Ankla­ge­punkte gegen Trump im Impeachment-Ver­fahren fest­gelegt — Wie in Russland berichtet wird

In Washington wurden die Ankla­ge­punkte im Amts­ent­he­bungs­ver­fahren gegen Trump beschlossen. Die Mehrheit der Demo­kraten im Kon­gress hat dafür gestimmt.
Wahr­scheinlich schon nächste Woche wird das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren offi­ziell eröffnet, wenn der Kon­gress mit der Mehrheit der Demo­kraten für eine Ankla­ge­er­hebung gegen Trump stimmt. Der Jus­tiz­aus­schuss hat am Freitag dafür den Weg frei gemacht, indem er zwei Ankla­ge­punkte gegen den US-Prä­si­denten beschlossen hat: Macht­miss­brauch und Behin­derung der Justiz.
Danach wird das Ver­fahren an den Senat über­geben, der dazu eben­falls Anhö­rungen abhalten wird. Dort haben die Repu­bli­kaner die Mehrheit und die werden sicher sowohl den Whist­le­b­lower vor­laden, der das Ver­fahren ange­stoßen hat, als auch die Bidens. Schließlich sind der Grund, warum Trump Druck auf den ukrai­ni­schen Prä­si­denten aus­geübt haben soll, Kor­rup­ti­ons­vor­würfe gegen Hunter Biden, Sohn des mög­lichen Prä­si­dent­schafts­kan­di­daten der Demo­kraten, Joe Biden. Die Hin­ter­gründe finden Sie hier.
Wie lange die Anhö­rungen im Senat dauern werden, weiß niemand. Es könnte ganz schnell gehen und die repu­bli­ka­nische Mehrheit stimmt dagegen und beendet den poli­ti­schen Zirkus. Es kann aber auch lange dauern, wenn die Repu­bli­kaner viel Belas­tendes über Biden und seine Machen­schaften in der Ukraine finden. Dann könnte sich das Ver­fahren wie ein Kau­gummi hin­ziehen und die Repu­bli­kaner würden jede Klei­nigkeit medial ausschlachten.
Trump selbst hat mit­ge­teilt, ihm sei es egal, wie lange das Ver­fahren dauert: „Ich habe nichts gegen einen langen Prozess, weil ich den Whist­le­b­lower sehen will, er ist ein Ver­räter. Mir ist beides recht, ein langes oder ein kurzes Verfahren.“
Da die deut­schen Medi­en­be­richte über das Thema all­gemein bekannt sind, habe ich einen Bericht des rus­si­schen Fern­sehens über die aktu­ellen Ereig­nisse übersetzt.
Beginn der Übersetzung:
Donald Trump tut sich schwer, sich nicht von dem ablenken zu lassen, was im Kon­gress vor sich geht. Selbst die ame­ri­ka­ni­schen Medien meinen bereits, dass die Archi­tekten des Amts­ent­he­bungs­ver­fahrens im Reprä­sen­tan­tenhaus über­nachten. In der Prä­si­di­al­ver­waltung wurde die Ent­scheidung, beide Ankla­ge­punkte zu geneh­migen, als „lächer­licher Unsinn“ bezeichnet.
Die­je­nigen, die mit „Ja“ zu einem Amts­ent­he­bungs­ver­fahren gestimmt haben, waren in der Mehrheit. Innerhalb von fünf Minuten sind die Vor­würfe ange­nommen worden. Trump wird wegen Macht­miss­brauchs und Behin­derung der Justiz angeklagt.
Der his­to­rische Moment sollte schon gestern kommen. Aber die Anhö­rungen haben sich zu sehr in die Länge gezogen. Die Kon­gress­ab­ge­ord­neten blin­zelten immer öfter, manche rümpften deutlich sichtbar die Nase. Der Vor­sit­zende meinte schließlich, man solle die Ent­scheidung über das Amts­ent­he­bungs­ver­fahrens überschlafen.
„Die Sitzung wird bis morgen um 10.00 Uhr unter­brochen, danach wird jeder von uns die Mög­lichkeit haben, für oder gegen jeden der Artikel des Amts­ent­he­bungs­ver­fahrens zu stimmen“, sagte Gerald Nadler, Vor­sit­zender des Jus­tiz­aus­schusses im Kon­gress des Repräsentantenhauses.
„Sie ver­stoßen gegen die Regeln, Sie haben beschlossen, sich nicht mit dem stell­ver­tre­tenden Vor­sit­zenden des Aus­schusses zu einem so wich­tigen Thema zu beraten! Das ist alles eine Parodie eines Gerichts, das ist es, was ich denke! Es sieht aus wie Sta­li­nismus, wie bei einem Dik­tator!“, sagte Chris Collins, ein repu­bli­ka­ni­sches Mit­glied des US-Repräsentantenhauses.
Sta­linist und Dik­tator, weil er die Pläne seiner Kol­legen durch­kreuzt hat. Am Freitag wollten die Kon­gress­ab­ge­ord­neten Washington in aller Stille für das Wochenende ver­lassen. Aber das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren ist bereits zu einer TV-Show geworden.
„Sie wollen die Über­tragung morgen wieder auf­nehmen, es ist jetzt nach 23 Uhr und es schauen nur noch wenige Men­schen zu“, sagte Collins.
Als der Kon­gress aus­ein­ander ging, schlief die Haupt­stadt schon lange. Auf den leeren Straßen war­teten manche lange auf ein Taxi.
Es ist 23:15 Uhr in Washington, D.C. und das Gebäude, in dem die Anhö­rungen statt­finden, ist immer noch beleuchtet. Kon­gress­ab­ge­ordnete dis­ku­tieren seit mehr als 14 Stunden über die Artikel des Amtsenthebungsverfahrens.
Also pro­tes­tierten die Repu­bli­kaner. Sie haben es fast geschafft, die Anhö­rungen unendlich in die Länge zu ziehen. Es wurden fünf Ände­rungs­an­träge ein­ge­reicht. Und nach den Regeln hatte jedes der 40 Mit­glieder des Aus­schusses jeweils 5 Minuten Zeit, um darüber zu sprechen. Und jeder nutzte sein Recht voll aus.
„Hunter Biden und „Burisma“, das ist die inter­es­sante Geschichte. Sein Gehalt betrug 86.000 Dollar pro Monat, obwohl er kei­nerlei Erfahrung hatte. Er arbeitete für ein fremdes Land, obwohl sein Vater Vize­prä­sident der Ver­ei­nigten Staaten war. Gibt es hier jemanden, der das in Ordnung findet?“, fragte Matt Gates, ein repu­bli­ka­ni­sches Mit­glied des US-Repräsentantenhauses.
Die gleiche Frage hat auch Trump gestellt, als er Selensky über­zeugte, eine Unter­su­chung der Kor­rup­ti­ons­fälle des ehe­ma­ligen Vize­prä­si­denten einzuleiten.
Die Demo­kraten stellen die Geschichte in einem anderen Licht dar. Einer der Kon­gress­ab­ge­ord­neten machte sich Notizen über die Mit­schrift des Gesprächs. Der Satz „Herr Prä­sident, ich bitte Sie, uns einen Gefallen zu tun“ wird so inter­pre­tiert: Trump bittet die Ukrainer, ihm im Gegenzug für mili­tä­rische Hilfe bei seinem Wahl­kampf zu helfen. Es gab auch eine Erklärung dafür, warum Selensky sagte, Trump habe ihn nicht unter Druck gesetzt.
„Natürlich hat er erklärt, dass er nicht unter Druck gesetzt wurde. An seinen Kopf wurde eine Pistole gehalten, der Prä­si­denten der Ver­ei­nigten Staaten, war diese Pistole, von der Selensky abhängig war, weil er auf die mili­tä­ri­scher Hilfe ange­wiesen war“, sagte Gerald Nadler, Vor­sit­zender des Jus­tiz­aus­schusses des Repräsentantenhauses.
Die Repu­bli­kaner schlugen Ände­rungen vor, die Demo­kraten lehnten mit Mehrheit ab. 40 Per­sonen, die bis spät in die Nacht saßen, ver­passten den Kon­gressball im Weißen Haus, wo Trump die Gele­genheit nicht ver­passte, mit seinen Erfolgen zu prahlen: „Dieser Monat in Washington war sehr auf­regend. So viele gab es davon nicht. Ich sage es mal so: Wir sind in der besten wirt­schaft­lichen Lage in der Geschichte des Landes.“
Trumps Anwälte stellen bereits ihre Ver­tei­di­gungs­linie mit der repu­bli­ka­ni­schen Mehrheit des Senats auf, wo das Amts­ent­he­bungs­ver­fahren wahr­scheinlich landet. Das von den Demo­kraten kon­trol­lierte Reprä­sen­tan­tenhaus könnte bereits nächste Woche für ein Amts­ent­he­bungs­ver­fahren stimmen.
Ende der Übersetzung

Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“