Kaum etwas dominiert die öffentliche Debatte derzeit so sehr wie der Klimawandel. Aber ein wichtiger Punkt bleibt dabei meist unberücksichtigt: Sind die gewählten Mittel geeignet, das angestrebte Ziel zu erreichen?
(von Rainer Fassnacht)
Nur wenige Menschen bestreiten, dass es einen Klimawandel gibt. Und viele Menschen wünschen sich ein Klima ohne extreme Trockenheit oder gefährliche Stürme. Trotzdem gibt es kontroverse und hitzige Diskussionen, weil das Ziel einer Begrenzung des Temperaturanstiegs gegenüber einem politisch festgelegt Referenzpunkt tiefgreifende Maßnahmen auslöst. Dabei geht es meist um drei Themenbereiche.
Erstens geht es um die Frage, welchen Anteil menschliche Handlungen am Klimawandel haben. Die strittigen Positionen reichen von „menschliche Handlungen sind die einzige Ursache des Klimawandels“ bis zu „menschliche Handlungen haben keinen Einfluss auf den Klimawandel“.
Zweitens geht es um die Frage, ob die Kosten der Maßnahmen bzw. deren Auswirkung auf individuelle Ziele berücksichtigt werden sollten. Die strittigen Positionen reichen von „eine Abwägung erübrigt sich, weil es um unsere Lebensgrundlagen geht“ bis zu „eine Abwägung ist unbedingt erforderlich“.
Drittens geht es um die Intensität der geplanten Maßnahmen. Die strittigen Positionen reichen von „die bisherigen Maßnahmen können nur ein erster Schritt sein“ bis zu „die bisherigen Maßnahmen schießen bereits deutlich über das Ziel hinaus“.
Jeder genannte Themenbereich ist isoliert betrachtet bereits heftig umstritten. Es kommt hinzu, dass es zwischen ihnen Abhängigkeiten gibt, welche die Intensität der Diskussion zusätzlich befeuern.
Erstaunlicherweise gibt es einen wichtigen Punkt in der Debatte um den Klimawandel, der entweder nicht erkannt oder bewusst ausgeklammert wird: Sind die Maßnahmen überhaupt geeignet, das gewünschte Ziel zu erreichen?
Bevor wir diese Frage beantworten können, gilt es, das Ziel und die Maßnahmen zu vergegenwärtigen. Das Ziel ist eine Begrenzung des Temperaturanstiegs gegenüber einem politisch festgelegt Referenzpunkt. Die Maßnahmen lassen sich unter der Überschrift „politische Preise“ oder „politische Vorgaben“ zusammenfassen.
Zur Verdeutlichung ein Blick auf den Preis für eine Tonne Kohlendioxid. Die Diskussion zeigt, dass es hierfür keinen „objektiven Wert“ gibt – sind 10 Euro angemessen oder müssten es 100 Euro sein? Andere Beispiele sind das Verbot von Ölheizungen, die Finanzierung bestimmter Techniken oder die Subventionierung des öffentlichen Personennahverkehrs.
Sowohl das Ziel als auch die Mittel zur Erreichung des Ziels werden politisch festgelegt. Die Kriegswirtschaft in der Zeit des Nationalsozialismus oder die Planwirtschaft im Sowjetsozialismus war durch ein vergleichbares Vorgehen gekennzeichnet. Daher wäre es nicht abwegig, für die politischen Aktivitäten rund um den Klimawandel die Bezeichnung „Klimaplanwirtschaft“ zu nutzen.
Beantworten wir nun die Frage, ob die gewählten Mittel geeignet sind, das definierte Ziel zu erreichen. Wer jeglichen Einfluss des Menschen auf Klimaveränderungen verneint, wird ohne weitere Begründung mit „Nein“ antworten.
Doch gehen wir in der weiteren Argumentation davon aus, dass menschliche Handlungen einen Anteil am Klimawandel haben. Ist unter diesen Umständen eine Klimaplanwirtschaft das richtige Mittel, um das Ziel zu erreichen? Oder verallgemeinert formuliert, ist die Planwirtschaft geeignet, um politisch vorgegebene Ziele zu erreichen?
Zur Beantwortung dieser Frage können wir auf Erkenntnis und Erfahrung zurückgreifen. Beginnen wir mit letzterem, so zeigt ein Blick in die Geschichte, dass Planwirtschaft stets die gesetzten Ziele verfehlt.
Die Sowjetunion unter Stalin, China unter Mao Tse-Tung, Kuba unter Fidel Castro, Nordkorea unter Kim Il Sung, Kambodscha unter den roten Khmer, Albanien unter Enver Hoxha, Venezuela unter Hugo Chàvez oder die DDR-Geschichte bis zum Mauerfall sind tragische Beispiele, die viel Not und für unzählige Menschen auch den Tod bedeuteten.
Deutschland unter Adolf Hitler, Italien unter Benito Mussolini, Ungarn unter Ferenc Szálasi oder Spanien unter Francisco Franco liefern weitere Beispiele für das Scheitern jeder Planwirtschaft. Die Erfahrung bzw. der Blick in die Geschichte zeigen also, dass das Instrument „Planwirtschaft“ nicht geeignet ist, angestrebte Ziele zu erreichen.
Das „Warum?“ haben die Vertreter der österreichischen Schule beantwortet. Ihre Erkenntnisse zeigen, dass politische Preise bzw. Planwirtschaft jeglicher Couleur nicht funktioniert und mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden ist. Ursachen sind das Wissensproblem und das Fehlen von Marktpreisen.
Die ungeplanten bzw. nicht vorhersehbaren Nebenwirkungen politischer Preise und Vorgaben können sich sowohl in jenem Bereich zeigen, der planwirtschaftlich gesteuert werden soll, als auch in anderen Bereichen, die auf den ersten Blick nichts mit dem Zielthema zu tun haben.
Ein besonders anschauliches Beispiel ist die Fixierung eines Höchstpreises für Brot, mit dem Ziel die Ernährungssicherheit auch armer Menschen zu gewährleisten. Möglicherweise ist Brot nun billiger als Futtergetreide. Bauern könnten also beginnen, das Vieh mit Brot zu füttern. Der politische Preis führt so zu weniger Brot für den menschlichen Konsum und wirkt der beabsichtigen Zielsetzung entgegen.
Die Brotproduktion könnte auch gänzlich zum Erliegen kommen, wenn der politisch fixierte Brotpreis unter den Produktionskosten liegt. Nun müsste zu Zwangsmaßnahmen gegriffen werden, damit weiterhin Brot produziert wird. In diesem Fall würde die Preisfestsetzung mit dem Ziel, die Ernährungssicherheit zu gewährleisten, in Unfreiheit für die Menschen münden.
Das Beispiel verdeutlicht die Grundprobleme staatlicher Preisfestsetzung bzw. Vorgaben: Planwirtschaft unterstellt Wissen, dass den Planern nicht zur Verfügung steht. Fehlende Marktpreise führen zu Nebenwirkungen und Fehlentwicklungen. Auch die besten Absichten ändern nichts daran, dass planwirtschaftliche Ansätze nicht funktionieren.
Planwirtschaftliche Ansätze funktionieren auch dann nicht, wenn dahinter der Wunsch steht, den Klimawandel zu bändigen. Das Mittel ist ungeeignet, um das Klimaziel (oder jegliches andere politisch gesetzte Ziel) zu erreichen. Auch die Intensivierung der Maßnahmen oder die Vergrößerung der Anzahl der Akteure kann daran nichts ändern.
Wir wissen also, dass Planwirtschaft nicht funktioniert. Diese als Maßnahme gegen den Klimawandel trotzdem anzuwenden, ist weit mehr als gefährlicher Leichtsinn. Es wäre bewusstes Zerstörungswerk. Wir nehmen Folgen in Kauf, die deutlich drastischer ausfallen können als jene des Klimawandels.
Darüber hinaus wäre es paradox, sich bei der Definition der Ziele auf die Wissenschaft zu berufen, aber bei der Wahl der Mittel wissenschaftliche Erkenntnisse zu ignorieren.
Auf politische Klimaplanwirtschaft zu verzichten bedeutet nicht, die Hände in den Schoß zu legen. Doch statt auf ein Mittel zu bauen, das zum Scheitern verurteilt ist, können wir auf zahlreiche dezentrale Lösungen und Anpassungen vertrauen, auf die Kraft der freien Märkte und die Innovationsfähigkeit der Marktteilnehmer.
Diese Lösungsstrategie hat es ermöglicht, dass Menschen selbst Sand- und Eiswüsten erfolgreich besiedeln. Sie hat dazu beigetragen, Naturkatastrophen und Weltkriege zu überstehen und ist auch im Klimawandel die menschliche Erfolgsstrategie.
Fazit
Möglicherweise ist der Glaube, das Klima wie eine Maschine feinjustieren zu können, schlicht menschliche Hybris. Aber auch wenn wir davon ausgehen, dass der Mensch in der Lage ist, das Klima unseres Planeten gezielt zu steuern, wird dies beim Einsatz ungeeigneter Mittel scheitern. Etatistische „Klimaplanwirtschaft“ ist ein ungeeignetes Mittel.
Obwohl der Einsatz ungeeigneter Mittel dazu führt, dass beabsichtige Ziel nicht erreicht werden, bleibt er nicht ohne Folgen an anderen Stellen. Ob sich das Klima des Planeten in die gewünschte Richtung bewegt oder nicht, greifen wir zur Klimaplanwirtschaft, werden ungewollte Nebenwirkungen verursacht.
Sollte die Klimaplanwirtschaft weiter vorangetrieben werden, spricht einiges dafür, dass wir statt einer Veränderung des planetaren Klimas zum Guten, eine Veränderung des gesellschaftlichen Klimas zum Schlechten erleben werden.
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Rainer Fassnacht ist gelernter Kaufmann, Diplom-Ökonom und Wirtschaftspraktiker. Er lebt in Berlin und ist familiengeschichtlich mit Österreich verbunden, genau wie als Vertreter der von Carl Menger begründeten Österreichischen Schule. Mit seinem Buch „Unglaubliche Welt: Etatismus und individuelle Freiheit im Dialog“ möchte er, auch Social-Media-geprägten Lesern, die Ideen der österreichischen Schule näherbringen. Auch in seinen sonstigen, unter anderem vom Austrian Economics Center in Wien veröffentlichten Texten, setzt er sich für die Bewahrung der individuellen Freiheit ein.
Quelle: misesde.org
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