Geht ihnen angesichts der abstürzenden Wirtschaft, explodierenden Kündigungen und drohenden Blackouts durch ihre grüne Politik der Allerwerteste auf Grundeis? Haben sie das ökonomische Ei des Kolumbus erfunden? Oder rauchen die Grünen einfach zuviel Dope? Die Hamburger Grünen wollen plötzlich ein grünes Superwirtschaftsmacht-Vorbild für die Welt werden.
Katharina Fegebank, Hamburger Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, ist Politikwissenschaftlerin. Eine Studienrichtung, deren Augenmerk eher selten die drögen, phantasielosen Zahlen der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre streift. Dafür aber entwickelt man in diesem Studiengang die Fähigkeit, virtuos gesellschaftspolitisch relevante Hypothesen – oft ungetrübt von jeglicher weiteren Sachkenntnis außerhalb der eigenen Fakultät — mit Verve zu postulieren.
Aber eins hat Frau Fegebank offenbar recht klar mit geschultem Blick als gravierenden Trend in der Gesellschaft erkannt: Der Wirtschaft geht die Luft aus. Eine Welle an Kündigungen, Arbeitsplatzabbau und Kurzarbeit rollt über das Land. Die Arbeitslosenzahlen werden schon dieses Jahr signifikant steigen, wie auch die Firmenpleiten. Die böse Autoindustrie, eine Schlüsselindustrie Deutschlands, geht in die Knie und zieht einen breiten Rattenschwanz an Zulieferindustrien mit aufs Sterbebett. Diejenigen Arbeitnehmer, die sich dadurch plötzlich „auf der Straße“ wiederfinden, werden in absehbarer Zeit auch in Massen auf dieselbe gehen. Sie wissen, wem sie ihre Arbeitslosigkeit und den Absturz in die Armut zu verdanken haben.
Der Bayerische Rundfunk berichtet:
„Mit einem Brief haben sich die fränkischen Automobilzulieferer an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gewendet. Darin flehen sie geradezu um Hilfe. Die Unterzeichner des Briefs: ein Bundestagsmitglied, der Oberbürgermeister von Bamberg und die lokalen Betriebsratsvorsitzenden von Bosch, Michelin und Schaeffler. Es ist ein fast schon flehentlicher Brief, der beispielhaft für die Sorgen der Automobilzulieferer steht. (…) der Wandel vom Verbrenner zum Elektromotor machen dem Automarkt zu schaffen. In Franken sind viele Automobilzulieferer beheimatet. Allein in der unterfränkischen Stadt Schweinfurt arbeiten nach Angaben von IG Metall mehr als 22.000 Mitarbeiter in der Branche, in der Region Bamberg laut Landratsamt rund 20.000. Große Namen wie Schaeffler, Bosch oder Michelin sind dort zuhause — noch zumindest.“
Frau Senatorin Fegebank registriert offenbar mit scharfem Politikwissenschaftlerblick, dass aus den Tausenden, die jetzt schon auf der Straße gegen den Verlust ihres Arbeitsplatzes und ihrer Existenz protestieren, Zig- und Hunderttausende werden könnten. Und was das bedeutet, wenn Millionen Arbeitslose wütend und verzweifelt werden und in die Sozialkassen wandern, kann man zwar als Politikwissenschaftler nicht so gut ausrechnen, wie ein Volkswirtschaftler, aber man kennt die gesellschaftspolitischen Folgen besser.
Mit anderen Worten, es dämmert den Grünen so langsam, dass der deutsche Arbeitnehmer sehr genau versteht, dass sie die Wirtschaft ruinieren und ihn um seine Existenz bringen. Und an diesem Punkt geht ihm die Klimaneutralität mit Verlaub am A*** vorbei. Was bedeutet, die Grünen können einpacken und das Thema Klimaschutz ist mausetot.
Schon lange zeigen Umfragen, dass den Grünen nur in einem Thema Kompetenz zugetraut wird: Umwelt- und Klimapolitik. Die Grünen bleiben eine Ein-Themen-Partei, schreibt der Spiegel. Bei Wirtschaft sieht es nicht gut aus mit dem Wählervertrauen.
Die Grünen müssen also heraus aus dem Image der „Klima- und Verbotspartei“. Erst recht jetzt, wo die desaströsen Folgen der Energiewende und der Anti-Verbrennungsmotor-Politik langsam manifest werden.
Die neue Strategie: Kuschelkurs mit der Wirtschaft und lautes Pfeifen im Keller. Senatorin Fegebank macht bei den Unternehmen Hamburgs eine „ganz hohe Bereitschaft für die Transformation hin zu Klimaneutralität“ aus: „von den großen Industrieunternehmen über den Mittelstand bis hin zu den Gründerinnen und Gründern und Start-ups. Die Handwerker habe ich noch gar nicht erwähnt.“ Klimaschutz, verkündet sie, könne nur mit einer starken Wirtschaft gelingen, die zugleich gemeinwohlorientiert und klimaneutral sein müsse. Das habe die Industrie auch längst erkannt, sekundiert ihre Parteikollegin Annalena Baerbock auf der Neujahrsklausur des grünen Bundesvorstandes in Hamburg. Man gibt sich einsichtig. Weg vom Image der „Verbotspartei“, scheint die Taktik zu heißen.
Denn plötzlich tönen versöhnliche Sirenengesänge aus dem Lager der grünen Klimaschützer, die so gar nicht mehr nach Zopfgretels wutschnaubendem „Wie könnt Ihr es wagen!“ und „wir werden Euch nicht davonkommen lassen!“ klingen:
Klimaneutralität könne nicht dadurch erreicht werden, „indem wir der Wirtschaft was überstülpen, unabgesprochen und undiskutiert Maßnahmen und Regularien verbreiten. Man muss erst einmal verstehen, wo tatsächlich auch Stellschrauben zu drehen sind, um dann gemeinsam mit der Wirtschaft diesen Weg zu gehen.“
Daher gibt es auch einen Beschluss auf der Neujahrsklausur, der sich schon im Titel grundlos optimistisch gibt: „Für eine Wirtschaft, die sich neu erfindet – Hamburg zeigt den Weg“.
In der Tat, so eine Wirtschaft muss wirklich vollkommen neu erfunden werden, samt wirtschaftlicher Grundregeln und das für die ganze Welt. Nichts weniger als das haben sich die Grünen in ihrem Beschluss auf die Fahnen geschrieben:
„Zu Beginn des neuen Jahrzehnts stehen wir an einer Wegscheide. In den 2020ern muss Deutschlands Wirtschaft den Weg zur Klimaneutralität einschlagen. Das ist die Garantie für den Industriestandort Deutschland. Werden die Weichen nicht gestellt, ist es zu spät – für das Weltklima und für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Industrie. Die alte Industrie muss sich dafür neu erfinden, dem Neuen müssen wir den Weg ebnen: durch Wissenschaftstransfer, Anreize und Förderung – auf allen Ebenen. Dafür müssen wir die Marktwirtschaft sozial-ökologisch neu begründen – mit starken ordnungsrechtlichen Leitplanken, die den planetaren Grenzen Rechnung tragen, die soziale Standards und fairen Wettbewerb sichern und neue Wertschöpfung schaffen.“
Sonst noch Wünsche? Warum nicht gleich das ganze Universum, dem man als deutscher Grüner vollkommen neue physikalische Gesetze verpassen muss?
Soviel frohgemute Hybris kommt bei Twitter nicht so wirklich gut an:
User „beilfran“ schreibt zu „Hamburg zeigt den Weg“:
„Antwort an @Die_Gruenen
Der Weg heißt Allee des SACHVERSTANDSFREIEN ÖKOFASCHISMUS!!!
… und beschreibt die sinnfreie Deindustrialisierung unserer Gesellschaft!
Die Grünen merken es erst dann, wenn eines Tages während des Parteitages 250T Autos an die Steckdose gehen, und die Halle plötzlich dunkel wird!“
Fein beobachtet. Dem kommenden, großen Strom-Mangel wollen die Grünen aber entschlossen mit einer fast unlimitierten Ausweitung der Offshore-Windparks begegnen. Begegnen werden sie dabei aber auch dem Protest und den Kampfansagen der Naturschutz-Organisationen. Die Windkraftanlagen im Meer sind nämlich alles andere als im Sinne des Naturschutzes.
„Der Bau, Betrieb und die Wartung von Offshore-Windkraftanlagen sind mit schädlichen Auswirkungen auf Meeressäuger, Vögel, Fische und die Lebensgemeinschaften am Meeresboden (Benthos) verbunden. (…)Aber auch See- und Zugvögel werden beeinträchtigt. Ihre Migrationsrouten werden durch die Windkraftwerke zerschnitten, wichtige Rast- und Nahrungsgebiete gehen verloren und es drohen Kollisionen mit den Rotoren der Turbinen. (…)Das kumulative Ausmaß menschlicher Aktivitäten im Meer führt zu einem rasanten Verlust der marinen Artenvielfalt, dessen Ausmaß kaum abzusehen ist.“
Ein interessanter Interessenskonflikt: Grüne Partei contra Naturschutzorganisationen.
Überdies verlassen sich Fegebank und Co. auf Wärmegewinnung durch die Abwässer der städtischen Klärwerke, Abwärme aus der Industrie für Kupfer, Stahl und Aluminium und dazu noch Tiefengeothermie. Dadurch soll nach den Plänen der Grünen Hamburg zu einem „global führenden Standort für erneuerbare Energien“ werden.
Und wenn das alles nicht reicht, wird man Wasserstoff als Energiequelle nutzen, hält sich der Hamburger Beschluss ein Türchen offen — als Argument gegen die, die die Neuerfindung der Grünen Superwirtschaft mit Zahlen und Fakten madig machen wollen und vorrechnen, dass das bei weitem nicht funktionieren wird. Wasserstofftechnologie ist das weiße Dekarbonisierungskaninchen, das man aus dem schwarzen CO2-Zylinder zieht.
Nur schade, dass es diese Technologie noch gar nicht gibt. Aber: Ha! Auch da weiß der Grünen-Beschluss eine Lösung: Das muss einfach auch neu erfunden werden, so simpel ist das.
„Dazu braucht es gezielt Förderung der entsprechenden Technologien hin zur Marktreife.“
Nun komme aber bitte kein nörgelnder Besserwisser mit dem Killerargument, es könne vielleicht doch von Vorteil sein, diese Technologie ERST zu haben und DANN die alten Technologien stillzulegen, damit nicht alles zusammenbricht. Das ist nur was für Feiglinge.
Zumal es den Grünen doch selbst klar ist: „Für den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft ist eine Vervielfachung der installierten Windkraft nötig“, was aber wiederum Jahre dauern wird und von Bürgerinitiativen wegen der bereits genannten Naturschäden entschieden bekämpft und meist auch per Gerichtsbeschluss verhindert wird.
Die globale Vorbildfunktion einer grün-wunderbaren, klimaneutralen, völlig neu erfundenen Marktwirtschaft als zur Wirklichkeit gewordene Utopie für die ganze Welt ist anscheinend jetzt schon nur eine Illusion. Während im „Westen“ die Grünen Parteien die Wirtschaften ruinieren und bisher erfolgreiche Länder in die Armut de-industrialisieren, beginnt in vielen Ländern mit Macht der Einstieg in die Kohlekraftwerke. Eines der Hauptargumente der Grünen für den deutschen Klimaschutz-Vorbild-Opfergang ist damit hinfällig.
Während in der EU und den USA der Kohleverbrauch stark zurückgeht (in den USA um 5 Megatonnen, in der EU um 2,5), legt China um 2,6 Megatonnen zu, Indien um 5,4 Megatonnen, Südostasien um gigantische 7,8 und Russland um 0,1 Megatonnen. Die Welt insgesamt verbrauchte im Jahr 2018 abzüglich der eingesparten 7,5 Megatonnen des Westens insgesamt 1,2 Megatonnen Kohle mehr zur Energieerzeugung als im Vorjahr. (Quelle: IEA)
Auch Ägypten, Pakistan und die Mongolei steigen mit umfangreichen Projekten in die Kohleverstromung ein. Zudem werde die Technologie für weitere Länder an Bedeutung gewinnen, insbesondere Indien, Türkei, Vietnam und Indonesien.
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