Vera Lengsfeld: Ist die CDU noch zu retten?

Nach den neu­esten Umfragen könnte das Desaster bei den bevor­ste­henden Land­tags­wahlen in Bran­denburg, Sachsen und Thü­ringen für die CDU noch größer werden als befürchtet. In Bran­denburg liegt die ehe­malige Regie­rungs­partei seit Wochen stabil auf Platz 4. In Sachsen ist sie in Gefahr, von der AfD als stärkste Kraft abgelöst zu werden. Ein Versuch der Wahl­kom­mission, der unge­liebten Kon­kur­rentin die Lan­des­liste zusam­men­zu­streichen, ist gerichtlich ver­hindert worden. In Thü­ringen fällt die Partei, die unter Bernhard Vogel mit dem Slogan „Klare Ver­hält­nisse“ 1999 sogar die absolute Mehrheit einfuhr, auf den dritten Platz zurück.

Umgehend machte der Gene­ral­se­kretär der Lan­des­partei, Raymond Walk, die Bun­des­partei für den Ein­bruch verantwortlich.
Die aktuelle Umfrage sei deutlich von den Bun­des­themen Flücht­lings­po­litik und Kli­ma­po­litik über­lagert, gab er zu Pro­tokoll, ohne zu erwähnen, dass Lan­deschef Mike Mohring in beiden Fragen der Kanz­lerin Merkel stets sekun­diert hat. Kri­tische Töne, die es an der Basis durchaus gab, waren von Mohring kaum zu ver­nehmen. Er gerierte sich eher als Merkels Ritter, denn als ihr Kri­tiker. Nur wenn das Murren an der Basis zu laut wurde, gab es einige kon­ser­vative Lip­pen­be­kennt­nisse, denen aber nie poli­ti­sches Handeln folgte.

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Außerdem ist es Mohring als Oppo­si­ti­ons­führer im Landtag nie gelungen, die äußerst schwache Mehrheit der Koalition in ernst­hafte Bedrängnis zu bringen. So ist das, wenn man inhaltlich keine klaren Posi­tionen bezieht. Zu bun­des­weiter Bekanntheit brachte es Mohring erst mit seiner Krebs­er­krankung. Wer diesen Satz jetzt zynisch findet, der sei daran erinnert, wie diese Krankheit in den Medien aus­ge­schlachtet wurde.
Nun wird das Dilemma offenbar. Hundert Tage vor der Land­tagswahl titelte die CDU auf ihrer Homepage: „Noch hundert Tage bis zum Wechsel“. Das ein Wechsel von jemandem ausgeht, der als Dritter am Ziel ein­läuft, ist bisher nicht da gewesen. Man tröstet sich mit der Annahme, die Umfrage sei eine „Moment­auf­nahme, die ver­mutlich stark von der Klima- und Umwelt­po­litik und furcht­baren Taten wie in Frankfurt/Main über­lagert ist“. Dann wäre es jetzt aller­höchste Zeit, Kon­zepte zu prä­sen­tieren, die beide Pro­bleme anpacken. Nichts davon bietet die Landespartei.
Nur das kleine gal­lische Dorf in der CDU, die Wer­te­Union, weist einen Weg aus der Krise.
In einer Pres­ser­klärung vom 31.07.2019 fordert die Wer­te­union von der CDU/CSU, den inneren Frieden durch eine kon­se­quente Steuerung der Ein­wan­derung wieder herzustellen.
Der kon­ser­vative Flügel der Union ver­weist dabei auf die Wahl­pro­gramme aus den Jahren 2002 und 2005, in denen noch aus­drücklich vor nega­tiven Folgen der Mas­sen­ein­wan­derung gewarnt wurde. Sie übt damit deut­liche Kritik an den Ver­säum­nissen der ehe­ma­ligen CDU-Par­tei­vor­sit­zenden Angela Merkel, die für die unkon­trol­lierte Mas­sen­ein­wan­derung seit 2015 ver­ant­wortlich ist und seither die damit ver­bun­denen Pro­bleme ignoriert.
Die Wer­te­Union fordert von den beiden Uni­ons­par­teien, die dama­ligen Wahl­ver­sprechen auf eine effektive Migra­ti­ons­be­grenzung umzu­setzen. Einige besonders erschre­ckende Kri­mi­nal­fälle der jün­geren Ver­gan­genheit seien laut Wer­te­Union ein starkes Indiz dafür, dass aus migra­ti­ons­be­dingten kul­tu­rellen Bruch­linien längst sicher­heits­po­li­tische und gesell­schaft­liche Pro­blem­stel­lungen erwachsen sind – wie es das Wahl­pro­gramm der CDU/CSU aus den Jahren 2002 und 2005 noch vor­aus­gesagt hatten. Die Wer­te­union will deshalb die ent­spre­chenden Pas­sagen aus dem Wahl­pro­gramm 2002 als Antrag in die aktuell lau­fende Neu­fassung des CDU-Grund­satz­pro­gramms ein­bringen und dafür mit einer Kam­pagne in der Partei werben.
Die Thü­ringer Lan­des­partei könnte diese Kam­pagne unter­stützen, wird sie aber nicht. Deshalb ist ihre vor­her­sehbare Nie­derlage bei der bevor­ste­henden Land­tagswahl haus­ge­macht und wohlverdient.
CDU-Wahl­pro­gramm aus dem Jahr 2002: „Ver­stärkte Zuwan­derung würde den inneren Frieden gefährden und radi­kalen Kräften Vor­schub leisten.“
Die Wer­te­Union kri­ti­siert ins­be­sondere die ehe­malige CDU-Par­tei­vor­sit­zende Angela Merkel dafür, spä­testens seit der Bun­des­tagswahl 2009 die Pro­bleme igno­riert zu haben, die aus fehl­ge­steu­erter Migration resul­tieren. Dieser schwere poli­tische und stra­te­gische Fehler ist nach Ansicht der Wer­te­Union ver­ant­wortlich für die Wahl­er­folge der AfD. Um diese über­flüssig zu machen und den inneren Frieden in Deutschland wieder her­zu­stellen, wird die Wer­te­Union daher die For­mu­lie­rungen der Wahl­pro­gramme aus dem Jahr 2002 als Antrag in die aktuell lau­fende Neu­fassung des CDU-Grund­satz­pro­gramms ein­bringen und dafür in der Partei mit einer Kam­pagne werben.

Vera Lengsfeld — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog der Autorin www.vera-lengsfeld.de