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Anti­se­mi­ti­scher Judenhass ist kein Alleinstellungsmerkmal

Auch beken­nende Christen werden ange­griffen – von mili­tanten Athe­isten. Der § 130 StGB (Volks­ver­hetzung) ist eine Miss­geburt und gehört geändert.
(von Albrecht Künstle)
Seit zig Jahren sehen sich unsere jüdi­schen Mit­bürger ver­balen Anfein­dungen aus­ge­setzt. Aus Worten wurden in letzter Zeit Taten. Erkennbare Juden werden auf offener Straße atta­ckiert, und jetzt dieser ver­suchte Ter­ror­an­schlag auf eine Jom Kippur fei­ernde jüdische Gemeinde in Halle. Doch ist Judenhass nicht nur rechts­ra­di­kalen Rändern unserer Gesell­schaft zuzu­schreiben. Er ist sogar auf der Linken ver­wurzelt und reicht tief in den Pro­tes­tan­tismus hinein. Und selbst­ver­ständlich durch die zu vielen streng­gläu­bigen Muslime, welche Juden nicht nur hinter ihren Mosche­emauern bekämpfen wollen, sondern dies gerne nach ihren Freitags-“Gebeten“ prak­tisch tun.

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Diese Ver­achtung bis hin zum Hass ist aller­dings kein Allein­stel­lungs­merkmal, sondern er trifft auch Christen. Damit meine ich an dieser Stelle nicht die Drang­sa­lierung von geflüch­teten Christen*innen in Auf­nah­me­ein­rich­tungen durch die über­legene Masse an mus­li­mi­schen Zuwan­derern in solchen Heimen. Er betrifft u.a. auch mich per­sönlich durch orga­ni­sierte Athe­isten, denen auf Leser­brief­seiten freier Lauf gelassen wird.
Jedoch gibt es einen Unter­schied zwi­schen unseren Juden und Christen. Beken­nende Christen werden „nur“ aus anti­re­li­giösen Motiven ver­ächtlich gemacht. Jüdische Mit­bürger dagegen müssen Schmach über sich ergehen lassen, auch wenn sie säkulare Juden*innen sind. Der Hass auf uns erklärte Christen ist (noch) „nur“ ver­baler Natur, ich erhielt noch keine Drohung. Doch die Akti­vi­täten gegen uns schlagen sich bereits in der Zer­störung von christ­lichen Sym­bolen nieder. Ich berichtete darüber, was sich alleine im 4‑km-Radius meines Wohn­ortes zuge­tragen hat.
Ist dieser Hetze juris­tisch bei­zu­kommen? Mit dem Volks­ver­het­zungs­pa­ra­graphen 130 StGB leider nicht. Er ist eine Fehl­kon­struktion, was ich an einem eigenen Fall aufzeige. 
In Freiburg wurde eine christ­liche Stu­dentin vom Mit­be­wohner eines Stu­den­ten­wohn­heims umge­bracht, einfach so. Er geriet in Rage, weil die junge Frau ihrem Glauben ver­haftet war.
Die Psych­iater waren sich nicht sicher, woran der Student leidet“, der in Freiburg die beken­nende Christin brutal ermordete, stand in der Zeitung. Worauf ich fol­genden Leser­brief schrieb:
„Immerhin wurde bekannt, ‚wer in Glau­bens­fragen nicht seine (gottlose) Meinung teilte, lehnte er ab’ – der Mörder. Fest steht, dass er über sein Leben als Atheist sehr unzu­frieden war. Fest steht auch, dass das Opfer wohl ihren see­li­schen Frieden mit ihrem christ­lichen Glauben nicht nur gesucht, sondern auch gefunden hat. 
Könnte es nicht sein, dass dieser bekla­gens­werte junge Mensch, auch wenn er zum Mörder wurde, mit seiner gelebten Gott­lo­sigkeit nicht glücklich war? Und er es einfach nicht ertragen konnte, dass die schließlich von ihm ermordete Christin genau diese innere Zufrie­denheit zeigte, nach der er selbst immer suchte und sie ver­misste? Das wäre dann ein Mord aus Neid oder „Eifer­sucht“ auf das, was ihm aus eigener Schuld ver­gönnt war.
 Eine The­rapie auch für andere Fälle wäre: Den Athe­ismus nicht wie eine Fahne vor sich her tragen, sondern sich einmal fragen, warum prak­ti­zie­rende Christen ein aus­ge­gli­che­neres See­len­leben haben. Jeden­falls nicht zu Mördern an jenen werden, die an nichts oder an anderes glauben.“ (Leser­brief Ende)
Wor­aufhin ein Shit­storm ein­setzte, allen voran von einem Exemplar dieser „beken­nenden“ Athe­isten. Ein Michael Weiss aus Freiburg unter­stellte in einem Leser­brief vom 13.02.2017 den heute „beken­nenden Christen“ die Ver­ant­wortung fürmil­lio­nen­fachen Mord an Ungläu­bigen … Inqui­sition, Kreuzzüge … Mas­sen­schlach­tungen“ und bezichtigt „viele Christen ekkle­siogen bedinge Neu­rosen“, also eine durch Ein­fluss von Kirche und Religion ent­standene krank­hafte psy­chische Störung!
 Am gleichen Tag schrieb mir ein Herbert Bin­ninger eine Mail. Darin finden sich Sätze und Vor­würfe gegen Christen wie diese, von der rkK (römisch-katho­lische Kirche) bru­talst bekämpfte Auf­klärung, … Gewalt­bereit gegen alles und jeden, welcher z.B. kein Knier­ut­scher ist… ver­schwur­belte Pre­digten, Hokus­pokus usw…“
Weshalb ich vor dem Hin­ter­grund des hass­erfüllten Mordes eines Athe­isten an der beken­nenden Christin bei der Staats­an­walt­schaft Freiburg Straf­an­zeige gegen die Schrei­ber­linge stellte. Doch diese wies mit Schreiben vom 22.02.2017 – einen Tag vor dem unge­schrie­benen Tag der Nar­ren­freiheit an unserem „Schmut­zigen Don­nerstag“ – beide Straf­an­träge ab. Eine ver­folgbare Straftat liege in beiden Fällen nicht vor. Dies falle unter „Mei­nungs­freiheit, dadurch werde weder ich, noch die Christen all­gemein beschimpft und nicht bös­willig ver­ächtlich gemacht oder ver­leumdet. Und der unter­stellte „mil­lio­nen­fache Mord, die Mas­sen­schlach­tungen Ungläu­biger durch Christen“, seien „his­to­rische Sach­ver­halte“ – alles sei durch Mei­nungs­freiheit gedeckt.
Der Kon­struk­ti­ons­fehler des § 130 Straf­ge­setzbuch (soge­nannte „Volks­ver­hetzung“, aus Platz­gründen hier nicht zitiert) ist nämlich fol­gender, so unglaublich das klingt:
Nach höchst­rich­ter­licher Recht­spre­chung dürfen gesell­schaftlich Gruppen und Reli­gi­ons­ge­mein­schaften „beschimpft, bös­willig ver­ächtlich gemacht oder ver­leumdet“ werden. Solange nicht Teile solcher Gruppen her­aus­ge­griffen werden. Aber die Staats­an­walt­schaften scheinen ihr Geld auch nicht mehr Wert zu sein, denn der Vorwurf an mich als Knier­ut­scher gilt aus­schließlich den katho­li­schen Christen, womit zumindest der Straf­tat­be­stand § 130 StGB wegen Ver­ächt­lich­ma­chung erfüllt war.
Wegen dieses Kon­struk­ti­ons­fehlers, dass man auch im Internet bei pau­schaler Hassrede straffrei bleibt, und nur die dif­fe­ren­zierte Kritik an Teilen einer Gruppe strafbar sein kann, schrieb ich die Rechts­po­li­ti­schen Sprecher der Regie­rungs­par­teien an. Das war so, „als ob man einem Ochsen ins Horn kneift“ – keine Reaktion. Ich behaupte deshalb, dass die Regie­rungs­po­litik eine größere Schuld an der Ent­wicklung in Deutschland trägt, als jene Partei, der man alles in die Schuhe zu schieben ver­sucht. Es bleibt also dabei, dass DIE JUDEN pau­schal dif­fa­miert werden dürfen und nur strafbar ist, würden z.B. die sephar­di­schen Juden her­aus­ge­griffen und verunglimpft.
Unab­hängig von dieser desas­trösen Unrechts­si­tuation sei die poli­tische Frage erlaubt: Was wäre in unserer Republik los, wenn die­selben Tiraden gegenüber Mus­limen ver­breitet würden? Den Ver­fassern würde nicht nur Isla­mo­phobie unter­stellt, sie würden gesell­schaftlich geächtet und des „Ras­sismus“ bezichtigt.
Anschluss­frage: Emp­fiehlt sich nun ein Waf­fen­schein? Die ermordete Christin nahm die Hass­ti­raden des schließlich mor­denden Athe­isten nicht ernst. Anders als die Staats­an­wältin nehme ich die ver­balen Aus­fälle der athe­is­ti­schen Hasser nun sehr ernst! Von starken Worten bis zur Gewalttat ist es oft nicht weit. Die gleiche Erfahrung machen jetzt die jüdi­schen Gemeinden. Was tun, wenn die Polizei diese nicht mehr schützen kann?