Der Urheber des Spruchs „Arbeit macht frei“, der Philosoph und Publizist Heinrich Beta, wollte damit im Jahr 1845 der Emanzipation vom religiösen Glauben und von der Hörigkeit gegenüber fürstlichen Herrschern das Wort reden. Der Pfarrer und deutschnationale Autor, Lorenz Diefenbach, benutzte dieselben Worte im Jahr 1873 als Titel einer Erzählung. Schließlich schmückten die Nationalsozialisten die Portale ihrer Konzentrationslager mit diesen drei Worten. Besonders als Motto am Eingang von Konzentrationslagern offenbart sich – neben dem beispiellosen Zynismus der nationalen Sozialisten – zugleich die Fragwürdigkeit der Aussage selbst: Arbeit macht eben nicht frei – jedenfalls nicht unter Fuchtel eines totalitären Regimes!
(von Andreas Tögel)
Ungeachtet der Zustände in Zwangsarbeitslagern erhebt sich die Frage, wieso Arbeit frei machen sollte – und wovon? Man muss durchaus nicht dem neoklassischen Menschenbild des „Homo oeconomicus“ anhängen, um zu erkennen, dass Arbeit für die meisten Zeitgenossen einen „Disnutzen“ bedeutet, der seinen Niederschlag darin findet, dass sie einer Tätigkeit nachgehen, die sie dem Müßiggang keinesfalls vorziehen. Vor die Wahl gestellt, im Bergwerk zu schuften, oder faulenzend unter sonnenbeschienenen Palmen zu liegen, werden sich wohl nur wenige für ersteres entscheiden. Tatsache ist: nicht viele Menschen arbeiten zum Spaß. Die überwiegende Mehrheit akzeptiert die Arbeit als Voraussetzung zum Broterwerb. Nur diejenigen, die das Glück haben, ihre Liebhaberei zum Beruf machen und/oder ihr Talent ins Verdienen bringen zu können (wie etwa leidenschaftliche Künstlernaturen oder begabte Wissenschaftler), wie auch Menschen, die mit ihrer inneren Leere auf keine andere Weise fertigzuwerden glauben, als mit produktiver Betriebsamkeit, ziehen die Arbeit der Muße vor. Fazit: Arbeit bringt Nahrung, Bekleidung und ein Dach über dem Kopf. Frei macht sie nicht.
Um frei zu sein, bedarf der einzelne nämlich nicht der Arbeit, sondern des Eigentums. Nur wer über Eigentum verfügt, macht sich von fremder Willkür unabhängig und damit frei. Wer ein Haus sein Eigen nennt, ist frei von Mietzahlungen. Wer über ausreichende Vermögenserträge verfügt, kann sein Leben nach seinem Gutdünken gestalten – ist frei von Anweisungen durch Vorgesetzte oder Anmaßungen der Sozialbürokratie.
Freie und unabhängige Bürger sind daher das allerletzte, was eine machtbesessene Politnomenklatura sich wünscht. Besessen vom Streben nach totaler Kontrolle, ist ihr alles und jedes ein Gräuel, was die Freiheit des Einzelnen und seine Unabhängigkeit vom Ratschluss der Herrschenden garantiert. Das Eigentum steht folgerichtig so sehr wie nichts anderes im Fadenkreuz der Sozialisten in allen Parteien. Als „soziale Umverteilung“ beschönigte Raubzüge gegen das Eigentum der Bourgeoisie, zählen zum Standardrepertoire neidgenossenschaftlich organisierter Linker.
Sozialistische Zentralisten behaupten stets, dass Politik nicht etwa Probleme, sondern Verbesserungen im irdischen Jammertal schaffe. Diese „Verbesserungen“ sollen durch Maßnahmen im Sinne einer umfassenden materiellen Gleichmacherei erreicht werden. Nicht, wie in Sonntagsreden gerne behauptet, gleiche Chancen, die, solange unterschiedliche Voraussetzungen bestehen – wie etwa persönliche Begabungen – niemals erlangt werden können, sondern gleiche Ergebnisse. Alles, nur keine ungleiche Wohlstandsverteilung. Da zieht der in der Wolle gefärbte Linke den kollektiven Mangel allemal vor.
„Millionärssteuern“, Erbschaftssteuern, keine Steuergeschenke an Unternehmer, lauten die eigentumsfeindlichen Parolen, mit denen die Egalitaristen zu Felde ziehen. „Eigentum ist Diebstahl“ dekretierte einst der Syndikatsanarchist Pierre-Joseph Proudhon. Ohne auf den inneren Widerspruch dieser Aussage einzugehen, bleibt festzustellen, dass die Genossen diesen Satz tief verinnerlicht haben: wer über Eigentum verfügt, kann nur unrechtmäßig in seinen Besitz gekommen sein. Diese Vorstellung bildet die Triebfeder des räuberischen Charakters linker Politik. Der Begriff „Steuergeschenk“, der sich bei den Umverteilern größter Popularität erfreut, verdient eine besondere Würdigung. Als Geschenk ist nämlich die gegenleistungsfreie Übertragung des Eigentums an einer Sache von einer Person an eine andere zu verstehen. Daher fragt man sich, wieso von einem „Steuergeschenk“ die Rede sein kann, wenn doch nur der Enteignungsgrad eines Steuerzahlers reduziert wird! Würde jemand auf die Idee kommen, ein Räuber, der zwei Wanderer überfällt und einem der beiden hundert, dem anderen aber nur achtzig Euro abnimmt, hätte letzterem 20 Euro geschenkt? Wohl kaum. Damit der Begriff „Steuergeschenk“ nicht mit der Logik kollidiert, bedarf es daher folgender Voraussetzung: In Wahrheit gehört das besteuerte Eigentum (wie auch alle anderen innerhalb der Grenzen des jeweiligen Machtmonopolisten befindlichen Güter) nicht etwa dem Steuerpflichtigen, sondern dem Fiskus! Nur so ergibt die Sache Sinn: Wenn die Regierung den Steuertarif senkt, dann wird die Steuerersparnis tatsächlich zum Geschenk. Ludwig von Mises (1881–1973) hat in seinem 1940 erschienenen Buch „Nationalökonomie“ dazu folgendes ausgeführt:
Alle diese Enteignungen entspringen der Auffassung, dass die Vermögen und die Gewinne von den Eigentümern und Unternehmern der Gesellschaft und den minderbemittelten Gesellschaftsmitgliedern entzogen wurden (…) Die Ausbeuter hätten sich dieses Reichtums durch Gewalt oder List bemächtigt. Wenn man ihn ihnen wieder wegnehme, sei das nur gerecht.
Da, wie uns Proudhon und Marx belehrt haben, das Eigentum an den Produktionsmitteln einen Diebstahl an den um den Mehrwert ihrer Arbeit betrogenen Werktätigen bedeutet, ist es folglich nur „gerecht“, Unternehmer auszuplündern. Es gibt nicht wenige Zeitgenossen, die kein Problem damit haben, derartige geistige Kapriolen zu schlagen. Wer mit Sozialisten und/oder Gewerkschaftern debattiert, wird umgehend mit solchen Geistesblitzen konfrontiert. Die zu produzieren, bedarf es indes entweder einer dramatisch verunglückten Sozialisation, oder der strikten Weigerung, den eminenten zivilisatorischen Wert privaten Eigentums zur Kenntnis zu nehmen: nur ein außer Streit stehendes Recht auf privates Eigentum, die unmissverständliche Unterscheidung von Mein und Dein, vermag ein konfliktfreies Zusammenleben sicherzustellen.
Substanzsteuern auf Vermögen und Erbschaften sind ein Lieblingskind linker Gleichheitsfanatiker. Da aber der Löwenanteil der Vermögen und Erbschaften aus Unternehmensanteilen besteht, wird dadurch zu Lebzeiten der Eigentümer die Kapitalausstattung der Betriebe systematisch ausgedünnt. Im Erbfall wird sich dann in vielen Fällen ein Unternehmensverkauf nicht vermeiden lassen, nur um die fällige Steuer bezahlen zu können. Die auf diese Weise betriebene Enteignung der letzten noch verbliebenen Familienunternehmer, läuft auf eine weitere Proletarisierung der Gesellschaft hinaus: nur noch von der Gunst der Staatsfürsorge abhängige Individuen bleiben übrig. Mission erfüllt. Am Ende wird nicht (wie weiland von Karl Marx prophezeit) eine Handvoll ruchloser Monopolkapitalisten über sämtliche Produktionsmittel verfügen, sondern marode Banken, deren Fortbestand (Stichwort: too big to fail!) auf den Garantien einer über alles bestimmenden Politnomenklatura gründet.
Eines der für die Einführung von Erbschaftssteuern gelieferten Argumente sticht besonders hervor: demnach geht es beim Erben um einen leistungsfreien Zugewinn des Erbberechtigten. Mit einem Mal mutieren Linke zu Leistungsbefürwortern. Womit es die von der Umverteilung Profitierenden verdient haben, mittels der ins Auge gefassten, konfiskatorischen Erbschaftssteuern bereichert zu werden – schließlich haben sie bestimmt nichts dafür „geleistet“ -, liegt im Dunkeln.
Der Gipfel der Chuzpe ist indes dann erreicht, wenn die Eigentumsfeinde einen Nachlass einfach als Einkommen des Empfängers deklarieren und scharf kritisieren, dass der, anders als ein Werktätiger, der für seine Bezüge Steuern zu zahlen hat, das Erbteil für den Nachlassnehmer steuerfrei bleibt. Dass ein (Vermögens-)Bestand sich von einer Flussgröße unterscheidet, sollte einleuchten. Dass sich durch einen Erbfall daran nichts ändert, ebenfalls. Einkommenssteuern für Erbschaften festzusetzen, ist also grober Unfug, – Gift für den gesellschaftlichen Wohlstand, der auf gesunden Unternehmen basiert.
Es ist unbestreitbar, dass der Neid eine immens zerstörerische Wirkung auf jede Gesellschaft ausübt. Der Beleg dafür: sämtliche, durchwegs neidgetriebenen sozialistischen Experimente der zurückliegenden 100 Jahre sind fulminant gescheitert. Und schon wieder schleicht ein neuer Sozialismus auf „Samtpfoten“, wie es Roland Baader (1940–2012) einst beschrieb, daher und bedroht das Privateigentum. Dabei gilt: Eigentum, Frieden, Freiheit und Wohlstand sind untrennbar miteinander verbunden.
Ludwig von Mises hat in seinem Werk „Die Gemeinwirtschaft“ (1922) gezeigt, dass der Sozialismus zum Scheitern verurteilt ist. Alle, die gegen den Sozialismus eintreten, tun somit ein gutes Werk. Mises schreibt:
Wenn man der auf dem Sondereigentum an den Produktionsmitteln beruhenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung vorwirft, daß sie die Interessen der Gesamtheit nicht genügend berücksichtige, daß sie nur den Zwecken einzelner Schichten diene, und daß sie die Produktivität hemme, und darum mit den Anhängern der verschiedenen „sozialpolitischen“ und „sozialreformerischen“ Richtungen staatliche Einmischung auf allen Gebieten der Volkswirtschaft fordert, dann hat man sich dem sozialistischen Programm grundsätzlich angeschlossen.
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Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist gelernter Maschinenbauer, ausübender kaufmännischer Unternehmer und überzeugter “Austrian”.
Quelle: misesde.org
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