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Ent­eignung von Immo­bi­li­en­be­sitzern: Die perfide 2‑Phasen-Stra­tegie der Linken und Grünen

Die Dis­kussion um den soge­nannten Mie­ten­deckel in Berlin hat die Debatte um die geplante Ent­eignung von Immo­bi­li­en­ei­gen­tümern in den Hin­ter­grund gedrängt. Dabei ist das Thema nach wie vor brand­ak­tuell. Grüne und Linke ver­folgen eine 2‑Phasen-Stra­tegie. Die Grüne Bun­des­tags­ab­ge­ordnete Canan Bayram hat diese jetzt laut einem Bericht der WELT (5.10.) mit diesen Worten offen gelegt: “Wenn wir jetzt die Mieten deckeln, wird später das Ent­eignen leichter – unter der Vor­aus­setzung, dass der ent­spre­chende Volks­ent­scheid die not­wendige Zustimmung bekommt.”
Um zu ver­stehen, was sie damit meint, muss man sowohl die Dis­kussion der Initia­toren des Ent­eig­nungs-Volks­ent­scheids als auch die Mecha­nismen des Mie­ten­de­ckels ver­stehen. Ein Haupt­einwand der Ent­eig­nungs­gegner war stets, dass die Ent­eignung zu teuer werde. Die Anhänger der Ent­eig­nungs­in­itiative – und deren Unter­stützer bei Linken und Grünen – hatten jedoch dagegen stets ein­ge­wandt, nach ihrer Meinung sei es aus recht­lichen Gründen nicht geboten, zum Ver­kehrswert zu ent­eignen, sondern die Ent­schä­digung für die betrof­fenen Immo­bi­li­en­ei­gen­tümer könne durchaus auch deutlich unter dem Ver­kehrswert liegen. Teil­weise wurde sogar gefordert, die Ent­schä­digung soll bei nur einem Euro liegen, aber letztlich setzte sich die Ansicht durch, dass die zu zah­lende Summe zu einem Abschlag auf den Ver­kehrswert von viel­leicht 50 oder 70 Prozent erfolgen könne.

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Aus Sicht der Ent­eig­nungs­be­für­worter ist das jedoch immer noch zu viel. Als Königsweg sehen sie eine 2‑Phasen-Stra­tegie.

Phase 1: So werden die Ver­kehrs­werte heruntergeprügelt

In der ersten Phase sollen die Ver­kehrs­werte der Immo­bilien in Berlin durch den Mie­ten­deckel her­un­ter­ge­prügelt werden. Und das geht so: Wenn die Mieten nicht mehr steigen dürfen oder sogar – wie im Refe­ren­ten­entwurf des Ber­liner Senats für den Mie­ten­deckel vor­ge­sehen – bei der Wie­der­ver­mietung (also beim Mie­ter­wechsel) abge­senkt werden müssen, dann hat dies direkte Aus­wir­kungen auf den Ver­kehrswert. Der Ver­kehrswert errechnet sich aus der zu erzie­lenden Net­to­kalt­miete und einem soge­nannten Mul­ti­pli­kator. Beides wird durch den Mie­ten­deckel gesenkt, sowohl die in der Zukunft zu erwar­tende Net­to­kalt­miete wie auch der Mul­ti­pli­kator, der die Ren­di­te­er­wartung eines Investors und das wahr­ge­nommene Risiko wider­spiegelt. Man sieht das bereits jetzt an den Kursen von bör­sen­no­tierten Immo­bi­li­en­ak­ti­en­ge­sell­schaften, die stark in Berlin inves­tiert sind. Der Kurs des Unter­nehmens Deutsche Wohnen sank von fast 45 Euro im März 2019 auf zeit­weise unter 29 Euro, bevor er sich wieder etwas erholte. Da die Deutsche Wohnen nicht nur in Berlin inves­tiert ist (110.000 von 167.000 Woh­nungen sind in Berlin), dürfte der Wert­verlust der Ber­liner Immo­bilien noch deut­licher aus­fallen. Sollte der Mie­ten­deckel in Berlin nicht nur einen Anstieg der Mieten ver­bieten, sondern Ver­mieter bei der Wie­der­ver­mietung auch zur Reduktion der Miete zwingen, dann könnte man damit rechnen, dass der Ver­kehrswert einer Immo­bilie um min­destens (!) ein Drittel sinken würde. Da Ber­liner Immo­bilien ins­gesamt über­be­wertet sind, könnte dies aber auch der Aus­löser für einen noch deut­li­cheren Rückgang der Ver­kehrs­werte sein.

Phase 2: Ent­eignung mit Abschlag auf den Verkehrswert

Und nun beginnt, so der Plan von Linken und Grünen, die Phase 2: Mit Volks­ent­scheid soll die Ent­eignung von allen Immo­bi­li­en­un­ter­nehmen beschlossen werden, die mehr als 3000 Woh­nungen besitzen. Die Ent­schä­digung soll mit einem deut­lichen Abschlag auf den Ver­kehrswert erfolgen. Ange­nommen, der Ver­kehrswert von 100 sei durch den Mie­ten­deckel bereits auf 66 gesunken (es könnten, wie gesagt, deutlich weniger sein), dann würde auf diese 66 noch einmal ein Abschlag von 50 bis 70 Prozent erfolgen. Ergebnis: Im Ver­gleich zu der Situation vor der Ent­eig­nungs- und Miet­deckel-Debatte würde die zu zah­lende Ent­schä­digung statt 100 Prozent nur noch 20 bis 33 Prozent des ursprüng­lichen Ver­kehrs­wertes betragen. Der Ber­liner Senat hatte zu Beginn der Ent­eig­nungs­de­batte die Ent­schä­di­gungs­summe für die betrof­fenen Unter­nehmen auf bis zu 36 Mil­li­arden Euro geschätzt, eine schier unglaub­liche Summe für eine über­schuldete Stadt, die vom Län­der­fi­nanz­aus­gleich lebt. Gelänge es, durch die 2‑Phasen-Stra­tegie zuerst die Ver­kehrs­werte auf 66 Prozent der ursprüng­lichen Summe her­un­ter­zu­prügeln (mit dem Mie­ten­deckel) und dann noch einen Dis­count (Abschlag) von 50 Prozent bei der Ent­eignung durch­zu­setzen, dann hätte sich diese Summe von 36 Mil­li­arden auf etwa 12 Mil­li­arden redu­ziert. Das liegt dann unter den Bank­ver­bind­lich­keiten, so dass es sich fak­tisch um eine ent­schä­di­gungslose Ent­eignung halten würde.
So ist wohl das Kalkül der Grünen Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten Bayram zu ver­stehen: “Wenn wir jetzt die Mieten deckeln, wird später das Ent­eignen leichter – unter der Vor­aus­setzung, dass der ent­spre­chende Volks­ent­scheid die not­wendige Zustimmung bekommt.” Ihr Wort hat bei den Grünen Gewicht, weil sie im Bun­destag die einzige mit Direkt­mandat gewählte Abge­ordnete der Partei ist.
Der Mie­ten­deckel, auf dem der Plan basiert, ist aus vielen Gründen ver­fas­sungs­widrig. Der offen­sicht­lichste Grund ist, dass die Gesetz­ge­bungs­kom­petenz im Bereich des Miet­rechtes nur beim Bund liegt, nicht bei den Ländern. Tat­sächlich stellt der Mie­ten­deckel nur eine ver­schärfte Form der bereits bun­desweit in Kraft gesetzten Miet­preis­bremse dar. Der Bund hat also in diesem Bereich von seiner Gesetz­ge­bungs­kom­petenz bereits Gebrauch gemacht, daher darf ein Land hier gar nicht mehr gesetz­ge­be­risch tätig werden. Dies kann jedoch nur das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt fest­stellen. Eine solche Klage könnte Jahre dauern, bis sie ent­schieden ist. Schneller könnte es nur mit einem abs­trakten Nor­men­kon­troll­ver­fahren gehen, wozu es jedoch min­destens 25% der Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten bedürfte. Die FDP hat bereits erklärt, dass sie ein solches Nor­men­kon­troll­ver­fahren nach Ver­kündung des Gesetzes unter­stützen würde. Unklar ist, wie sich die Bun­des­tags­fraktion der CDU/CSU ver­halten wird. Hier werden unter­schied­liche Mei­nungen zu diesem Thema ver­treten – was an sich schon ein Skandal ist. Denn was die Links­re­gierung in Berlin plant, ist nichts weniger als ein Putsch gegen das Grundgesetz.


Quelle: theeuropean.de