Das russische Fernsehen hat heute über Snowden und das Interview im Guardian berichtet. Alle Interessierte mit Englischkenntnissen finden das Interview hier. Den Bericht des russischen Fernsehens habe ich übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Der Whistleblower, der Geheimnisse der amerikanischen Geheimdienste veröffentlicht hat, reist durch Russland, freut sich an den Menschen, die hier leben, vermisst seine Heimat, aber in den USA kann er nicht so einfach zurückkehren. Edward Snowden erzählte im Vorfeld der Veröffentlichung seines Buches, das viel privates enthalten soll, von seinem Leben fern seiner Heimat. Seine Memoiren werden am 17. September erscheinen.
Jetzt, wo seine Memoiren erscheinen, erinnern sich die internationalen Medien plötzlich wieder an Snowden. Der CIA-Mitarbeiter versteckt sich nicht mehr. Er arbeitet, besucht Galerien, fährt mit der U‑Bahn, lebt sein Leben. Und er beantwortet sogar Fragen der Reporter über seine Ehe. Gar nicht wie ein Ex-Agent.
„Sie ist viel mehr, als ich verdiene. Wir haben uns auf einer Dating-Website kennengelernt. Da habe ich ihrem Profil 10 von 10 möglichen Punkten gegeben. So gut hat sie meins nicht bewertet, aber es hat gereicht“ teilte der ehemalige CIA- und NSA-Mitarbeiter Edward Snowden mit.
Nachdem er eine Aufenthaltsgenehmigung in Russland erhalten hatte, heiratete Snowden seine Freundin Lindsey Mills. Auf ihren jüngsten Fotos in sozialen Netzwerken kann man eine Geburtstags-Überraschung für den ehemaligen Agenten oder die Sylvesterfeier mit seiner Frau sehen. Übrigens kennen sie sich seit 10 Jahren. Lindsay zog auch nach Russland. Der ehemalige NSA-Mitarbeiter selbst erzählt, wie das Leben in Moskau all seine Stereotypen zerstörte.
„Ich war in St. Petersburg, ich habe Sotschi besucht. Ich liebe es zu reisen. Ich glaube, dass Russland eines der schönsten Länder der Welt ist. Die Menschen hier sind freundlich und offen. Als ich hierher kam, wusste ich nichts über dieses Land. In mir, in meinem Kopf, war das bekannte Feindbild. So stellt sich ein CIA-Agent Russland vor. Und ich hatte ja nicht vor, jemals hierher zu kommen. Aber wenn man in Russland lebt, sieht man, dass alle Vorurteile konstruiert waren und nichts mit der Realität zu tun haben“ sagte Snowden.
Snowden hat jetzt keine Angst mehr vor der Öffentlichkeit, noch vor ein paar Jahren war das anders. Schließlich streben die Vereinigten Staaten immer noch seine Auslieferung an. Dort drohen ihm jahrzehntelange Gefängnisstrafen. Um eine Bestrafung für die Offenlegung von Geheimdienst-Daten zu vermeiden, musste der Ex-CIA-Agent viele Tage im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo verbringen. Und davor versteckte ihn eine Flüchtlings-Familie in Hongkong, die ihm das Nötigste gaben: Nahrung und Unterkunft. Und sie übergaben ihn nicht an die Sicherheitsdienste.
„Damals wussten wir nicht, wer Edward Snowden war. Aber dann, am nächsten Tag, haben wir ihn im Fernsehen gesehen und alles verstanden“ sagte Nadeka Dilrukshi.
„Wir dachten, weil er Amerikaner ist, mag er Spaghetti und Burger. Aber er mochte unsere sri-lankische Küche. Er bat Nadek sogar, ihm einige unserer traditionellen Gerichte zu kochen“ erinnerte sich Supun Kelaputin.
In einem Interview mit dem Guardian erzählt Snowden, wie er es geschafft hat, geheime Daten von der NSA zu stehlen. Er nahm einfach die Festplatte mit den geheimen Informationen mit aus dem Gebäude. Und als er am Ausgang auf seinen Chef traf, antwortete er auf die Frage „Was machst du da?“, dass er Geheimnisse stiehlt. Beide lachten und er ging weiter. Und dann machte er die Geheimnisse öffentlich. Snowden hat eine Aufenthaltsgenehmigung in Russland bis 2020. Der ehemalige CIA-Agent selbst sagt, er würde gerne in seine Heimat zurückkehren. Aber nur unter der Bedingung, dass er einen fairen Prozess in den Vereinigten Staaten bekommt, daran jedoch glaubt er nicht.
Ende der Übersetzung
Um Fragen vorzubeugen: Die bis 2020 gültige Aufenthaltsgenehmigung von Snowden wird danach verlängert. Das russische Gesetz sieht keine dauerhaften Aufenthaltsgenehmigungen vor, sie sind auf maximal fünf Jahre begrenzt, können dann aber problemlos verlängert werden.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
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