Was macht eigentlich Edward Snowden heute?

Es gibt Neu­ig­keiten von Edward Snowden, der seit 2013 in Russland Asyl genießt. Er hat seine Memoiren geschrieben und dem Guardian ein aus­führ­liches Interview gegeben.
Das rus­sische Fern­sehen hat heute über Snowden und das Interview im Guardian berichtet. Alle Inter­es­sierte mit Eng­lisch­kennt­nissen finden das Interview hier. Den Bericht des rus­si­schen Fern­sehens habe ich übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Der Whist­le­b­lower, der Geheim­nisse der ame­ri­ka­ni­schen Geheim­dienste ver­öf­fent­licht hat, reist durch Russland, freut sich an den Men­schen, die hier leben, ver­misst seine Heimat, aber in den USA kann er nicht so einfach zurück­kehren. Edward Snowden erzählte im Vorfeld der Ver­öf­fent­li­chung seines Buches, das viel pri­vates ent­halten soll, von seinem Leben fern seiner Heimat. Seine Memoiren werden am 17. Sep­tember erscheinen.
Jetzt, wo seine Memoiren erscheinen, erinnern sich die inter­na­tio­nalen Medien plötzlich wieder an Snowden. Der CIA-Mit­ar­beiter ver­steckt sich nicht mehr. Er arbeitet, besucht Galerien, fährt mit der U‑Bahn, lebt sein Leben. Und er beant­wortet sogar Fragen der Reporter über seine Ehe. Gar nicht wie ein Ex-Agent.
„Sie ist viel mehr, als ich ver­diene. Wir haben uns auf einer Dating-Website ken­nen­ge­lernt. Da habe ich ihrem Profil 10 von 10 mög­lichen Punkten gegeben. So gut hat sie meins nicht bewertet, aber es hat gereicht“ teilte der ehe­malige CIA- und NSA-Mit­ar­beiter Edward Snowden mit.
Nachdem er eine Auf­ent­halts­ge­neh­migung in Russland erhalten hatte, hei­ratete Snowden seine Freundin Lindsey Mills. Auf ihren jüngsten Fotos in sozialen Netz­werken kann man eine Geburtstags-Über­ra­schung für den ehe­ma­ligen Agenten oder die Syl­ves­ter­feier mit seiner Frau sehen. Übrigens kennen sie sich seit 10 Jahren. Lindsay zog auch nach Russland. Der ehe­malige NSA-Mit­ar­beiter selbst erzählt, wie das Leben in Moskau all seine Ste­reo­typen zerstörte.
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„Ich war in St. Petersburg, ich habe Sotschi besucht. Ich liebe es zu reisen. Ich glaube, dass Russland eines der schönsten Länder der Welt ist. Die Men­schen hier sind freundlich und offen. Als ich hierher kam, wusste ich nichts über dieses Land. In mir, in meinem Kopf, war das bekannte Feindbild. So stellt sich ein CIA-Agent Russland vor. Und ich hatte ja nicht vor, jemals hierher zu kommen. Aber wenn man in Russland lebt, sieht man, dass alle Vor­ur­teile kon­struiert waren und nichts mit der Rea­lität zu tun haben“ sagte Snowden.
Snowden hat jetzt keine Angst mehr vor der Öffent­lichkeit, noch vor ein paar Jahren war das anders. Schließlich streben die Ver­ei­nigten Staaten immer noch seine Aus­lie­ferung an. Dort drohen ihm jahr­zehn­te­lange Gefäng­nis­strafen. Um eine Bestrafung für die Offen­legung von Geheim­dienst-Daten zu ver­meiden, musste der Ex-CIA-Agent viele Tage im Tran­sit­be­reich des Mos­kauer Flug­hafens Sche­re­metjewo ver­bringen. Und davor ver­steckte ihn eine Flücht­lings-Familie in Hongkong, die ihm das Nötigste gaben: Nahrung und Unter­kunft. Und sie über­gaben ihn nicht an die Sicherheitsdienste.
„Damals wussten wir nicht, wer Edward Snowden war. Aber dann, am nächsten Tag, haben wir ihn im Fern­sehen gesehen und alles ver­standen“ sagte Nadeka Dilrukshi.
„Wir dachten, weil er Ame­ri­kaner ist, mag er Spa­ghetti und Burger. Aber er mochte unsere sri-lan­kische Küche. Er bat Nadek sogar, ihm einige unserer tra­di­tio­nellen Gerichte zu kochen“ erin­nerte sich Supun Kelaputin.
In einem Interview mit dem Guardian erzählt Snowden, wie er es geschafft hat, geheime Daten von der NSA zu stehlen. Er nahm einfach die Fest­platte mit den geheimen Infor­ma­tionen mit aus dem Gebäude. Und als er am Ausgang auf seinen Chef traf, ant­wortete er auf die Frage „Was machst du da?“, dass er Geheim­nisse stiehlt. Beide lachten und er ging weiter. Und dann machte er die Geheim­nisse öffentlich. Snowden hat eine Auf­ent­halts­ge­neh­migung in Russland bis 2020. Der ehe­malige CIA-Agent selbst sagt, er würde gerne in seine Heimat zurück­kehren. Aber nur unter der Bedingung, dass er einen fairen Prozess in den Ver­ei­nigten Staaten bekommt, daran jedoch glaubt er nicht.
Ende der Übersetzung
Um Fragen vor­zu­beugen: Die bis 2020 gültige Auf­ent­halts­ge­neh­migung von Snowden wird danach ver­längert. Das rus­sische Gesetz sieht keine dau­er­haften Auf­ent­halts­ge­neh­mi­gungen vor, sie sind auf maximal fünf Jahre begrenzt, können dann aber pro­blemlos ver­längert werden.

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“