Frau Sacharova hat über die aktuelle Situation in Syrien berichtet und Stellung zu der Entscheidung der USA genommen, den „Weißhelmen“ eine weitere millionenschwere Unterstützung zu geben. Auch die Lage der Flüchtlinge vor Ort war ein Thema. Da die russische Sicht sich vollkommen von dem unterscheidet, was die westlichen Politiker und Medien zu dem Thema sagen, habe ich die offizielle Stellungnahme Russlands zu dem Thema übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Der Verfassungsausschuss wurde am 30. Oktober in Genf ins Leben gerufen. Vorausgegangen war das Treffen der Astana-Troika bestehend aus Russland, dem Iran und der Türkei. Wir betrachten seine Schaffung und den Beginn seiner Arbeit mit entscheidender Unterstützung des Astana-Formats als Errungenschaft vor allem für das syrische Volk. Gleichzeitig verstehen wir, dass der Ausschuss nicht alle angehäuften Probleme auf einen Schlag lösen wird. Aber es wird den syrischen Parteien – der Regierung und der Opposition sowie Vertretern der Zivilgesellschaft – zum ersten Mal in der jahrelangen Krise ermöglicht, an den Verhandlungstisch zu kommen, um über die Zukunft ihres Landes zu bestimmen, was angesichts der anhaltenden Spannungen in der Syrien besonders wichtig ist.
Was die Situation „am Boden“ betrifft, so beobachten wir besonders schwierige Situationen in den Gebieten, die nicht unter der Kontrolle der Regierung stehen, also am östlichen Ufer des Euphrat, in der Deeskalationszone von Idlib und in der von den USA besetzten Zone um die Siedlung Al-Tanf.
Im Nordosten Syriens wurde die Lage durch die Unterzeichnung des russisch-türkischen Memorandums am 22. Oktober in Sotschi unter Kontrolle gebracht. In Übereinstimmung mit den getroffenen Vereinbarungen begann die russische Militärpolizei gemeinsame Patrouillen mit den Türken entlang der 10 Kilometer breiten Sicherheitszone an der syrisch-türkischen Grenze. Syrische Regierungstruppen wurden in ausgewiesene Gebiete der Grenze entsandt. Auch der Abzug der Syrischen Demokratischen Kräfte und der kurdischen Selbstverteidigungseinheiten mit schweren Waffen 30 Kilometer von der Grenze entfernt wurde abgeschlossen.
Gleichzeitig werfen die illegalen Handlungen Washingtons viele Fragen auf. Wir kommentieren die Situation ständig zeitnah. Dazu möchte ich auch sagen, dass es bei der internationalen Gemeinschaft Fragen aufwerfen muss, wenn ein zivilisierter Staat, der sich ununterbrochen für irgendwelche demokratischen Werte und das Völkerrecht einsetzt, das Öl aus Quellen im Nordosten Syriens fördert – ich erinnere daran, dass wir über einen souveränen Staat reden – und diese kriminellen Aktivitäten mit dem Vorwand des Kampfes gegen den IS begründet. Ich möchte Sie daran erinnern, dass der IS nach Angaben der Alliierten im März dieses Jahres endgültig besiegt wurde. In der amerikanischen Position passt nichts zusammen. Unter Umgehung ihrer eigenen Sanktionen schmuggeln die Amerikaner pro Monat Öl im Wert von mehr als 30 Millionen Dollar aus Syrien und anscheinend haben sie nicht vor, diese Gebiete in absehbarer Zeit zu verlassen.
In der Deeskalationszone von Idlib beschießen Militante weiterhin Regierungstruppen. Etwa 600 solcher Angriffe wurden im Oktober registriert. Diese Region ist seit langem ein Hort des internationalen Terrorismus. Die russische Seite hält an dem Sotschi-Memorandum vom 17. September 2018 fest, das sollte aber nicht als Vorwand benutzt werden, um Terroristen zu schützen, die vom UN-Sicherheitsrat als solche anerkannt wurden. In diesem Zusammenhang sehen wir die Versuche einer Reihe westlicher Länder ausgesprochen negativ, die Allianz Heyat Tahrir al-Sham, die auf den Terrorlisten des UN-Sicherheitsrates und der meisten Länder steht, als bewaffnete Opposition – gemäßigt oder nicht gemäßigt – „weiß zu waschen“. Solche Ansätze sind inakzeptabel, weil sie den gemeinsamen Zielen und Grundsätzen der internationalen Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung zuwiderlaufen.
Trotz der Schwierigkeiten „am Boden“ kehrt die Lage in Syrien allmählich wieder zur Normalität zurück, das Land kehrt zu einem friedlichen Leben zurück, auch wenn das einigen nicht gefällt. Wir verstehen, dass es immer noch Anhänger der Idee gibt, dass alles in Syrien anders sein sollte, als es jetzt ist. Vom 26. bis 29. Oktober fand in Damaskus die internationale Energiemesse „Syria Petro“ statt, an der Öl- und Gasunternehmen aus Russland, Weißrussland, Kuwait, China, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten teilgenommen haben. Als Ergebnis der Veranstaltung wurden eine Reihe bilateraler Dokumente, Abkommen und Verträge unterzeichnet.
In diesem Zusammenhang möchte ich die Bedeutung von umfassender humanitärer Hilfe für Syrien ohne Diskriminierung, Politisierung und Vorbedingungen bekräftigen. Die Wiederherstellung der sozialen Infrastruktur ist eine Priorität, die besonders wichtig ist, um den Prozess der freiwilligen, sicheren und würdigen Rückkehr der Syrer in ihre Heimat aufrechtzuerhalten. Seit Juli 2018 sind mehr als 450.000 Menschen Syrien in ihre Heimat zurückgekehrt davon mehr als 1,3 Millionen Binnenvertriebene.
Wir sind enttäuscht über die Informationen, dass die USA entschieden haben, eine weitere Tranche von 4,5 Millionen Dollar für die „Weißhelme“ bereitzustellen, sowie über Washingtons Aufruf an andere Länder, sich der Unterstützung syrischer Pseudo-Humanisten anzuschließen.
Russland hat wiederholt öffentlich Beweise nicht nur über bilaterale Kanäle, sondern auch in der Öffentlichkeit, präsentiert, die die stabilen Verbindungen der „Weißhelme“ mit terroristischen Strukturen, sowie von ihnen begangene Verbrechen und ihre Beteiligung an gestellten chemischen Angriffen gezeigt haben. Diese Informationen wurden von Untersuchungen sowohl von in- als auch ausländischen, seriösen und unabhängigen Experten bestätigt. Es waren ja ausländische Experten und Journalisten, die als erste auf die kriminellen Aktivitäten der „Weißhelme“ aufmerksam geworden sind. Allerdings waren es nicht viele und ihre Stimmen wurden vom Mainstream übertönt, der sagte, dass die „Weißhelme“ Leute sind, die die Region und insbesondere Syrien retten. Wie auch immer, aber die ersten Berichte und seriöse Recherchen zu diesem Thema kamen von westlichen Journalisten. Sie haben uns vor einigen Jahren direkt gesagt, dass ihre Informationen leider im westlichen Medienraum blockiert werden. Informationen über die kriminellen Aktivitäten der „Weißhelme“ werden zunehmend bestätigt. Doch in Washington und offenbar auf seinen Druck, zieht man es in vielen anderen westlichen Hauptstädten immer noch vor, die Fakten trotzig zu ignorieren und so zu tun, als ob man nicht bemerken würde, dass die „Weißhelme“ sich endgültig selbst diskreditiert haben.
Derzeit konzentriert sich die Aktivität der „Weißhelme“ in der Provinz Idlib und wird in Zusammenarbeit mit Heyat Tahrir al-Sham und anderen Terrorgruppen durchgeführt. Berichten zufolge, die die syrische Regierung regelmäßig an die UNO übermittelt, bereiten „Weißhelme“ zusammen mit Terroristen neue chemische Provokationen in Syrien vor, um den Friedensprozess in diesem Land zu untergraben.
Und für diese Pseudo-Retter gibt die amerikanische Regierung das Geld der amerikanischen Steuerzahler aus, was einmal mehr unmissverständlich den Mangel an konstruktiver Haltung und echtem Interesse an der Lösung des Konfliktes in Syrien und der Rückkehr des Landes zu einem friedlichen Leben aufzeigt. Es wäre sinnvoller, dieses Geld zur direkten Unterstützung bei der Reparatur von Krankenhäusern, Schulen und zum Kauf von medizinischer Ausrüstung zu verwenden, als eine Organisation zu sponsern, die schreckliche und illegale Aktivitäten ausübt.
Diese Entscheidung ist angesichts der Tatsache besonders zynisch, dass sie am selben Tag veröffentlicht wurde, an dem Russland und die Türkei in Sotschi Maßnahmen zur Beendigung des Blutvergießens im Nordosten Syriens vereinbart haben und die politischen Bemühungen fortsetzen, den Konflikt zu lösen.
Wir sind der Meinung, dass die Finanzierung der „Weißhelme“, die an terroristische Gruppen angeschlossen sind, eine weitere Manifestation von „Doppelstandards“ bei der Terrorismusbekämpfung durch Washington ist. Wir betonen die Unzulässigkeit solcher unverantwortlichen Schritte, die an die Unterstützung des Terrorismus grenzen.
Am 24. Oktober im UN-Hauptquartier in New York und am 25. Oktober in Washington stellte der Direktor der russischen NGO „Foundation for the Study of Democracy“, Grigoriev, seinen neuen Bericht über die reale Situation in den Lagern für Binnenvertriebene in Syrien vor. Er versorgt die Weltgemeinschaft regelmäßig mit Informationen über die Verbrechen der „Weißhelme“.
Die auf Augenzeugenaussagen basierende Untersuchung liefert Beweise für die Gräueltaten der von Washington kontrollierten Banden in Rukban und unterstreicht seine Verantwortung für die rasche Verschlechterung der humanitären Lage in Syrien. Dank dieser Veranstaltung war es für ein ausländisches Publikum möglich, Daten zu bekommen, die aufzeigen, dass IS-Kämpfer sich im Lager niedergelassen haben, Vergewaltigungen und andere unwürdige und im Widerspruch zu den Normen der menschlichen Moral stehende Dinge gegenüber Frauen und Kindern stattfinden, sowie Waffen an Terroristen verkauft werden.
Leider verschließen westliche Hauptstädte gegenüber solchen Menschenrechtsverletzungen und regelrechten Flirts mit Kopfabschneidern die Augen. Nichtsdestotrotz schätzen wir den Beitrag der russischen Zivilgesellschaft, die Welt unvoreingenommen und verantwortungsbewusst darüber zu informieren, was in Syrien geschieht. Dabei handelt es sich nicht um die endgültige Wahrheit, sondern um die Bereitstellung von Material aus Originalquellen direkt aus der Zivilgesellschaft in Syrien, die die internationale Gemeinschaft nicht ignorieren kann.
Ende der Übersetzung
Wenn Sie sich dafür interessieren, wie Russland auf die Fragen der internationalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und ungekürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse. Über Syrien gibt es in dem Buch ein eigenes Kapitel und es ist spannend zu beobachten, was Putin in all den Jahren zu dem Thema gesagt und wie sehr er Recht behalten hat.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
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