Der Mann sieht aus wie aus einem „Allein-gegen-den-Rest-der-Welt-Action-Film“. Der Inbegriff des gutaussehenden, blond-blauäugigen deutsch-entschlossenen Helden mit markantem Kinn, der im Alleingang die Welt rettet. Eigentlich der nächste Kandidat für Gilettes neue Werbevideo-Linie „Local Heroes“. Aber nur eigentlich.
Vielleicht hat er ja etwas zu oft in den Spiegel geguckt und sein fotogenes Heldengesicht schon auf den Titelblättern leuchten gesehen. Er als Retter von Hunderten in Seenot geratenen Flüchtlingen, die ihm im Hintergrund zujubeln. Dafür hat er nämlich Geld gesammelt, denn er wollte eine zivile Seenot-Rettungsflotte für Missionen auf dem Mittelmeer chartern. Das, so Heufer-Umlauf, wäre doch eine „sehr schöne Methode, der Ohnmacht, die man in dieser Situation fühlt, entgegenzuwirken und etwas zu machen“.
„Etwas“ gemacht hat er auch. Unter dem Hashtag — unter nicht so Progressiven auch „Raute“ genannt — bat er um Spenden, um so eine zivile Flotte zur Seenotrettung ins Mittelmeer zu schicken. Und er schaute dabei mit entschlossenem Heldenblick aus einer Seenotrettungsweste und sprach: „Ich werde persönlich dafür Sorge tragen, dass das Geld da ankommt, wo es hin muss“.
Klaas Heufer-Umlauf sammelte fast 300.000 Euro, denn er ist nicht irgendwer. Er ist im Fernsehen in verschiedenen Formaten zu sehen, oft zusammen mit Joko Winterscheidt. Dabei haben sich die beiden das Image erarbeitet, in Jux‑, Spiel- und Duellshows die abgefahrensten Herausforderungen und Zumutungen anzunehmen und durchzuziehen. Wahrscheinlich trauten ihm seine Zuschauer deshalb auch die Raute-Zivile-Flotte-Aktion zu und spendeten: 7.428 Spender brachten genau 297.036 Euro zusammen. Im Schnitt hat also jeder Spender 40 Euro gespendet. Chapeau.
So. Dafür hätte er tatsächlich einiges auf die Beine stellen können. Wenn ihn die Sorge um die Migranten auf dem Mittelmeer so umtreibt wie er sagt („Ein Thema, das mich nicht loslässt – und ich hoffe, einige andere auch nicht“), dann hätte er ja dieselbe Summe nochmal locker von seinem eigenen Vermögen drauflegen können und eine richtige Flotte losschicken können. Denn der schöne Jungmann mit dem Heldenherzen besitzt ein geschätztes Vermögen von zehn Millionen Euro.
Mit viel Geld und mächtig medialem Rückenwind ausgestattet, sollte nun das Seenot-Problem angegangen werden. Ein Verein wurde gegründet, der sich um die Spendengelder kümmern sollte. Als Vorsitzender bot sich Erik Marquardt an, ein deutscher EU-Abgeordneter der Grünen und NGO-Aktivist. Zum Schatzmeister wurde Ruben Neugebauer ernannt, ein Fotojournalist, der schon die NGO Sea Watch mitaufgebaut hatte.
Was aber dann folgte und nun in mehreren Artikeln und offiziellen Erklärungen dargelegt und mühsam verargumentiert werden muss, ist, dass das Geld komplett weg ist und bis auf ein paar kleine Feigenblatt-Aktionen, bei denen 17 Menschen von ganz anderen Organisationen aus dem Mittelmeer gerettet wurden, aber der zivile Flottenhashtag doch irgendwie dabei geholfen hat, die 300.000 Euro einfach weg sind. Keine Zivile Flotte, keine Menschen , die von der Klaas Heufer-Umlauf-Flotte gerettet wurden, nix. Auch keine Informationen. Von Januar 2019 bis Juli 2019 war außer Funkstille vom Rettungsschiff nichts zu hören.
Nichts außer anhaltendem Schweigen, kein Bericht, keine Videos oder Fotos von Fortgang der #CivilFleet. Nicht einmal die Spender wussten, ob es denn nun schon losgegangen war, ob das Schiff schon auf Rettungskurs war oder wie lange es noch dauern würde.
Und als sich die Retter wieder meldeten, war es ein erneuter Spendenaufruf, diesmal mit Jan Böhmermann. Der erneute Aufruf erbrachte sogar eine Million Euro, aber kein Sterbenswörtchen zum Seenotrettungsschiff.
Um die langatmigen Erklärungen zum epischen Scheitern kurz zusammenzufassen, die man, wenn man möchte, auch im Einzelnen nachlesen kann: Es klappte nicht alles so, wie man sich das vorgestellt hatte, das Schiff „Golfo Azurro“ war zu teuer, die Umflaggung auch (30.000 €), Umbauten für die medizinische Versorgung der Geretteten, es gab immer mehr Kosten, da kamen dann mal eben 206.675 € zusammen und dann stellte sich raus, dass der Schiffseigentümer für den ganzen Umflaggungs- und Umbauzauber viel zu viel Geld bekommen hatte und überdies die beauftragte Firma „Deep Water Foundation“ nur als Briefkastenfirma besteht… und nicht einmal das hat Klaas Heufer-Umlauf oder sein #Civilfleet-Verein selbst herausgefunden, sondern die Internet-Zeitung “addendum”, die die ganze Sache recherchiert hat. Da dürften sich die weiteren juristischen Prüfungen wohl erübrigen, ob der Briefkastenfirma-Schiffseigner vielleicht doch was zurückzahlen müsste. Addendum schreibt nämlich:
„‘Deep Water Foundation‘ (…) wurde am 23. Februar 2010 in Panama City als Gesellschaft registriert. Als Adresse dient das ‚edificio Ibiza‘, ein Apartmentkomplex im Zentrum der Hauptstadt von Panama am Pazifik. Deren im Firmenbuch verzeichnete Gründer sind im Offshore-Paradies in Zentralamerika keine Unbekannten. Ihre Namen tauchen in den Registrierungspapieren von hunderten sogenannten ‚sociedad anonima‘ auf, was nichts anderes sind als Briefkastenfirmen.
Völlig legal ist so dort die Anonymisierung von Vermögen ebenso möglich wie Steuerflucht, bei der weltweit Milliardenbeträge außer Landes geschafft werden. Die Briefkastenfirmen dienen auch gern zur Verschleierung von Vermögensverhältnissen, zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Welchen konkreten Geschäftszweck die ‚Deep Water Foundation‘ erfüllt, lässt sich daher nicht sagen. Es überrascht jedoch kaum, dass die Namen der beiden Eigentümer jener Firma, von der die NGO-Aktivisten ihr Rettungsschiff charterten, auch in den Offshore-Leaks-Dokumenten auftauchen. Dabei handelte es sich um ein Datenleak, welches journalistisch verwertet erstmals die dunkle Seite der globalen Finanzströme in Steuerparadiese veranschaulichte und im Jahr 2013 ein Beben auslöste.“
Die Recherche von addendum muss man sich durchlesen. Man war offenbar bei #CivilFleet nicht sonderlich begeistert über Nachfragen zum Projekt und die „Anfragebeantwortung verlief schleppend“. Vieles bleibe vage, bemängelt der Bericht und auch, dass man bei dem Verein die schrillenden Alarmglocken nicht hören wollte.
Der Verein, der die ganze Hashtag-Aktion durchziehen sollte, versichert trotz allem seinen Spendern treuherzig: „Wir haben jedoch angesichts enormer Widerstände unser Bestes gegeben, um im Sinne der Spenderinnen die Seenotrettung im Mittelmeer wieder möglich zu machen.“
Bei der Webseite „bento“ äußerten sich jetzt die Flotten-Verantwortlichen. Ihren Behauptungen nach haben sie das Projekt rechtzeitig auf Eis gelegt und konnten angeblich den Großteil der Spenden retten.
Wir zitieren hier noch einmal:
„Ich werde persönlich dafür Sorge tragen, dass das Geld da ankommt, wo es hin muss“.
Wenigstens sollen die installierten, medizinischen Einrichtungen und ähnliches von der „Golfo Azurro“ wieder abmontiert und anderen Seenotrettungsschiffen im Mittelmeer zur Verfügung gestellt worden sein.
Aber mal ganz im Ernst: Sowas nennt man heute einen „epic fail“, eine epochale Fehlleistung. Dass man das alles wesentlich preiswerter und schneller und effizienter – und das WIRKLICH gegen große und bedrohliche Widerstände durchziehen kann, das haben die Jungs von den Identitären vorgemacht. Sie haben nicht ganz 70.000 Euro zusammenbekommen, sind tatsächlich mit einer internationalen Crew auf der C‑Star in See gestochen und mussten täglich gegen unglaubliche Hindernisse ankämpfen. Sie mussten sich gegen Schikanen von allen Seiten, fiese Machenschaften von vor Geld strotzenden NGOs, Hetzartikel, Behördenwillkür, falsche Anschuldigungen, Hafenblockaden und Durchsuchungen durchsetzen. Diese Männer haben ihre Mission wirklich heldenhaft durchgezogen.
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