Das rus­sische Fern­sehen über die Hin­ter­gründe des Amts­ent­he­bungs­ver­fahrens gegen Trump

Während die deut­schen Medien unun­ter­brochen über das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren gegen Trump berichten, lassen sie die Hin­ter­gründe immer weg. Das ist in Russland anders, das rus­sische Fern­sehen hat sie am Sonntag in der Sendung „Nach­richten der Woche“ beleuchtet.
Es ist inzwi­schen schon Tra­dition, dass das rus­sische Fern­sehen im wöchent­lichen Nach­rich­ten­rück­blick die Situation in den USA seziert. An diesem Sonntag hat das rus­sische Fern­sehen etwas getan, was die deut­schen Medien tun­lichst ver­meiden: Es hat einen Blick auf die Gründe für das Impeachment-Ver­fahren gegen Trump geworfen. Und man fragt sich, warum die deut­schen Medien ihren Lesern und Zuschauern diese Hin­ter­gründe hart­näckig ver­schweigen. Daher habe ich die Sicht des rus­si­schen Fern­sehens auf den poli­ti­schen Zirkus in den USA übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Die erste Phase der großen poli­ti­schen Show, der Amts­ent­hebung von Prä­sident Trump, ist in den Ver­ei­nigten Staaten zu Ende gegangen. Die Demo­kraten werfen dem Staatschef Amts­miss­brauch vor und ver­suchen zu beweisen, dass Trump vom ukrai­ni­schen Prä­si­denten Selensky eine Unter­su­chung gegen den ehe­ma­ligen US-Vize­prä­si­denten Joseph Biden und seinen Sohn Hunter im Gegenzug für mili­tä­rische Hilfe gefordert hat.
Der Geheim­dienst­aus­schuss des Reprä­sen­tan­ten­hauses hat 12 Zeugen angehört. Der Bericht wird dem Jus­tiz­aus­schuss des Reprä­sen­tan­ten­hauses über­geben, wo ent­schieden wird, ob genügend Infor­ma­tionen gesammelt wurden, um eine for­melle Anschul­digung gegen Trump zu erheben. Er hat die Demo­kraten bereits als „lächerlich“ bezeichnet und erklärt, dass er bereit sei, das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren fortzusetzen.
Aber die wich­tigste Frage, nämlich was der Sohn des US-Prä­si­dent­schafts­kan­di­daten Joe Biden eigentlich in der Ukraine gemacht hat, ist irgendwie in den Hin­ter­grund geraten. Zu lei­den­schaftlich sind alle mit der Zer­störung des amtie­renden Prä­si­denten der Ver­ei­nigten Staaten beschäftigt.
Die Amts­ent­he­bungs­an­hö­rungen durch Abge­ordnete der demo­kra­ti­schen Partei ist zu einer Show geworden. Fast 14 Mil­lionen Zuschauer sahen die Über­tra­gungen. Danach rief ein in Washington ansäs­siger Fern­seh­zu­schauer, Donald Trump, im Pro­gramm Fox-Friends an.
„Ver­gesst nicht, die Ukraine hat mich gehasst, sie waren im Wahl­kampf gegen mich, sie wollten, dass Hillary Clinton gewinnt. Und als ich gewonnen habe, fingen sie plötzlich an, mich so gut zu behandeln“, sagte Trump.
Trump sprach fast 40 Minuten lang mit dem Studio. Er berichtete auch über die lau­fenden Ermitt­lungen gegen FBI-Agenten, die seine Mit­ar­beiter im Wahl­kampf über­wacht haben und über die Kor­ruption in der Ukraine.
„Dort herrscht Kor­ruption von unglaub­lichem Ausmaß. Warum sollten wir Hun­derte Mil­lionen Dollar an Länder mit diesem Ausmaß an Kor­ruption geben?“, empörte sich Trump.
Trumps Gegner haben es der ehe­ma­ligen Chefin der Abteilung für Europa und Russland im Natio­nalen Sicher­heitsrat der Ver­ei­nigten Staaten, Fiona Hill, anver­traut, sich dazu zu äußern. Das sei kein Problem, weil die Ukraine ein Ver­bün­deter sei, sagte Hill. Und alle, die anders denken, sind rus­sische Agenten.
„Einige scheinen zu glauben, dass Russland und seine Geheim­dienste sich nicht in die Ange­le­gen­heiten unseres Landes ein­ge­mischt haben, sondern dass die Ukraine das irgendwie getan hat. Dieser Mythos wird von den rus­si­schen Geheim­diensten selbst gefördert. Die Wahrheit ist, dass es Russland war, das unsere demo­kra­ti­schen Insti­tu­tionen 2016 sys­te­ma­tisch ange­griffen hat“, sagte Hill.
Geschlagene drei Jahre lang wurden sowohl normale Wähler, als auch Kon­gress­ab­ge­ordnete mit dieser Finte beschäftigt. Doch nun sind Trumps Repu­bli­kaner-Kol­legen zum Gegen­an­griff über­ge­gangen. Die Leiter der Aus­schüsse für Finanz- und innere Sicherheit und Regie­rungs­fragen schickten einen Brief an das US-Finanz­mi­nis­terium. Sie ver­langen Infor­ma­tionen über Geld­wäsche und Betrug bei geschäft­lichen Trans­ak­tionen zwi­schen dem ukrai­ni­schen Unter­nehmen Burisma und Joe Bidens Sohn Hunter. Also genau zu den Fragen, von denen das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren ablenken soll.
„Als Joe Biden Vize­prä­sident war, arbeitete sein Sohn Hunter für Burisma und erhielt min­destens 50.000 Dollar pro Monat, obwohl ukrai­nische und bri­tische Behörden bereits gegen das Unter­nehmen und die Akti­vi­täten seines Eigen­tümers ermittelt haben“, heißt es in dem Schreiben.
Das Finanz­mi­nis­terium hat bis zum 5. Dezember Zeit, dem Senat zu ant­worten. Ver­treter des Minis­te­riums sind nicht bereit, sich zum Fall Burisma zu äußern, aber dafür geschieht das in Kiew.
„Biden und seine Partner haben 16,5 Mil­lionen Dollar für ihre Dienste im Rahmen ihrer Arbeit für Burisma erhalten. Der Sohn von Vize­prä­sident Joe Biden wurde für seine Dienste mit Geld bezahlt, das vorher gewa­schen Geld worden ist. Biden erhielt sein Geld nicht für erfolg­reiche Arbeit und auch nicht für Beratung. Das ist das Geld der ukrai­ni­schen Bürger, es wurde ihnen gestohlen. Das Geld wurde mit kri­mi­nellen Mitteln erlangt“, sagte der Abge­ordnete Andrej Derkatsch.
In der Ukraine wird nicht Gas gestohlen, sondern Geld. Dieses in der Ukraine bewährte Schema haben die Bewohner des Dorfes Pawl­jut­kowka zu spüren bekommen. Burisma-Türme stehen einen halben Kilo­meter vom Stadtrand entfernt.
„Wir haben dieses Fracking-Gas in Gas­fla­schen gekauft. Aber es gibt keins mehr, die Lichter sind aus­ge­gangen, es gibt auch keine Heizung mehr“, klagen die Einheimischen.
Hunter Biden hat es vor­ge­zogen, nicht in diese unan­sehn­liche Rea­lität der neuen ame­ri­ka­ni­schen Kolonie ein­zu­tauchen. Während der fünf­jäh­rigen Arbeit in der ukrai­ni­schen Fracking-Gas­in­dustrie war er nur dreimal in der Ukraine. Im April 2014 hat der Vize­prä­sident der Ver­ei­nigten Staaten, – Biden Senior, die Maidan-Regierung beauf­sichtigt hat, seinem Sohn den Job bei Burisma besorgt. Biden Junior leitete die juris­tische Abteilung von Burisma und bekam dafür ins­gesamt min­destens 150.000 Dollar monatlich. Vier Wochen zuvor hatte sein Vater zum ersten Mal gefordert, dass Kiew seine Ener­gie­ab­hän­gigkeit von Russland ver­ringern sollte und er hat die For­derung bei jeder Gele­genheit wiederholt.
Zum Bei­spiel 2015: Das ame­ri­ka­nisch-ukrai­nische Inves­to­ren­forum fand in Washington statt. „Russland will die Ukraine finan­ziell unter Druck setzen. Es nutzt Gas als poli­tische Waffe. Es ver­sucht, Kor­ruption und Olig­archie als Instrument der Außen­po­litik zu expor­tieren. Das ist wie Krebs und breitet sich in jedem Land aus“, sagte Joe Biden.
Bidens Worte wurden vom dama­ligen ukrai­ni­schen Minis­ter­prä­si­denten Arseni Jazenjuk, der für sein Ver­sprechen, einen Graben an der Grenze zu Russland zu errichten, in Erin­nerung bleiben wird, mit Ehr­furcht ver­nommen. Zum Graben sind sie zwar nicht gekommen, aber aus dem ukrai­ni­schen Haushalt große Summen „her­aus­zu­schneiden“, das haben sie geschafft.
Ein Jahr später hat der ukrai­nische Gene­ral­staats­anwalt Schokin auf die Prak­tiken bei Burisma hin­ge­wiesen. Schokin hatte auch die Bidens im Visier. Er erfuhr, dass damalige ehe­malige US-Vize­prä­sident 900.000 Dollar von Burisma für Lob­by­arbeit erhalten hat. Das Geld wurde auf das Konto der ame­ri­ka­ni­schen Firma Rosemont Seneca Partners über­wiesen, bei der Hunter Biden erst im Oktober dieses Jahres gekündigt hat. Vor Schokin wurde er sicher von seinem Vater abge­schirmt. Der Vize­prä­sident der Ver­ei­nigten Staaten feuerte einfach den Gene­ral­staats­anwalt der Ukraine.

Es ist unwahr­scheinlich, dass dies Bidens einzige der­artige Epi­soden waren. In der Ukraine spielte er sich so auf, wie es die Ame­ri­kaner zum Bei­spiel in Latein­amerika gewohnt sind: als Herr und Meister. Er saß bei Kabi­netts­sit­zungen in Kiew am Kopfende des Tisches und Poro­schenko setzte sich an die Seite.
Um die Nuancen dieser Beziehung zu ver­stehen, will Senator Lindsey Graham die Archive öffnen. Er fordert Pompeo auf, den Inhalt der Gespräche mit Poro­schenko zur Ver­fügung zu stellen. Für Biden klang der Tweet wie eine per­sön­liche Beleidigung.
„Es wird sehr schwierig für ihn sein, wie­der­ge­wählt zu werden. Trump hat jetzt eine solche Macht über ihn, dass sogar die Ukrainer vor ihm auf die Knie gehen werden, Lindsay wird das für den Rest seines Lebens bereuen„, sagte Joe Biden.
„Das klingt wie ein schlechtes Remake von „Der Pate“. Dieser Mann möchte, dass ich aus dem Fern­sehen ver­schwinde, jede Woche will er sich einen Kampf mit dem Prä­si­denten liefern, aber wenn es um das Geld seiner Familie geht, sagt er, dass er nichts weiß“, sagte Rudolph Giu­liani, Trumps Anwalt.
Für die Wähler wird es immer schwerer, die Sache zu ver­stehen. Ukrai­ni­sches Fracking-Gas, an dem sein Sohn gut ver­dient hat, beginnt im Wahl­kampf von Biden Senior als Wahr­heits­serum zu fungieren.
Die Atmo­sphäre vor der Wahl ist ver­giftet. In Iowa, wo die ersten Vor­wahlen, deren Sieger nor­ma­ler­weise Prä­si­dent­schafts­kan­didat der Partei wird, im Februar beginnen, ist Biden nicht an der Spitze. Er klammert sich an einen Platz unter den „Top-Vier“ und hinkt dem Füh­renden, dem Bür­ger­meister von Indiana, bereits um bis zu 10 Prozent hinterher.
Ende der Übersetzung


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“