UNO schlägt Alarm: Fol­ter­vor­würfe im Fall Assange werden nicht untersucht

Der für Folter zuständige Ver­treter der UNO hat schwere Vor­würfe gegen Groß­bri­tannien, die USA und Schweden erhoben. Er wirft diesen Ländern Ver­stöße gegen ihrer Ver­pflich­tungen aus der UN-Kon­vention gegen Folter vor.
Ich war eini­ger­maßen über­rascht, dass das Thema in den deut­schen Main­stream-Medien anscheinend kom­plett ver­heim­licht wird. Schon am frühen Morgen des 16. Oktober haben das rus­sische Fern­sehen und auch andere rus­sische Medien darüber berichtet, dass der zuständige Ver­treter der UNO Groß­bri­tannien, den USA und Schweden – alles Mit­glieder der „west­lichen Wer­te­ge­mein­schaft“ – Ver­stöße gegen die UN-Kon­vention gegen Folter vorwirft.
Ich wollte die Meldung mit den Berichten der deut­schen Medien zu dem Thema ver­gleichen, aber leider musste ich fest­stellen, dass eine Google-Suche 30 Stunden nach dem Erscheinen der Mel­dungen in den rus­si­schen Medien immer noch kei­nerlei Berichte in deut­schen Medien gefunden hat.
Die Vor­würfe wegen Folter sind nicht neu, diese Vor­würfe hat die UNO auch schon früher erhoben. Neu ist aber, dass der UN-Ver­treter sich nun beschwert hat, dass die in den Fall invol­vierten Staaten kei­nerlei Schritte unter­nommen haben, die Fol­ter­vor­würfe zu unter­suchen, obwohl sie gemäß der UN-Kon­vention gegen Folter solche Vor­würfe unter­suchen müssten. Der Fall Assange zeigt, wie in der „west­lichen Wer­te­ge­mein­schaft“ mit Dis­si­denten umge­gangen wird und wie die „Qua­li­täts­medien“ Jour­na­listen-Kol­legen alleine lassen, die kri­ti­schen Jour­na­lismus betrieben haben und dafür sogar gefoltert werden.
Und zwar nicht in Kenia, sondern in London!
Da es in Deutschland keine Mel­dungen darüber gibt, habe ich den Bericht des rus­si­schen Fern­sehens übersetzt.
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Beginn der Übersetzung:
Der Gründer von Wiki­Leaks, Julian Assange, wird in einem bri­ti­schen Gefängnis sys­te­ma­tisch psy­cho­lo­gisch gefoltert. Das teilte der UN-Son­der­be­richt­erstatter Nils Meltzer mit. Er betonte, dass keines der an dem Fall Assange betei­ligten Länder – Groß­bri­tannien, die USA, Schweden und Ecuador – vor hat, die vor­lie­genden Fakten zu untersuchen.
„Ich habe ihn zwei medi­zi­ni­schen Experten gezeigt und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass er lange Zeit psy­cho­lo­gi­scher Folter aus­ge­setzt war. Das ist eine medi­zi­nische Bewertung. Wir haben alle betrof­fenen Staaten auf­ge­fordert, diesen Fall zu unter­suchen, den Druck auf ihn ein­zu­stellen und alles zu tun, um sicher­zu­stellen, dass seine Rechte, die meiner Meinung nach sys­te­ma­tisch ver­letzt wurden, respek­tiert werden. Aber ent­gegen meinen Erwar­tungen hat keines der an dem Fall betei­ligten Länder eine Unter­su­chung ein­ge­leitet, ent­gegen der Ver­pflich­tungen gemäß der UN-Kon­vention gegen Folter“, sagte Nils Meltzer, UNO-Son­der­be­richt­erstatter für Folter.
Julian Assange lebte etwa sieben Jahre in der ecua­do­ria­ni­schen Bot­schaft in London, bis die Regierung des latein­ame­ri­ka­ni­schen Landes der bri­ti­schen Polizei im April dieses Jahres erlaubten, den Wiki­Leaks-Gründer fest­zu­nehmen. Einen Monat später schickte ein bri­ti­sches Gericht Assange für 50 Wochen wegen eines Ver­stoßes gegen die Kau­ti­ons­be­din­gungen ins Gefängnis. Im Februar nächsten Jahres werden Anhö­rungen über Ass­anges Aus­lie­ferung an die Ver­ei­nigten Staaten beginnen.
Ende der Übersetzung
Erinnern Sie sich noch an den Auf­schrei in den west­lichen Medien, als im Sommer der Jour­nalist Golunov in Moskau einige Tage zu Unrecht im Gefängnis saß? Er hatte wegen Kor­ruption ermittelt und die betrof­fenen Beamten wollten ihn kalt stellen und haben ihm Drogen unter­schieben lassen. Golunov ist nach drei Tagen frei gekommen und es sind danach Köpfe des­wegen gerollt.
Und im Fall Assange? Auch hier wird ein Jour­nalist wegen seiner jour­na­lis­ti­schen Arbeit zu Unrecht ein­ge­sperrt. Und er wird gefoltert. Aber es rollen keine Köpfe, alle tun so, als wäre nichts los.
Auch die „Qua­li­täts­medien“ haben nichts zu beklagen, obwohl Assange wegen eine Baga­telle in einem Hoch­si­cher­heits­ge­fängnis ein­ge­sperrt wurde und die UNO den bri­ti­schen Behörden seit Monaten Folter vorwirft.
Man stelle sich einmal vor, das wäre in Russland oder China passiert…

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“