Vera Lengsfeld: Nur ein linker Bür­ger­rechtler ist kein Irrlicht

Früher habe ich geglaubt, die DDR-Bür­ger­rechts­be­wegung, deren Akti­visten das Spektrum von bür­gerlich bis nach weit links abdeckten, sei so etwas wie eine Schule der Demo­kratie, in der man lernte, andere Mei­nungen aus­zu­halten und zu akzep­tieren. Das war ein Irrtum, wenigstens, was die Bür­ger­rechtler betrifft, die nach der Ver­ei­nigung unter den warmen Flügel staat­licher Ver­sorgung geschlüpft sind.

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Wie in der Gesell­schaft gibt es auch bei den Bür­ger­rechtlern den Spalt zwi­schen den Funk­tio­nären und der Basis. Schon 1989 ver­ach­teten die Funk­tionäre die Demons­tranten auf der Straße, die nicht so wollten, wie sie. Diese Ver­achtung wurde bei der ersten und letzten Volks­kam­merwahl vom Wähler besraft. Bündnis 90/Die Grünen kamen zusammen nur auf 5% der Stimmen. Ins Par­lament gelangte es nur, weil es keine Pro­zent­klausel gab. Die dama­ligen Ver­ächter des Volks­willens sehen sich heute wieder als die bes­seren, nein, die ein­zigen Demo­kraten. Dazu eine bril­lante Analyse, die der Bür­ger­rechtler und CDU-Bun­des­tags­ab­ge­ordnete Arnold Vaatz aus aktu­ellem Anlass auf der Achse des Guten veröffentlichte:
Friede Springers Welt am Sonntag brachte am Sonntag ein inter­es­santes Grup­pen­in­terview mit einigen Bür­ger­rechtlern, die sich Ver­dienste um den Umbruch im Herbst 1989 erworben haben. Um es vorweg zu sagen: Nie­mandem unter den Betei­ligten spreche ich diese Ver­dienste ab und emp­finde mit Aus­nahme von Marianne Birthler für alle Sym­pathie und Respekt.
Die Zusam­men­setzung der Truppe ist zwar nicht über­ra­schend, aber inter­essant. Vera Lengsfeld und Gunter Weiß­gerber habe ich gefragt, ob sie auch ein­ge­laden waren zu dieser kleinen Selbst­be­weih­räu­che­rungsfete. Waren sie nicht. Bei Heidi Bohley, Angelika Barbe und Siegmar Faust habe ich gar nicht erst ange­fragt. Wären sie gefragt worden, wäre ihnen sowieso nur die Rolle des Kro­kodils im Kas­per­le­theater zugefallen.
Man ist nur noch dann ein Herbst­be­tei­ligter, wenn man ein Linker ist. Der erlauchte Kreis setzte sich denn auch brav zur Psycho-Sitzung auf die Couch und ließ sich vom West­doktor auf die kor­rekten All­ge­mein­plätze hin unter­suchen. Die inter­viewte Selbst­er­fah­rungs­gruppe hat denn auch artig die von ihnen erwar­teten Sprech­blasen geliefert. Tie­fensee ließ hören, dass der Eini­gungs­vertrag sei wie er sei, Schulz ging alles zu schnell, er meint, der Westen hätte sich ändern müssen, weil der Osten zusam­men­brach und schimpft über eine angeb­liche „Bauch-über-Kopf-Ver­ei­nigung“, ohne seinen eigenen Kopf zu benutzen und einen Gedanken daran zu ver­wenden, was im Sommer 91 in Moskau geschah, als noch 500.000 rus­sische Sol­daten hier in den Kasernen gehalten wurden und sofort los­schlagen konnten.
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Vera Lengsfeld — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog der Autorin www.vera-lengsfeld.de