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Kobold oder Kobalt ist doch völlig egal, unsere Wähler inter­es­siert das eh nicht

Wie keine zweite Partei stehen die Grünen für Vielfalt, Offenheit, Dialog und das täg­liche Neu­aus­handeln des gesell­schaft­lichen Mit­ein­anders. Da war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis sich jemand aus der Partei auch zu einem Interview mit “Jürgen Fritz Blog” bereit erklärt, was uns natürlich sehr freut. Wobei sich am Ende her­aus­stellte … Nun ja, lesen Sie selbst. Axel Stöcker sprach für “Jürgen Fritz Blog” mit Annalena Baerbock.

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Es geht auch ohne Studium, sieht man doch an Katrin
JFB: Frau Baerbock, vor zwei Jahren zogen die Grünen als kleinste von sechs Par­teien in den Bun­destag ein. Nun liegen sie in den Umfragen auf Platz zwei, knapp hinter der Union, die sie zeit­weilig sogar hinter sich gelassen hatten. Was ist das Erfolgs­rezept der Grünen?
AB: Ich denke, dass die Men­schen es schätzen, wenn man ihnen reinen Wein ein­schenkt. Wir sind immer offen und ehrlich, was die Pro­bleme und unsere Lösungs­vor­schläge angeht. Wir wollen saubere Luft in den Städten, also brauchen wir Die­sel­fahr­verbote. Wir wollen weniger CO2 aus­stoßen, also müssen wir weniger Fleisch essen. Da ist nicht unbe­dingt populär, aber wenn man es den Men­schen erklärt, machen sie das auch.
JFB: Aber liegt es nicht auch am Per­sonal? Sie selbst wurden zusammen mit Robert Habeck zur Par­tei­vor­sit­zenden gewählt. Seither geht es – mit einigen Schwan­kungen – in den Umfragen nur noch bergauf.
AB: Sagen wir, ich ver­suche meinen Teil beizutragen.
JFB: Immerhin haben Sie im Gegensatz zu Katrin Göhring-Eck­hardt und Claudia Roth ein abge­schlos­senes Studium vorzuweisen.
AB: Das ist richtig. Aber das sollte man nicht so hoch hängen. Auch wer kein Studium hat, kann intel­li­gente Dinge äußern, die die Gesell­schaft vor­an­bringen. Denken Sie nur an Katrin. Als sich 2015 bei der soge­nannten Flücht­lings­krise her­aus­stellte, dass doch nicht nur Zahn­ärzte und Inge­nieure kamen, hat sie als erste erkannt, dass wir ja auch Leute brauchen, die sich in unseren Sozi­al­sys­temen wohl­fühlen. Ich meine, da muss man ja auch erst einmal drauf kommen…
JFBJa, in der Tat. Da wäre unsereins …
AB: …eben! Und das ohne Studium. Und außerdem können auch Stu­dierte Unsinn reden.
Kobold oder Kobalt ist doch völlig egal, wo ist der Unter­schied? Zwei Buchstaben!
JFBDas stimmt. Da haben Sie ja auch den einen oder anderen Baerbock geschossen, wie es in der Presse hieß. Bei Maybrit Illner haben Sie Tonnen mit Giga­tonnen ver­wechselt und damit die CO2-Emission eines durch­schnitt­lichen Deut­schen mal eben um den Faktor eine Mil­liarde vergrößert.
AB (lacht): Ach ja, wissen Sie, auf ein paar Nullen mehr oder weniger kommt es nicht so an. Da halte ich es wie Mario Draghi. Wir müssen den CO2-Ausstoß drosseln, egal wie hoch er ist. Wha­tever it takes!
JFBIm ARD-Som­mer­in­terview sagten Sie, die Bat­terien von E‑Autos ent­hielten „Kobold“ statt Kobalt (hier ab 10:00).
Fantasie, Zwerge, Diebe, Kaffee, Mühlen, Kerzen, Kobold

                                                    Kobolde, Pixabay, CC0 Public Domain

Was hatte es damit auf sich? War das ein ver­steckter Hinweis, dass die Grünen eben noch immer im mythi­schen Weltbild ver­haftet sind und das so auch gut sei?

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                                                                                                Noch ein Kobold

AB: Naja, aber das ist ja jetzt wirklich kleinlich. Ich meine, Kobold oder Kobalt, das sind ja gerade mal zwei Buch­staben Unter­schied. Solche Fein­heiten inter­es­sieren unsere Wähler doch nun wirklich nicht. Und mythi­sches Weltbild? Was ist das? Nö, wir haben ein öko­lo­gi­sches Weltbild.

                                                                     File:Skuttérudite.jpg

                                              Kobalt, Didier Des­couens [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)%5D

JFB: Nun gut, bleiben wir also bei Öko­logie, zum Bei­spiel beim Thema E‑Mobilität. Bei den Bat­terien gibt es ja noch mehr kri­tische Punkte…
AB: Ja, ich weiß. Man braucht dafür auch jede Menge Lecithin!
JFB: Sie meinen Lithium?
AB: Ja, genau!
Bür­ger­meis­te­rinnen, Bür­ger­meister, Bür­ger­in­nen­meis­te­rinnen und Bürgerinnenmeister
JFBEben. Beim Lithi­um­abbau in Süd­amerika werden enorme Mengen Grund­wasser ver­braucht und der Lebensraum indi­gener Völker wird zer­stört. Können Sie das mora­lisch vor den Men­schen in Süd­amerika, vor hun­derten Mil­lionen Süd­ame­ri­kanern verantworten?
AB: Nun kommen Sie mir mal nicht mit völ­ki­schen Argu­menten! Damit leisten Sie nur dem Rechts­po­pu­lismus Vor­schub. Außerdem bitte keinen Sexismus! Es heißt nicht „vor  Süd­ame­ri­kanern“, sondern „vor Süd­ame­ri­ka­ne­rinnen und Süd­ame­ri­kanern“. Und im Übrigen: Was Moral ist, ent­scheiden immer noch wir als grüne Partei. Wer hat denn all die Skandale der anderen aufgedeckt?
JFB: Es gibt aber noch weitere Pro­bleme mit der E‑Mobilität. Zum Bei­spiel kann die Wind­energie aus dem Norden nicht in den Süden trans­por­tiert werden, weil der Bau von Strom­trassen immer wieder an Bür­ger­be­gehren scheitert. Was wollen Sie dagegen unternehmen?
AB: Ja, das ist richtig. Deshalb ist es wichtig, dass wir als Grüne auch lokal gut ver­ankert sind. Dann können wir in den Gemeinden den Weg frei­machen für kli­ma­neu­trale Energie und eben auch für Strom­trassen. Wir brauchen unbe­dingt mehr grüne Bür­ger­meis­te­rinnen und Bür­ger­meister, die dann vor Ort…
JFB…und Bür­ger­in­nen­meister?
AB: Bitte?
JFB: Die Bür­ger­meis­te­rinnen und Bür­ger­meister stehen ja nicht nur den Bürgern vor, sondern auch den Bür­ge­rinnen. Deshalb: Bürgerinnenmeister.
AB: Ja, da haben Sie natürlich Recht. Wir brauchen also mehr grüne Bür­ger­meis­te­rinnen, Bür­ger­meister und Bür­ger­in­nen­meister, die dann…
JFB…und Bür­ger­in­nen­meis­te­rinnen! Ich meine, es kann ja wohl nicht sein, dass Bür­ge­rinnen nur von männ­lichen Bür­ger­in­nen­meistern ver­treten werden.
AB: Aber hallo! Auf gar keinen Fall! Also mehr Bür­ger­meis­te­rinnen, Bür­ger­meister, Bür­ger­in­nen­meister und Bür­ger­in­nen­meis­te­rinnen, die dann…
JFBMüssten die Bür­ger­in­nen­meis­te­rinnen nicht als erstes genannt werden, vor den Bür­ger­meis­te­rinnen und den Bürgerinnenmeistern?
AB: Ja, haben Sie auch wieder Recht. Also wir brauchen mehr Bür­ger­in­nen­meis­te­rinnen und Bür­ger­in­nen­meister, mehr Bür­ger­meis­te­rinnen und Bür­ger­meister, die dann … Wie war nochmal Ihre Frage?
Im Osten müssen wir mehr mit den Leuten ins Gespräch kommen, des­wegen haben wir auch die Podi­ums­dis­kussion in Chemnitz verhindert
JFB: Egal. Ich wollte Sie eigentlich noch zu Bür­ger­meis­ter­helfern fragen, aber die Zeit haben wir nicht. Das Wesent­liche ist klar geworden, denke ich. Reden wir über die lau­fenden Wahl­kämpfe in Bran­denburg und Sachsen. Wie läuft es? Wie ist die Stimmung an der Basis?
AB: Die Stimmung ist gut. Wir nehmen auch im Osten zu, wenn auch lang­samer. Das Umfeld ist anders als im Westen. Man muss hier noch mehr klare Kante gegen rechts zeigen. Und es ist noch wich­tiger, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Das tun wir auch. Erst kürzlich haben wir deshalb eine Podi­ums­dis­kussion beim MDR zu den Vor­fällen in Chemnitz vor einem Jahr ver­hindert.
JFB: Vor­bildlich! Und wie läuft die poli­tische Aus­ein­an­der­setzung mit den poli­ti­schen Konkurrenten?
AB: Ins­gesamt sehr fair und kon­struktiv, weil die anderen uns ja alle Recht geben. Ich meine das Klima muss nun mal gerettet werden! Mit Aus­nahme der AfD natürlich. Diese Partei trägt einen Ton in die Debatte, der nur schwer zu ertragen ist.
JFB: Die AfD beklagt aller­dings ihrer­seits manchmal den Ton anderer Par­teien oder der Median. Frau Weidel musste sich zum Bei­spiel vor einiger Zeit als „Nazi-Schlampe“ bezeichnen lassen.
AB: Ja, das ist natürlich ganz typisch, dass sich die AfD hier in die Opfer­rolle begibt. Ich meine, ganz abge­sehen davon, dass ich per­sönlich die Bezeichnung gar nicht so unpassend finde, muss man ja dazu­sagen, dass der Begriff in einer Sati­re­sendung fiel. Und da ist dann die Freiheit der Kunst einfach wich­tiger als per­sön­liche Befindlichkeiten.
JFB: Frau Weidel hat ver­sucht, sich juris­tisch dagegen zu wehren. Hätten Sie an ihrer Stelle auch so gehandelt?
AB: Nie im Leben! Dass hier von Seiten der AfD gegen die Kunst­freiheit geklagt wird, zeigt deutlich die Gesinnung dieser Partei. Die sind offenbar noch gar nicht in dieser Demo­kratie ange­kommen, sondern stecken geistig noch irgendwo zwi­schen 1933 und 1945. Ganz abge­sehen davon, dass die Rechts­po­pu­listen ganz offen­sichtlich kei­nerlei Humor haben.
Wir haben einfach viel mehr Humor als die Rechten
JFB: Wo wir gerade bei Satire sind – auch Sie hatten ja gerade erst ein kleines Erlebnis mit dem You-Tuber Klemens Kilic. Er lotste Sie vor die Kamera, wo Sie sagten „Am 1. Sep­tember Grün wählen für das Klima!“ worauf er ergänzte „Und Blau wählen für Deutschland und Sachsen!“. Eine freche, aber sehr ori­gi­nelle Aktion, die Sie sicher lustig fan….
AB: Hören Sie bloß auf! Dieser Nazi-Ar…, Ver­zeihung, dieser Nazi-Blogger hat mich hinters Licht geführt. Zuerst hat er mir nämlich vor­ge­spielt, er stünde den Grünen nahe. Ich bin hier ganz klar das Opfer, das in seinen Per­sön­lich­keits­rechten ver­letzt wurde.
JFBAber wieso sind Sie in Ihren Per­sön­lich­keits­rechten ver­letzt, wenn Herr Kilic der Meinung ist, man solle „blau wählen“? Ich bitte Sie, Frau Baerbock, das muss man doch sportlich nehmen.
AB: Wie sind Sie denn drauf?? Hier wird zur Wahl einer faschis­ti­schen Partei auf­ge­rufen, und Sie finden das offenbar lustig!
JFBWerden Sie jetzt juris­tisch gegen Herrn Kilic vorgehen?
AB: Das habe ich natürlich schon ver­sucht. Wir haben diesen Rechts­ra­di­kalen ja extra zehn Minuten lang fest­ge­halten und dann der Polizei über­geben. Aber in diesem Scheißland haben Rechts­po­pu­listen offenbar Nar­ren­freiheit. Mein Anwalt hat mir erklärt, dass da wohl nichts zu machen ist. Kunst­freiheit für Rechte – da lachen ja die Hühner! Das werden wir als erstes ändern, wenn wir an der Macht… also, ich meine: wenn wir in einer Regierung sind. Bis dahin haben wir in der Partei erst einmal beschlossen, dass wir mehr Per­sonal ein­stellen und damit einen eigenen Sicher­heits-Service ein­richten, der solche Fälle in Zukunft unterbindet.
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JFB: Das klingt ver­nünftig. Falls der Sicher­heits-Service eine feste Ein­richtung wird, brauchen Sie dafür natürlich ein grif­figes Kürzel. Schon eine Idee?
AB: Viel­leicht nehmen wir einfach die Anfangs­buch­staben, man wird sehen. Einst­weilen habe ich mich jeden­falls ent­schieden, nur noch Inter­views mit dem öffentlich-recht­lichen Rundfunk zu machen. So wie mit Ihnen.
JFB: Äh, wir sind aber gar nicht vom öffentlich-recht­lichen Rundfunk.
AB: Wieso? Sie sind doch vom Sender Freies Berlin. So hieß es am Telefon! Ein Interview mit SFB.
JFB: Nein, nein, nicht SFB, JFB! Jürgen Fritz Blog. Wir sind kein Staats‑, sondern ein voll­kommen unab­hän­giges Medium. Ich meine, ist ja auch nur ein Buch­stabe Unter­schied, sogar weniger als bei Kobold und Kobalt…
AB: Waaaas??? Sicher­heits-Service, ergreift diesen Typen!
JFB: (im Weg­laufen, außer Atem): Frau Baerbock … wir bedanken uns … für dieses … Gespräch.
AB (schreit): Lassen Sie sich hier nie wieder blicken! Sicher­heits-Service! Sicherheits-Service!!!
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Das Interview für JFB führte Axel Stöcker, der zum Glück wieder heil aus der Höhle der Grünen her­aus­ge­kommen ist, nach seinen Ein­drücken dort aber nicht willens ist, sich da noch einmal hinein zu begeben. Aber das wird sich sicherlich legen, wenn der erste Schreck über­wunden ist.
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Zum Autor: Axel Stöcker, Jg. 1967, hat Mathe­matik und Chemie stu­diert und ist Gym­na­si­al­lehrer. Auf seinem Blog, die-grossen-fragen.com, arbeitet er sich an den großen Fragen zwi­schen Natur­wis­sen­schaft und Phi­lo­sophie ab. Doch auch poli­tische Ver­wer­fungen sta­cheln ihn gele­gentlich zu Kom­men­taren und Satiren an.

Jürgen Fritz — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog des Autors www.juergenfritz.com