Foto: Fahne von Russland, über dts Nachrichtenagentur

Waf­fenfund in Italien: In den Mel­dungen der deut­schen Medien ist nicht ein ein­ziges Wort wahr

Ein besonders krasses Bei­spiel für Fake News haben uns die west­lichen Medien vor zwei Tagen geliefert und ich habe extra erst einmal nichts darüber geschrieben gewartet, ob sie es kor­ri­gieren. Natürlich haben sie es nicht getan.
Vor zwei Tagen gab es die Meldung, in Italien sei bei Neo­nazis, die die Sepa­ra­tisten in der Ukraine unter­stützen, ein Waf­fen­lager aus­ge­hoben worden. Neben Nazi-Sym­bolen und vielen Waffen wurde auch eine Luft-Luft-Rakete gefunden, die angeblich für die Rebellen im Osten der Ukraine bestimmt gewesen sei.
Schon bevor ich die Meldung über­prüft habe, war mir klar, dass das eine Falsch­meldung ist. Darauf kann jeder ganz von selbst kommen, wenn er ein wenig nach­denkt. Erstens haben die Rebellen keine Flug­zeuge, daher können sie mit einer Luft-Luft-Rakete nichts anfangen. Zweitens sind die Rebellen im Osten der Ukraine alles mög­liche, aber ganz sicher keine Nazis, im Gegenteil. Nazis gibt es zwar in der Ukraine, aber die sitzen in Kiew und in den Reihen der soge­nannten „Frei­wil­li­gen­ba­taillone“. Dort kann man immer wieder ganz offen Nazi-Symbole sehen, was der Bild-Redakteur Julian Röpcke übrigens als „Humor“ bezeichnet.
Es war also klar, dass an der Meldung einiges nicht stimmen konnte.
Trotzdem kann man im Spiegel lesen:

„Bei einer Razzia im rechts­extremen Milieu hat die ita­lie­nische Polizei zahl­reiche Kriegs­waffen beschlag­nahmt – dar­unter eine drei­einhalb Meter lange Rakete. Sie sei ukrai­ni­schen Sepa­ra­tisten zum Verkauf ange­boten worden.“

Und in der Welt heißt es:

„Der Einsatz richtete sich demnach gegen rechts­extreme Ita­liener, die ver­dächtigt werden, in der Ost­ukraine auf Seite pro-rus­si­scher Rebellen gekämpft zu haben.“

Im Focus sogar wort­wörtlich das gleiche (so arbeiten die „Qua­li­täts­jour­na­listen“ in Deutschland, einfach copy/paste):

„Der Einsatz richtete sich demnach gegen rechts­extreme Ita­liener, die ver­dächtigt werden, in der Ost­ukraine auf Seite pro-rus­si­scher Rebellen gekämpft zu haben.“

Und so weiter, das gleiche konnte man auch bei CNN, BBC etc. lesen.
Und das, obwohl der Poli­zei­be­richt aus­drücklich das Gegenteil sagte: Dort war die Rede von „Ultra­rechten„, die in „der ukrai­ni­schen Region Donbass gegen die Unab­hän­gig­keits­be­für­worter“ gekämpft haben. Aber die deut­schen Medien haben es bis heute nicht für nötig gehalten, die Meldung zu ändern.
Sie konnten sich zunächst ja noch darauf berufen, dass sie die Falsch­meldung von der dpa bekommen haben, aber dort wurde es längst kor­ri­giert. Aber das erfahren die Leser der deut­schen Main­stream-Medien nicht.

Noch inter­es­santer wird es, wenn man sich die Erklärung des ita­lie­ni­schen Innen­mi­nisters Salvini dazu anhört, über die in Deutschland erst gar nicht berichtet wurde. Salvini erklärte, die Polizei sei der Spur unter anderem deshalb nach­ge­gangen, weil die Gruppe ein Attentat auf ihn geplant hätte. Bei dem Einsatz gegen die poten­zi­ellen Atten­täter sei dann das Waf­fen­lager gefunden worden. Im Gegensatz zu den deut­schen Medien hat zum Bei­spiel das rus­sische Fern­sehen darüber berichtet und auch den Auf­tritt von Salvini gezeigt, bei dem er diese Erklärung abge­geben hat.
Salvini ist bekannt dafür, dass er sich für eine Auf­hebung der anti-rus­si­schen Sank­tionen und für ein bes­seres Ver­hältnis zu Russland ein­setzt. Hätten die Medien also die ganze Geschichte berichtet, hätte sich jeder Leser gefragt, warum pro-rus­sische Kräfte ein Attentat auf Salvini planen sollten. Aber zu berichten, dass Neo­nazis die angeblich so demo­kra­tische Ukraine unter­stützen und ein Attentat auf Salvini geplant haben, geht für die deut­schen Medien auch nicht. Das würde ja die offi­zielle Linie, die Ukraine sei demo­kra­tisch, stören und zu allem Über­fluss auch noch Sym­pa­thien für Salvini wecken, den die Medien ständig als den bösen Buhmann aus Italien dar­stellen wollen.
Also lügen die deut­schen Medien eben über den Waf­fenfund und seine Hin­ter­gründe. Und die Atten­tats­pläne gegen Salvini lassen sie gleich ganz weg.
So funk­tio­niert „Qua­li­täts­jour­na­lismus“ in Deutschland!
Der Voll­stän­digkeit halber sei hin­zu­gefügt, dass die Polizei einen Tag später ihre Meldung ver­än­derte und dort nur noch zu lesen stand, die Täter hätten in der Ost­ukraine gekämpft. Auf welcher Seite wird nicht mehr erwähnt.
Das ist um so merk­wür­diger, weil die ita­lie­nische Nach­rich­ten­agentur ANSA unter Berufung auf Quellen bei der Polizei meldet, die Ver­haf­teten stünden dem Asov-Regiment der ukrai­ni­schen Natio­nal­garde nahe, das mit sehr mas­siven Kriegs­ver­brechen in Ver­bindung gebracht wird. Außerdem berichtet ANSA aus­führlich über die Atten­tats­pläne gegen Salvini.
 


Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“