Die langsame, öffent­liche Hin­richtung des Julian Assange

Müßig, zum sound­so­vielten Male dar­zu­legen, dass Pro­teste in Ländern wie China und Russland oder gegen Donald Trump gefeiert werden und Maß­nahmen der „Sicher­heits­kräfte des Regimes“ aufs Schärfste ver­ur­teilt, bei Pro­testen in Frank­reich aber zu bru­talsten Poli­zei­ak­tionen geschwiegen wird, und wenn über­haupt berichtet wird, dann von „gewalt­tä­tigen Ausschreitungen“.
Das­selbe geschieht bei Whist­le­b­lowern und poli­ti­schen Akti­visten. Wenn der Künstler Ai Weiwei als Regime­kri­tiker gegen China keilt, bekommt er einen roten Teppich aus­ge­rollt und die Nomen­klatura linker Pro­minenz drängelt sich beim Foto­termin mit ihm. Dann aber machte er einen Fehler: Er wolle Berlin ver­lassen, denn Deutschland sei keine offene Gesell­schaft, sondern eine, die sich selbst beschütze und „nicht wirklich andere Ideen und Argu­mente akzep­tiert“. Es gebe, so der auf­müpfige Künstler, „kaum Raum für offene Debatten, kaum Respekt für abwei­chende Stimmen“.

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Wer in Deutschland nicht dem Main­stream hin­ter­her­läuft, kann bei seiner Aussage nur zwei Daumen hoch strecken. Sieh an: Die FAZ fühlte sich dar­aufhin sofort bemüßigt, Ai Weiwei in geschmäck­le­ri­schen Umschrei­bungen, mit leicht arro­ganter Nach­sicht gewürzt, abzu­kanzeln, es fehle die Sub­stanz seiner Argu­mente. Es gebe, so die FAZ, „jeden­falls kein Debat­ten­verbot in Deutschland“. Da schauen Kon­ser­vative, Kli­ma­skep­tiker, Fleisch­esser, SUV-Fahrer und die AfD aller­dings sehr verwundert.
Julian Assange hat mit Wiki­Leaks Geschichte geschrieben
Julian Assange hat Geschichte geschrieben. Er ist die Figur, die Wiki­Leaks ver­körpert. Sie haben vieles ans Licht der Öffent­lichkeit gebracht und damit poli­tische Erd­beben ausgelöst.
Julian Assange wusste, was er tat, als er die Welt­öf­fent­lichkeit über Kriegs­ver­brechen der USA in Afgha­nistan und im Irak infor­mierte. Die Irak- und Afgha­nistan-Kriegs­pro­to­kolle machten die wahren Zahlen an zivilen Opfern und Kriegs­ver­brechen, die Miss­hand­lungen und Fol­te­rungen weltweit bekannt – aber Assange unbe­liebt bei den Mächtigen.
Julian Assange und Wiki­Leaks haben es sich zur Aufgabe gemacht, die geheim­ge­hal­tenen Doku­mente über die Schand­taten und Lügen der Mäch­tigen der All­ge­meinheit zur Ver­fügung zu stellen. Dar­unter auch sehr große Teile des Skandals um die Clintons, deren Umfeld, die Ver­bin­dungen von Bill und Hillary Clinton, ihrer Assis­tentin Huma Abedin und deren Ehemann Anthony Weiner in die Pädo­phi­len­szene. Wiki­Leaks ver­öf­fent­lichte die per­sön­lichen E‑Mails der Betei­ligten.
Auch die Guan­tanamo-Akte, die die sys­te­ma­tische Anwendung von Ernied­rigung und Gewalt in dem berüch­tigten Gefängnis doku­men­tierte, brachte die US-Admi­nis­tration in Nöte. 800 Häft­linge, einige von ihnen nur 14 Jahre alt, der älteste 89 Jahre alt, wurden dort sys­te­ma­tisch gefoltert und misshandelt.
Es war Assange und Wiki­Leaks, die die nie­der­län­dische Firma Tra­figura als Gift-Mas­sen­mörder ent­larvten. Tra­figura hatte mas­sen­weise hoch­giftige Che­mi­kalien an der Elfen­bein­küste aus­ge­bracht und damit über 100.000 Men­schen ver­giftet.
Berühmt auch das Video aus einem US-Kampf­hub­schrauber im Irak, das zeigt, wie Men­schen in einer Stadt einfach wie Ton­tauben abge­knallt wurden. Die zyni­schen Kom­mentare der Heli­ko­pter­be­satzung, wie sie ver­gnügt einfach auf alles schossen, was sich da am Boden bewegte … wie in der Schießbude auf dem Jahr­markt, sind unver­gessen. Wer das Video gesehen hat, wird diese Bilder immer in Erin­nerung behalten. Unter anderem starben dabei ira­kische Ret­tungs­sa­ni­täter und zwei Reuter-Jour­na­listen. Wiki­Leaks zeigte dieses Film­do­kument. Chelsea Man­nings, die dieses geheime Mili­tär­do­kument Wiki­Leaks zuge­spielt hatte, wurde dafür zu 35 Jahren Haft verurteilt.
Der private Geheim­dienst „Stratfor“ des Geo­stra­tegen und Sicher­heits­experten George Friedman geriet eben­falls in die Daten­banken von Wiki­Leaks. An die Daten (mehr als 5 Mil­lionen E‑Mails) kamen die Hacker von Anonymous. Das globale Che­mie­un­ter­nehmen Dow Che­mical hat eine der schlimmsten Che­mie­ka­ta­strophen zu ver­ant­worten, mit Tau­senden von Toten durch den direkten Ein­fluss von Tonnen an gif­tigen Che­mi­kalien. Der Unfall ereignete sich am 3. Dezember 1984 in Indien. Weder der US-Konzern Dow Che­mical noch der indische Staat küm­merten sich um die Über­le­benden oder die Hin­ter­blie­benen der Kata­strophe. Ein Whist­le­b­lower namens Jeremy Hammond legte damals die kri­mi­nellen Machen­schaften von Stratfor und Dow Che­mical offen. Stratfors Beitrag bestand darin, das Unter­nehmen als Opfer übler Machen­schaften hin­zu­stellen und die Pro­tes­tierer und Akti­visten, die für die Ent­schä­digung der Opfer kämpften, auszuspionieren.
An TPP, TISA und TTIP können sich die meisten noch gut erinnern. Es waren glo­ba­lis­tische Han­dels­ver­träge, die unter den Macht­blöcken geheim aus­ge­handelt worden waren und große Umwäl­zungen, meist zu Lasten der Bevöl­kerung, mit sich gebracht hätten. Wiki­Leaks ver­öf­fent­lichte die Ver­trags­texte. Das führte quer über den Erdball zu wütenden Pro­testen. 300.000 Men­schen gingen allein in Deutschland auf die Straße und pro­tes­tierten zornig gegen dieses heim­tü­ckische Kom­plott gegen die Menschheit namens TTIP und CETA. Ohne Julian Assange und Wiki­Leaks wären diese men­schen­feind­lichen Abkommen einfach durch­ge­zogen worden, ein­schließlich des „noch böseren Bruders“ TISA. Diesem Abkommen zufolge hätte sich kein Land, das TISA unter­schrieben hat, noch inter­na­tionale Aus­schrei­bungen machen dürfen, in denen Software vor­ge­sehen ist, die als Open Source oder Freie Software bezeichnet wird.
Zuletzt noch die Abhör­affäre gegen Kanz­lerin Angela Merkel durch die NSA. Auch der damalige Außen­mi­nister Frank-Walter Stein­meier sowie wichtige Funk­tionäre des Außen­amtes wurden von der NSA abgehört. Und zwar nicht nur einmal in einem besonders wich­tigen Fall, sondern ständig und sys­te­ma­tisch und das 16 Jahre lang. Es war auch nicht nur Kanz­lerin Merkel, sondern auch die Bun­des­kanzler vor ihr, diverse Minister, Staats­se­kretäre und Abtei­lungs­leiter im Aus­wär­tigen Amt. Es ging den Ame­ri­kanern auch nicht um Not­si­tua­tionen, sondern darum, sich wirt­schaft­liche und poli­tische Vor­teile und Infor­ma­tionen zu ver­schaffen und sicher auch darum, ihre Vasallen unter Kon­trolle zu halten.
Julian Assange hat einen nicht zu über­schät­zenden Beitrag für Frieden, Auf­klärung, Trans­parenz und Demo­kratie geleistet. Es gab viel mehr Leaks, als die hier auf­ge­zählten. Er hat mit diesen Leaks wieder Macht in die Hände der ein­fachen Men­schen gelegt. Er hat den „Eliten“ der Welt die schein­hei­ligen Masken her­un­ter­ge­rissen. Und dennoch: Nicht die­je­nigen, die diese Ver­brechen befohlen oder begangen oder ihnen zuge­sehen haben, stehen vor Gericht, sondern Julian Assange, der sie öffentlich gemacht hat. Und es geht ihm nicht gut.
Julian Assange wurde in der ecua­do­ri­schen Bot­schaft überwacht
Die Seite Heise schreibt im November 2019:
Nach Besuchen von Jour­na­listen des Nord­deut­schen Rund­funks (NDR) bei Wiki­leaks-Gründer Julian Assange in der ecua­do­ria­ni­schen Bot­schaft in London hat der Sender nun Anzeige gegen ein Sicher­heits­un­ter­nehmen gestellt. “Der NDR geht davon aus, dass seine Mit­ar­beiter aus­ge­späht wurden und so ihre Per­sön­lich­keits­rechte und auch das Redak­ti­ons­ge­heimnis ver­letzt wurden”, teilte der Sender mit. Das genaue Ausmaß sei noch nicht bekannt.
Der NDR beruft sich auf Doku­mente und Video­auf­nahmen, die nach eigenen Angaben dem Sender sowie dem WDR vor­liegen. Betroffen von der Über­wa­chung seien demnach neben Ärzten und Anwälten von Assange offenbar auch deutsche Jour­na­listen, dar­unter drei NDR-Mitarbeiter.
Die Firma „Under­cover Global“, die Assange aus­spio­nierte und die ihn besu­chenden Jour­na­listen, soll für die CIA gear­beitet haben. Assange, seine Ver­trauten und Besucher sowie teil­weise deren elek­tro­ni­schen Geräte seien nicht nur über­wacht, sondern auch Audio- und Video­mit­schnitte an die CIA wei­ter­ge­geben worden sein.
Wären Assange und Wiki­Leaks nur ein paar über­mäßig neu­gierige Pri­vat­schnüffler, deren Arbeit unan­genehm, aber weiter nicht erheblich ist, wäre all diese Mühe über­flüssig. Nein, es ist klar, dass die Arbeit von Wiki­Leaks (unter anderem) DIE Groß­macht USA schwer beein­trächtigt und den Strip­pen­ziehern und skru­pel­losen Geheim­diensten eine schmerz­hafte Lektion ver­passt hat. Seine Bot­schaft: „Wir kleinen Leute und unwich­tigen Menschlein sind nicht dumm, ahnungslos und machtlos. Ihr wisst nie, wann wir Euch wieder mit blu­tigen Händen erwi­schen und auf dem glo­balen Markt­platz zur Schau stellen!“
Das Schlimmste für die Mäch­tigen: Die Men­schen auf der ganzen Welt sind nicht mehr naiv und ahnungslos und sie glauben den angeb­lichen Eliten nicht mehr. Und das Miss­trauen wächst von Tag zu Tag.
Julian Assange wird langsam und vor den Augen der Öffent­lichkeit umgebracht
Assange wird in der Haft­an­stalt im bri­ti­schen Gefängnis Bel­marsh sys­te­ma­tisch zer­stört. Nach Ansicht von Fach­leuten weist er alle Anzeichen psy­chi­scher Folter auf, wie der UN-Son­der­be­richt­erstatter Nils Melzer fest­stellt. Assange, der Unrecht, Men­schen­rechts­ver­let­zungen, Gewalt, Mord, Kriegs­ver­brechen und Folter unter Einsatz seiner Freiheit und seines Lebens auf­ge­deckt und ange­prangert hat, wird nun vor aller Augen in einem Mit­gliedsland der ach so men­schen­rechts-beflis­senenen Euro­päi­schen Union wider­rechtlich und eiskalt absichtlich zugrunde gerichtet. Er wird langsam ermordet. Er sitzt als vor­zeitig ver­greister, des­ori­en­tierter Rest­be­stand seiner eins­tigen, ach­tungs­ge­bie­tenden Per­sön­lichkeit ver­loren auf der Ankla­gebank. Seine Anwälte werden düpiert, sie erhalten nicht die ihnen zuste­henden Möglichkeiten.
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Julian Assange vege­tiert dahin, in einer sieben Qua­drat­meter großen Zelle ein­ge­kerkert. Für 23 Stunden am Tag sei er voll­kommen iso­liert, ohne jeg­liche Ansprache, ohne Kontakt zu Mit­ge­fan­genen, ohne Zugang zu Com­putern, seinen Freunden, Ver­wandten, kein Internet, keine Sozialen Medien, berichten seine Anwälte. Erst nach einer mas­siven Beschwerde darf er einmal pro Woche Besuch empfangen.
Die Iso­lation mache ihm schwer zu schaffen, sagt sein Anwalt Branco. Man könne nicht sagen, wie lange Assange diesen immensen psy­chi­schen Druck noch aushält. Er zer­bricht langsam daran. Das bri­tische Gericht übe einen starken Zeit­druck aus, um die Ver­hand­lungen durch­zu­ziehen. Für die Anwälte ist es fast unmöglich, in so kurzer Zeit – ins­be­sondere, da die Mög­lich­keiten der Kom­mu­ni­kation mit dem Ange­klagten auf ein Minimum beschränkt sind — eine effi­ziente Ver­tei­di­gungs­stra­tegie zu erar­beiten. Das Aller­beste: Die Kom­mu­ni­kation zwi­schen Julian Assange und seinen Anwälten soll von der­selben pri­vaten Ermitt­lungs­firma über­wacht werden, die ihn schon in der ecua­do­ria­ni­schen Bot­schaft für die CIA aus­spio­niert hat. Bedeutet: Die CIA kennt die Bera­tungen der Anwälte unter­ein­ander und mit Assange — und kann prak­tisch alles ver­eiteln und dagegen arbeiten. Ass­anges Rechts­anwalt Branco will diese Unge­heu­er­lichkeit in der Gerichts­ver­handlung anprangern.
Es ist scho­ckierend, dass so etwas hier in Europa unver­hohlen geschehen kann. Und auch offen­sichtlich soll, denn die Hil­ferufe für Julian Assange stoßen bei allen Mit­glieds­ländern der EU auf stock­taube Ohren.
Wir dürfen Julian Assange nicht einfach sterben lassen!
Assange hat unglaub­lichen Mut bewiesen. Er hat sich gegen Unrecht erhoben und gewagt, die Dinge beim Namen zu nennen und zu ver­öf­fent­lichen. Er hat jedes Recht darauf zu ver­trauen, dass nun er, wo er es braucht, von denen beschützt wird, für die er das alles auf sich genommen hat.
Sahra Wagen­knecht hatte den Mut, öffentlich für ihn ein­zu­treten. Sie wür­digte Assange selbst­loses Enga­gement, die Wahrheit über Ver­brechen, Lügen, Morde, Ver­schwö­rungen, Kin­der­schänder, Macht­miss­brauch, Folter und Kriegs­ver­brechen ans Licht gebracht und ange­prangert zu haben: „Nun ist es an uns, ihm einen Dienst zu erweisen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Julian Assange getötet wird, und sein Leben ist in großer Gefahr. Davor haben 60 Ärzte aus 8 Ländern die bri­tische Regierung ein­dringlich gewarnt.“