China hatte mit seinen Exportüberschüssen Dollarreserven knapp unter 3 Billionen aufgeschatzt. Mit diesen Dollar erwirbt China Technologie, Rohstoffproduzenten und Infrastruktur weltweit. Eine Billion ist für das Seidenstraßenprojekt in Zusammenarbeit mit etwa 60 Anliegerstaaten im weiteren Einzugsgebiet vorgesehen.
Analog spricht China von der maritimen Seidenstraße von den Küsten Chinas bis in das Mittelmeer und zu den Küsten Ostafrikas. In Europa hat China den Hafen Piräus gekauft und zum zweitgrößten Containerhafen des Mittelmeeres ausgebaut. U. a. stehen die Häfen von Venedig, Genua und Triest zum Ausbau an. China hat zusammen mit Russland Seemanöver vor Kaliningrad durchgeführt. Vergleichbares gilt für Häfen an der afrikanischen Küste sowie Häfen an der Atlantik- und Pazifikküste Südamerikas, also im „Hinterhof“ der USA. Dort führte China zusammen mit der chilenischen Marine und mit der brasilianischen Marine Manöver vor deren Küsten durch.
China ist 2013 als Beobachter dem Arktischen Rat beigetreten. Diese Position baut es nun mit dem Anspruch auf Teilhabe aus. Dabei geht es um Fischgründe, Rohstoffe und Schiffahrtswege. China hat zwischen 2005 und 2017 in den acht Arktisstaaten etwa 90 Milliarden Dollar in Infrastruktur, Energieprojekte und Finanzkooperationen investiert und ist in den Kleinstaaten Grönland und Island zum größten Investor geworden, was bei der geringen Bevölkerung beider Staaten auch die Möglichkeit der politischen Einflußnahme eröffnet. China spricht in einer weiteren Analogie von der polaren Seidenstraße.
Zusammen mit den anderen vier BRICS-Staaten tritt China als Kreditgeber auf und baut Parallelstrukturen zu internationalen Institutionen auf, die vom Westen beherrscht wurden. So ist die New Development Bank mit Hauptsitz in Shanghai in Konkurrenz mit der Weltbank getreten. China hat inzwischen eine Reihe von Staaten mit geringer Bonität unter seinen politischen Einfluß gebracht, indem es deren Infrastruktur auf Kredit ausgebaut hat. Bedingung war und ist dabei regelmäßig, daß die Errichtung durch chinesische Firmen mit chinesischem Personal erfolgt. Große Teile der Erlöse aus Krediten fließen demnach alsbald nach China zurück, während Zins- und Kapitaldienst bei den Kreditnehmern verbleiben.
Das Inkrafttreten des afrikanischen Handelsabkommen AfCFTA kommt diesem Politikmodell entgegen, da es China den Zutritt zu allen Vertragsstaaten Afrikas gleichzeitig eröffnet. Der dadurch mögliche Ausbau der ohnehin schon starken chinesischen Position in Afrika und damit in der Südflanke Europas, hat nicht nur wirtschaftliche, sondern auch militärische Bedeutung.
Unter den zehn größten Banken der Welt sind fünf chinesische Banken. Die ersten drei Plätze teilen sie unter sich auf. Im Handel mit Dritten schließt China zunehmend in chinesischer Währung statt in Dollar ab.
Niederlassungen von ausländischen Unternehmen läßt China allerdings auf seinem eigenen Boden grundsätzlich nur zu, wenn die Tochterunternehmen chinesische Partner aufnehmen, was gleichzeitig den kostenlosen chinesischen Zugang zu fremder Spitzentechnologie eröffnet. In Unternehmen, die ihren Sitz in China haben, sitzen Parteisekretäre mit am Tisch, die bei allen strategischen Entscheidungen faktisch das Sagen haben.
Militärisch hat China erstmals mit der Einrichtung eines Marinestützpunktes in Djibouti auf einem fremden Kontinent Fuß gefasst. Der Stützpunk in Djibouti ist geeignet, den Zugang zu den Rohstoffen Afrikas und des mittleren Ostens zu überwachen.
China hat 1,4 Milliarden Einwohner, ist Atommacht, Weltraummacht (einige ESA-Astronauten lernen inzwischen Chinesisch) und ständiges Mitglied im Weltsicherheitsrat mit Vetorecht.
Ein Blick ins Eingemachte: China knüpft unter Xi Jinping an seine mehr als 2000-jährige Geschichte an. Dieses Politikverständnis geht von den Chinesen im Inland und den etwa 120 Millionen Auslandschinesen als den Söhnen und Töchtern des gelben Kaisers aus. Die Harmonie der Völker kann nach chinesischer Auffassung nur in Übereinstimmung mit den chinesischen Kerninteressen gelingen. Die Modernisierung wird bei strenger Überwachung und Disziplin im Konfuzianischen Sinne von oben gesteuert. Fremde Völker werden in Konferenzen mit den globalen Vorhaben Chinas und seinen Kerninteressen vertraut gemacht. Die Durchsetzung erfolgt mit Hilfe chinesischer Auslandsinvestitionen, Krediten, Freundlichkeit, Schuldenerlaß und – wenn dies nicht ausreicht – durch wirtschaftlichen Druck und – nicht nur im Südchinesischen Meer – zunehmend auch durch Drohung mit Gewalt oder direkt mit Gewalt.
Beim Bau von Militäranlagen nach Aufschüttungen von Atollen im Südchinesischen Meer wurde störendes internationales Recht und die Entscheidung des Ständigen Schiedsgerichtshofes in Den Haag schlicht beiseitegeschoben. Formal ist diese Politik die Umsetzung des Programms der kommunistischen Partei, so wie man Kommunismus in China in Übereinstimmung mit der chinesischen Geschichte versteht. Die Kommunisten als Avantgarde sind ein anderer Name für die klassischen, durch Kompetenz und moralischen Anspruch legitimierten Mandarine. Das was in China als Kommunismus bezeichnet wird, hat wenig mit Marx und Engels, viel mit der etatistischen und planwirtschaftlichen Tradition zu tun. Wobei sich China in erstaunlicher Weise von der zentralen Planwirtschaft unter Zulassung marktwirtschaftlicher Bausteine und der „materiellen Interessiertheit“ zu einem neuen ökonomischen System entwickelt hat.
Das wirtschaftliche Fundament der chinesischen Politik wird vom freien Welthandel getragen.
Deutlich niedrigere chinesische Kostenstrukturen haben bei gleichem Marktzugang zur Eliminierung wichtiger Teile der amerikanischen Industrie und als Reaktion darauf zur Anhebung amerikanischer Zölle geführt.
Die chinesisch/amerikanischen Handelsprobleme gelten prinzipiell auch für Europa und besonders für Deutschland, wobei die deutsche Exportabhängigkeit eine isolierte deutsche Reaktion verbietet. Europa und die USA sollten daher eine Handels- und Investitionspartnerschaft eingehen, die nicht nur ihre gegenseitigen Beziehungen regelt, sondern auch eine gemeinsame Zollpolitik gegenüber China erlaubt.
Aus der Sicht Chinas sind die Staaten des eurasischen Kontinents potentielle Satellitenstaaten des Reiches der Mitte, die über Seewege und die Seidenstraßen mit ihm verbunden und durch Marktverflechtungen, Kapitalbeteiligungen, in chinesischer Hand befindliche Infrastruktur und Verschuldung chinesischen Interessen dienlich sind.
Das ursprüngliche Seidenstraßenprojekt beruht auf einem von China vorgelegten, als unveränderbar und vertraulich bezeichneten, fünfseitigen Memorandum of Understanding. Es ist kein völkerrechtlicher Vertrag, enthält keine gemeinsame Planung mit Prioritäten, Ausschreibungspflicht und Marktzugang auf Gegenseitigkeit und sieht keine Beteiligung internationaler Banken vor. Das Memorandum wurde von mehr als 80 Staaten unterzeichnet, darunter alle Ost- und Südosteuropäer des 16+1‑Verbundes (11 EU-Mitglieder sowie Beitrittskandidaten.)
Mit dem in Warschau ins Leben gerufenen Kooperationsverbund „16+1“ (auch als Galeria + bezeichnet) hat China sein Interesse an Europa, besonders am Balkan und Osteuropa bekundet. Andererseits haben die Osteuropäer damit eine massive Drohkulisse gegenüber Berin und Brüssel aufgebaut. Erste Erfolge feierte China in Menschenrechtsfragen, als Staaten der EU zugunsten Chinas und gegen die EU-Position agierten.
China bemächtigt sich weltweit der relevanten Infrastruktur. Wer global Häfen, Flughäfen, Straßen, Schienenwege, Staudämme sowie insbesondere Strom- und Datennetze baut und betreibt kennt ihre Funktion und alle Möglichkeiten der Sabotage. Die Möglichkeit, Strom- und Datennetze zu stören, bedroht weltweit die Daseinsvorsorge, einschließlich der militärischen Infrastruktur. Dies ist die heraufziehende Form des Krieges zwischen Weltmächten, ein Krieg, der im Schutze atomarer Rüstung ohne das Betreten fremden Territoriums plötzlich oder schleichend zu führen ist. Auseinandersetzungen mit der Waffe können so minimiert, im Idealfall vermieden werden. Das Militär tritt erst bei Besetzung oder gegenüber Randmächten in Aktion. Im Rahmen zahlreicher UN-Missionen erwerben chinesische Truppen global Ortskenntnis in Konfliktgebieten und üben Einsätze in großer Entfernung und verschiedenen Klimabereichen.
China hat den ihm aufgedrängten Kulturkampf angenommen. Es hat den westlichen Begriff der Menschenrechte um die materielle Wohlfahrt als Basis erweitert, deren Beförderung Einschränkungen der Freiheit sowie Unterordnung rechtfertigen und die elektronischen Instrumente des Sozialkreditsystems entwickelt, das eine permanente Messung der gesellschaftlichen Vertrauenswürdigkeit eines jeden Bürgers ermöglicht. Unter dem Eindruck steigenden Wohlstandes und wachsender chinesischer Macht wird dieses politische Konzept, das sich auf die Lehren von Konfuzius stützen kann, außerhalb des westlichen Kulturkreises erhebliche Überzeugungskraft entwickeln. Der westliche Kulturkreis wird dem solange nichts entgegensetzen können, wie seine Sinnkrise andauert.
Europa sollte seine autonome Verteidigungsfähigkeit nicht nur mit Blick auf Russland, sondern insbesondere mit Blick auf China sicherstellen und insbesondere seine Infrastruktur vor fremdem Zugriff schützen. Bei der Entwicklung und dem Betrieb der Seidenstraßen ist auf Kooperation statt chinesischer Dominanz zu dringen. Die Staaten des europäischen Binnenmarktes sollten mit den USA eine Investitions- und Zollunion bilden sowie die NATO reformieren, um nachhaltig im Handel und in Währungsfragen sowie bei der Beherrschung der globalen Infrastruktur und in militärischen Machtfragen erfolgreich gegenüber China auftreten zu können.
Anmerkung: Der Text ist die Zusammenfassung von Diskussionen unter außenpolitisch interessierten Bürgern, die wegen der derzeit herrschenden medialen Femegerichte und der um sich greifenden Prangerung aus beruflichen Gründen anonym bleiben möchten.
Persönliche Anmerkung des Blogbetreibers: Alle Großmächte – das Alexanderreich, Rom, das Spanien des 17. und 18. Jahrhunderts, das napoleonische Frankreich, das viktorianische England, die Sowjetunion, die Vereinigten Staaten – haben früher oder später ihre Kräfte in weltweitem Engagement überdehnt. Prinzipiell kann sich auch China übernehmen. Es wird sich langfristig zeigen, ob man sich an vielen Fronten gleichzeitig nicht verzettelt. In Afrika hat bisher noch jeder Staat Kapital in den Sand gesetzt. Der Kolonialismus des 19. Jahrhunderts hatte etwa dieselben Motive – Sicherung von Rohstoffen, Absatzmärkten und Prestige – wie die chinesischen Aktivitäten.
Quelle: prabelsblog.de
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