FridaysForFuture Deutschland Bild: Fridays for Future - 25.01.2019 in Berlin © Jörg Farys / WWF - https://www.flickr.com/photos/161768312@N07/46820422932/ - CC BY 2.0

Die Hybris der Klimaplanwirtschaft

Kaum etwas domi­niert die öffent­liche Debatte derzeit so sehr wie der Kli­ma­wandel. Aber ein wich­tiger Punkt bleibt dabei meist unbe­rück­sichtigt: Sind die gewählten Mittel geeignet, das ange­strebte Ziel zu erreichen?

(von Rainer Fassnacht)

Nur wenige Men­schen bestreiten, dass es einen Kli­ma­wandel gibt. Und viele Men­schen wün­schen sich ein Klima ohne extreme Tro­ckenheit oder gefähr­liche Stürme. Trotzdem gibt es kon­tro­verse und hitzige Dis­kus­sionen, weil das Ziel einer Begrenzung des Tem­pe­ra­tur­an­stiegs gegenüber einem poli­tisch fest­gelegt Refe­renz­punkt tief­grei­fende Maß­nahmen auslöst. Dabei geht es meist um drei Themenbereiche.

Erstens geht es um die Frage, welchen Anteil mensch­liche Hand­lungen am Kli­ma­wandel haben. Die strit­tigen Posi­tionen reichen von „mensch­liche Hand­lungen sind die einzige Ursache des Kli­ma­wandels“ bis zu „mensch­liche Hand­lungen haben keinen Ein­fluss auf den Klimawandel“.

Zweitens geht es um die Frage, ob die Kosten der Maß­nahmen bzw. deren Aus­wirkung auf indi­vi­duelle Ziele berück­sichtigt werden sollten. Die strit­tigen Posi­tionen reichen von „eine Abwägung erübrigt sich, weil es um unsere Lebens­grund­lagen geht“ bis zu „eine Abwägung ist unbe­dingt erforderlich“.

Drittens geht es um die Inten­sität der geplanten Maß­nahmen. Die strit­tigen Posi­tionen reichen von „die bis­he­rigen Maß­nahmen können nur ein erster Schritt sein“ bis zu „die bis­he­rigen Maß­nahmen schießen bereits deutlich über das Ziel hinaus“.

Jeder genannte The­men­be­reich ist iso­liert betrachtet bereits heftig umstritten. Es kommt hinzu, dass es zwi­schen ihnen Abhän­gig­keiten gibt, welche die Inten­sität der Dis­kussion zusätzlich befeuern.

Erstaun­li­cher­weise gibt es einen wich­tigen Punkt in der Debatte um den Kli­ma­wandel, der ent­weder nicht erkannt oder bewusst aus­ge­klammert wird: Sind die Maß­nahmen über­haupt geeignet, das gewünschte Ziel zu erreichen?

Bevor wir diese Frage beant­worten können, gilt es, das Ziel und die Maß­nahmen zu ver­ge­gen­wär­tigen. Das Ziel ist eine Begrenzung des Tem­pe­ra­tur­an­stiegs gegenüber einem poli­tisch fest­gelegt Refe­renz­punkt. Die Maß­nahmen lassen sich unter der Über­schrift „poli­tische Preise“ oder „poli­tische Vor­gaben“ zusammenfassen.

Zur Ver­deut­li­chung ein Blick auf den Preis für eine Tonne Koh­len­dioxid. Die Dis­kussion zeigt, dass es hierfür keinen „objek­tiven Wert“ gibt – sind 10 Euro ange­messen oder müssten es 100 Euro sein? Andere Bei­spiele sind das Verbot von Ölhei­zungen, die Finan­zierung bestimmter Tech­niken oder die Sub­ven­tio­nierung des öffent­lichen Personennahverkehrs.

Sowohl das Ziel als auch die Mittel zur Errei­chung des Ziels werden poli­tisch fest­gelegt. Die Kriegs­wirt­schaft in der Zeit des Natio­nal­so­zia­lismus oder die Plan­wirt­schaft im Sowjet­so­zia­lismus war durch ein ver­gleich­bares Vor­gehen gekenn­zeichnet. Daher wäre es nicht abwegig, für die poli­ti­schen Akti­vi­täten rund um den Kli­ma­wandel die Bezeichnung „Kli­ma­plan­wirt­schaft“ zu nutzen.

Beant­worten wir nun die Frage, ob die gewählten Mittel geeignet sind, das defi­nierte Ziel zu erreichen. Wer jeg­lichen Ein­fluss des Men­schen auf Kli­ma­ver­än­de­rungen ver­neint, wird ohne weitere Begründung mit „Nein“ antworten.

Doch gehen wir in der wei­teren Argu­men­tation davon aus, dass mensch­liche Hand­lungen einen Anteil am Kli­ma­wandel haben. Ist unter diesen Umständen eine Kli­ma­plan­wirt­schaft das richtige Mittel, um das Ziel zu erreichen? Oder ver­all­ge­meinert for­mu­liert, ist die Plan­wirt­schaft geeignet, um poli­tisch vor­ge­gebene Ziele zu erreichen?

Zur Beant­wortung dieser Frage können wir auf Erkenntnis und Erfahrung zurück­greifen. Beginnen wir mit letz­terem, so zeigt ein Blick in die Geschichte, dass Plan­wirt­schaft stets die gesetzten Ziele verfehlt.

Die Sowjet­union unter Stalin, China unter Mao Tse-Tung, Kuba unter Fidel Castro, Nord­korea unter Kim Il Sung, Kam­bo­dscha unter den roten Khmer, Albanien unter Enver Hoxha, Vene­zuela unter Hugo Chàvez oder die DDR-Geschichte bis zum Mau­erfall sind tra­gische Bei­spiele, die viel Not und für unzählige Men­schen auch den Tod bedeuteten.

Deutschland unter Adolf Hitler, Italien unter Benito Mus­solini, Ungarn unter Ferenc Szálasi oder Spanien unter Fran­cisco Franco liefern weitere Bei­spiele für das Scheitern jeder Plan­wirt­schaft. Die Erfahrung bzw. der Blick in die Geschichte zeigen also, dass das Instrument „Plan­wirt­schaft“ nicht geeignet ist, ange­strebte Ziele zu erreichen.

Das „Warum?“ haben die Ver­treter der öster­rei­chi­schen Schule beant­wortet. Ihre Erkennt­nisse zeigen, dass poli­tische Preise bzw. Plan­wirt­schaft jeg­licher Couleur nicht funk­tio­niert und mit erheb­lichen Neben­wir­kungen ver­bunden ist. Ursachen sind das Wis­sens­problem und das Fehlen von Marktpreisen.

Die unge­planten bzw. nicht vor­her­seh­baren Neben­wir­kungen poli­ti­scher Preise und Vor­gaben können sich sowohl in jenem Bereich zeigen, der plan­wirt­schaftlich gesteuert werden soll, als auch in anderen Bereichen, die auf den ersten Blick nichts mit dem Ziel­thema zu tun haben.

Ein besonders anschau­liches Bei­spiel ist die Fixierung eines Höchst­preises für Brot, mit dem Ziel die Ernäh­rungs­si­cherheit auch armer Men­schen zu gewähr­leisten. Mög­li­cher­weise ist Brot nun bil­liger als Fut­ter­ge­treide. Bauern könnten also beginnen, das Vieh mit Brot zu füttern. Der poli­tische Preis führt so zu weniger Brot für den mensch­lichen Konsum und wirkt der beab­sich­tigen Ziel­setzung entgegen.

Die Brot­pro­duktion könnte auch gänzlich zum Erliegen kommen, wenn der poli­tisch fixierte Brot­preis unter den Pro­duk­ti­ons­kosten liegt. Nun müsste zu Zwangs­maß­nahmen gegriffen werden, damit wei­terhin Brot pro­du­ziert wird. In diesem Fall würde die Preis­fest­setzung mit dem Ziel, die Ernäh­rungs­si­cherheit zu gewähr­leisten, in Unfreiheit für die Men­schen münden.

Das Bei­spiel ver­deut­licht die Grund­pro­bleme staat­licher Preis­fest­setzung bzw. Vor­gaben: Plan­wirt­schaft unter­stellt Wissen, dass den Planern nicht zur Ver­fügung steht. Feh­lende Markt­preise führen zu Neben­wir­kungen und Fehl­ent­wick­lungen. Auch die besten Absichten ändern nichts daran, dass plan­wirt­schaft­liche Ansätze nicht funktionieren.

Plan­wirt­schaft­liche Ansätze funk­tio­nieren auch dann nicht, wenn dahinter der Wunsch steht, den Kli­ma­wandel zu bän­digen. Das Mittel ist unge­eignet, um das Kli­maziel (oder jeg­liches andere poli­tisch gesetzte Ziel) zu erreichen. Auch die Inten­si­vierung der Maß­nahmen oder die Ver­grö­ßerung der Anzahl der Akteure kann daran nichts ändern.

Wir wissen also, dass Plan­wirt­schaft nicht funk­tio­niert. Diese als Maß­nahme gegen den Kli­ma­wandel trotzdem anzu­wenden, ist weit mehr als gefähr­licher Leichtsinn. Es wäre bewusstes Zer­stö­rungswerk. Wir nehmen Folgen in Kauf, die deutlich dras­ti­scher aus­fallen können als jene des Klimawandels.

Darüber hinaus wäre es paradox, sich bei der Defi­nition der Ziele auf die Wis­sen­schaft zu berufen, aber bei der Wahl der Mittel wis­sen­schaft­liche Erkennt­nisse zu ignorieren.

Auf poli­tische Kli­ma­plan­wirt­schaft zu ver­zichten bedeutet nicht, die Hände in den Schoß zu legen. Doch statt auf ein Mittel zu bauen, das zum Scheitern ver­ur­teilt ist, können wir auf zahl­reiche dezen­trale Lösungen und Anpas­sungen ver­trauen, auf die Kraft der freien Märkte und die Inno­va­ti­ons­fä­higkeit der Marktteilnehmer.

Diese Lösungs­stra­tegie hat es ermög­licht, dass Men­schen selbst Sand- und Eis­wüsten erfolg­reich besiedeln. Sie hat dazu bei­getragen, Natur­ka­ta­strophen und Welt­kriege zu über­stehen und ist auch im Kli­ma­wandel die mensch­liche Erfolgsstrategie.

Fazit

Mög­li­cher­weise ist der Glaube, das Klima wie eine Maschine fein­jus­tieren zu können, schlicht mensch­liche Hybris. Aber auch wenn wir davon aus­gehen, dass der Mensch in der Lage ist, das Klima unseres Pla­neten gezielt zu steuern, wird dies beim Einsatz unge­eig­neter Mittel scheitern. Eta­tis­tische „Kli­ma­plan­wirt­schaft“ ist ein unge­eig­netes Mittel.

Obwohl der Einsatz unge­eig­neter Mittel dazu führt, dass beab­sichtige Ziel nicht erreicht werden, bleibt er nicht ohne Folgen an anderen Stellen. Ob sich das Klima des Pla­neten in die gewünschte Richtung bewegt oder nicht, greifen wir zur Kli­ma­plan­wirt­schaft, werden unge­wollte Neben­wir­kungen verursacht.

Sollte die Kli­ma­plan­wirt­schaft weiter vor­an­ge­trieben werden, spricht einiges dafür, dass wir statt einer Ver­än­derung des pla­ne­taren Klimas zum Guten, eine Ver­än­derung des gesell­schaft­lichen Klimas zum Schlechten erleben werden.

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Rainer Fass­nacht ist gelernter Kaufmann, Diplom-Ökonom und Wirt­schafts­prak­tiker. Er lebt in Berlin und ist fami­li­en­ge­schichtlich mit Öster­reich ver­bunden, genau wie als Ver­treter der von Carl Menger begrün­deten Öster­rei­chi­schen Schule. Mit seinem Buch „Unglaub­liche Welt: Eta­tismus und indi­vi­duelle Freiheit im Dialog“ möchte er, auch Social-Media-geprägten Lesern, die Ideen der öster­rei­chi­schen Schule näher­bringen. Auch in seinen sons­tigen, unter anderem vom Aus­trian Eco­nomics Center in Wien ver­öf­fent­lichten Texten, setzt er sich für die Bewahrung der indi­vi­du­ellen Freiheit ein.


Quelle: misesde.org