.at