Der brutale, heimtückische Mord an dem achtjährigen Jungen, dem versuchten Mord an seiner Mutter sowie auch noch an einer dritten Person am Frankfurter Hauptbahnhof hat das Land zutiefst erschüttert. Seit 2015 häufen sich solche in dieser Form früher völlig ungewöhnlichen Gewaltverbrechen in sehr auffälliger Weise. Doch ist Vorsicht vor voreiligen Schlüssen geboten, ehe der Fall genau aufgeklärt ist. Und inzwischen gibt es einige neue Erkenntnisse sowohl zum Tatgeschehen selbst als auch zum festgenommenen mutmaßlichen Mörder.
Der Mörder versuchte auch noch, eine 78-jährige Frau auf die Gleise zu stoßen
Zunächst gibt es immer mehr Details zum Tathergeschehen selbst. So hat ein Zeuge namens Pablo Rodriguez Campos gegenüber der Frankfurter Neuen Presse folgendes berichtet: Er sei genau in dem Moment, als der ICE in den Bahnhof einfuhr, unweit entfernt in der Mannheimer Landstraße vorbeigelaufen:
„Aber von da konnte ich alles sehen, wie der ICE einfährt und wie plötzlich die Leute losschrien. Es waren Horrorschreie. Und dann sah ich, wie der Täter weglief, und mehrere Leute rannten ihm hinterher. Andere schauten nach unten auf die Gleise. Ich wusste sofort, da muss etwas Schreckliches passiert sein und der Mann etwas sehr schlimmes getan haben.“
Der Zeuge sah dann auch den Rettungswagen und Notarzt-Wagen kommen. Erst in den Nachrichten erfährt er aber, was eigentlich genau passiert war.
„Ich bin sehr schockiert, dass dieser Mann ein achtjähriges Kind einfach so auf die Gleise geschubst hat. Wie kann man so etwas bloß tun? Ich wollte erstmal alleine sein. Ich muss das verarbeiten. Ich muss noch fürs Studium lernen, aber ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Ich bekomme diese Schreie einfach nicht mehr aus meinem Kopf. Und ich muss dauernd denken, dass, wenn ich in Zukunft an einem Gleis stehen werde, mich jetzt immer umdrehen werde, dass keiner hinter mir steht und auch mich versucht, aufs Gleis zu schubsen.“
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt äußerte sich am Dienstagvormittag auf einer Pressekonferenz auch ausführlicher zu der dritten Person, die der Täter ebenfalls aufs Gleis stoßen wollte. Bei diesem beinahe dritten Opfer soll es sich um eine 78-jährige Frau handeln, die sich zum Glück losreißen konnte. Auch sie erlitt einen Schock und verletzte sich bei dem Angriff an der Schulter.
Beim Tatverdächtigen handelt es sich um einen Eritreer, der schon seit 2006 in der Schweiz lebte
er auf eine angrenzende Straße. Doch der Mann kam nicht weit, denn, wie eine Polizeisprecherin sagt: „Passanten rannten dem fliehenden Mann hinterher“, unter anderem von einem Polizeibeamten, der privat und in zivil unterwegs war. Zwei Straßen weiter konnte er dann von mehreren Personen überwältigt und festgehalten werden, bis er dann von der Polizei festgenommen werden konnte. Und inzwischen liegen auch weitere Informationen zu dem Festgenommenen vor.
Der mutmaßliche Mörder vom Frankfurter Hauptbahnhof hat bis zuletzt im Kanton Zürich in der Schweiz gelebt. Wie die Schweizer Polizei am Dienstag via Twitter mitteilte, war der Afrikaner mit eritreischer Staatsbürgerschaft, der auch in Eritrea geboren worden sein soll, im Besitz einer sogenannten Niederlassungsbewilligung. Diese wird Ausländern in der Schweiz nach einem Aufenthalt von fünf oder zehn Jahren im Land ausgestellt. Niedergelassene haben damit laut dem Staatssekretariat für Migration ein unbeschränktes Aufenthaltsrecht.
Laut Berliner Morgenpost lebte der Eritreer schon seit 2006 in der Schweiz.
Der mutmaßliche Mörder ist verheiratet, hat drei Kinder und hielt sich wahrscheinlich unerlaubt im Bundesgebiet auf
Er soll verheiratet sein und drei Kinder haben. (Der mutmaßliche Mörder von Voerde, vermutlich ein Roma mit serbischer Staatsangehörigkeit, der schon in Deutschland geboren wurde und hier aufwuchs, soll sogar neun Kinder haben.) Zu den Vorwürfen schweige der Eritreer bislang. Die drei Opfer soll er nach ersten Ermittlungen nicht gekannt haben.
Nach SPIEGEL-Informationen soll er sich unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten haben. Weiteren Berichten und auch den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge, sei der mutmaßliche Täter nach eigenen Angaben erst vor wenigen Tagen von Basel nach Frankfurt gekommen. Warum er nach Frankfurt gekommen ist und was er in den Tagen zwischen Anreise und Tat gemacht habe, sei noch unklar. Auch stünde noch nicht fest, ob er die Tat langfristig geplant hatte oder nicht.
Aktuell könne man nicht ausschließen, dass der Mann eine psychische Erkrankung habe, so Oberstaatsanwältin Niesen weiter. Es gebe allerdings keinerlei Anhaltspunkte, dass der Eritreer unter dem Einfluss von Drogen oder Alkohol gestanden habe. Ein Alkohol-Atemtest hatte 0,0 Promille ergeben.
Zum Tatmotiv haben die Ermittler nach eigenen Angaben noch keine Erkenntnisse. Der festgenommene 40 Jahre alte Tatverdächtige habe bislang keine Einlassungen gemacht, sagte eine Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft am Dienstag. Er soll im Laufe des Tages dem Haftrichter vorgeführt werden.
Oberstaatsanwältin Nadja Niesen berichtete unter anderem auch, wie es der Mutter des ermordeten Jungen geht. Die 40-jährige Frau habe einen schweren Schock erlitten. Wie es dem Lokführer geht, der den ICE in den Frankfurter Hauptbahnhof gelenkt hatte, ist bislang nicht bekannt.
Statement der Frankfurter Staatsanwaltschaft zum mutmaßlichen Täter
Jürgen Fritz — Erstveröffentlichung auf dem Blog des Autors www.juergenfritz.com
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