Wohnungsgesellschaften droht die Enteignung. Nach der gescheiterten „Mietpreisbremse“ treibt die Politik eine neue Sau durchs Dorf. Besser gesagt, durch Deutschlands Städte. Und sie hat leichtes Spiel bei einer Bevölkerung, die nach jahrelanger Indoktrinierung den Sozialismus für die Lösung aller Probleme hält. Kaum jemand scheint Notiz davon zu nehmen, dass die Menschen überall dort, wo sozialistische Regime die Oberhand haben, in Not und Armut leben. Offenbar ist auch bereits in Vergessenheit geraten, welche Entbehrungen die Familien im Osten Deutschlands 40 Jahre lang ertragen mussten und in welch jämmerlichem Zustand sich die Wirtschaft der DDR am Ende ihres Zusammenbruchs befand. Von den Begleiterscheinungen sozialistischer Systeme, die immer auch Unrechtsstaaten sind, weil sie nur mit Unterdrückung, Zensur und Denunziation funktionieren, ganz zu schweigen. Am Samstag gingen nun Zehntausende auf die Straße, um gegen steigende Mieten zu protestieren. Allein in Berlin sollen es weit mehr als 10.000 Menschen gewesen sein. Sie forderten die Verstaatlichung großer Immobiliengesellschaften, die sie als Schuldige für immer weiter in die Höhe strebende Mietpreise ausgemacht haben. Aber nicht nur in Deutschland wurde demonstriert, sondern auch in einer Reihe europäischer Hauptstädte. Die auffällig abgestimmt wirkende Aktion erinnert an zahlreiche andere Kampagnen, bei denen europaweit vernetzte Organisationen gemeinsam mit ihrem in die Parlamente reichenden politischen Arm das Ziel verfolgen, die Gesellschaft im Sinne der linken und grünen Doktrin umzubauen.
Statt sich über die Politik zu empören, wird für die immer weiter steigenden Mieten ausschließlich die Gier der Vermieter verantwortlich gemacht
In Deutschland ist eine deutliche Mehrheit der Bürger ausgesprochen empfänglich für die links-grüne Agitation. Erst recht seit der Finanzkrise. Längst werden Liberalismus und Kapitalismus nur noch als Schimpfwörter verwendet. Ein Staat, der den Umfang der selbst zu treffenden Entscheidungen auf ein Minimum reduziert, ist den meisten heute lieber als Freiheit und Eigenverantwortung. Der deutsche Michel scheint sich geradezu ein Grundrecht auf staatliche Betreuung zu wünschen. Und eines auf billiges Wohnen mit erstklassiger Anbindung an die örtliche Infrastruktur sowieso. Gerne mag sich mancher da an das „Schlaraffenland“ jenseits der deutsch-deutschen Grenze erinnern, in dem Mieter gerade mal eine Ostmark pro Quadratmeter auf den Tisch legen mussten. Dass dafür nicht mehr drin war als das Hochhaus in der Plattenbausiedlung, scheinen die Sozialismus-Romantiker vergessen zu haben. Aber nicht nur das: Für die immer weiter steigenden Mieten wird ausschließlich die Gier der Vermieter verantwortlich gemacht. Niemand scheint hingegen ein Problem damit zu haben, großen Konsumgüterkonzernen überteuerte Luxusartikel abzukaufen, absurd hohe Kosten für Handyverträge zu akzeptieren oder sich mit Hunderten von Euro im Monat sein gutes Gewissen von einer Wucher treibenden Umwelt- und Energiemafia zu erkaufen. Es ist unfair, Immobiliengesellschaften das Recht abzusprechen, über die Deckung der Kosten hinaus eine Rendite für das unternehmerische Risiko zu erwirtschaften. Dabei ist es nicht zuletzt die Politik, die das Wohnen stetig verteuert. Sie nimmt den Menschen auch immer mehr weg, weswegen viele überhaupt erst in prekäre Lebenslagen geraten.
Marktwirtschaftliche Gesetze interessieren die Enteignungsdemonstranten nur, wenn sie ihr eigenes altes Klappfahrrad auf Ebay verkaufen wollen
All das wollen die Demonstranten aber nicht hören. Auch nicht, dass es in erster Linie die Europäische Zentralbank ist, die mit einer irren Geldpolitik seit Jahren für exorbitant steigende Immobilienpreise und damit einhergehend für immer höhere Mieten sorgt, weil festverzinsliche Geldanlagen kaum noch etwas bringen, ohne dass Anleger unverhältnismäßige Risiken eingehen. Zur Wahrheit gehört auch, dass die millionenfache Zuwanderung an den Mietpreisen natürlich nicht spurlos vorübergeht. Doch marktwirtschaftliche Gesetze interessieren die Enteignungsdemonstranten nur, wenn sie ihr eigenes altes Klappfahrrad meistbietend auf Ebay verkaufen wollen. Nun haben sie prominente Unterstützung erhalten: Grünen-Chef Robert Habeck sprach sich am Wochenende offen für Enteignungen aus, um Mietpreissteigerungen zu begegnen. Dies zeugt nicht nur von jeder Menge fehlendem Sachverstand, sondern auch von einer gehörigen Portion Unverschämtheit: Ausgerechnet die grünen Umerzieher, denen wir einen Großteil der Verteuerung des Wohnens zu verdanken haben, spielen sich nun mit radikalen Vorschlägen als Retter auf. Es ist dasselbe Muster, das wir aus der Umwelt‑, Energie- und Verkehrspolitik kennen. Doch statt sich zu wehren, hüpft der deutsche Michel vor Begeisterung. Er ist selbst nach zwei Jahrzehnten grüner Gängelung entweder zu dumm, die Masche zu durchschauen, oder er bekommt tatsächlich nicht genug vom grünen Rausch des Verbietens, Verstaatlichens und Verteuerns. In beiden Fällen ist der Befund der gleiche: Nirgendwo fallen totalitäre Ideologien auf so fruchtbaren Boden wie hierzulande. Die Grünen haben daraus ein Geschäftsmodell gemacht.
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