In Schweden denkt man schon seit Jahren laut darüber nach, die EU zu verlassen. Das Projekt EU bewege sich in die falsche Richtung, sagte Peter Lundgren, ein führender schwedischer Abgeordneter des Europaparlamentes. Die Unzufriedenheit mit der EU-Politik sei weit verbreitet.
Peter Lundgren ist ein Politiker der „Schwedendemokraten“, der schwedischen Ausgabe der AfD. Und er kann sich leisten, so offen zu reden. Denn unser Bild von den zuwanderungsbegeisterten, weltoffenen, linksgrünen Schweden stimmt längst nicht mehr. Die Schwedendemokraten sind in den Umfragen führend oder gleichauf mit den Sozialdemokraten. Die Programmpunkte der Schwedendemokraten sind unter anderem eine ähnlich strenge Einwanderungs- und Asylpolitik, wie sie Dänemark unter der Sozialdemokratin Mette Frederiksen bereits eingeführt hat. Sie hat die Wahl gewonnen, indem sie das Asyl- und Migrationsprogramm der rechtskonservativen Dansk Folkeparti (DF) kopierte. Viele Dänen haben bei der letzten Wahl ausschließlich aus diesem Grund die DF gewählt, weil die Zustände unhaltbar wurden und der Volkszorn überzukochen drohte. Nichts anderes ist der Grund, dass auch die Sozialliberale Partei und die Konservativen diese Agenda mitgetragen haben. Bei der nächsten Wahl wählten die Dänen die Sozialdemokratin Mette Frederiksen, denn da hatten sie das gute Gewissen, nicht „rechts“ zu sein und bekamen trotzdem die restriktive Migrationspolitik der Populisten.
Während des Hickhacks um den Brexit ließ die Sehnsucht Schwedens nach einem EU-Austritt deutlich nach, wurde doch ein Schreckensszenario in den Medien Europas entzündet, wie verheerend sich der Brexit auf Großbritannien auswirken würde. Man zog ein wenig den Kopf ein und schielte auf die britische Hauptinsel. Nun wird der Brexit aber doch tatsächlich von statten gehen, die EU hat sich als zahnloser Tiger erwiesen und die Welt geht nicht unter. Und nun wird der Ruf nach dem Swexit wieder laut, mehr als je zuvor. Peter Lundgren sprach auf der letzten UKIP-Versammlung dazu ein paar klare Worte:
Die Schweden sind nicht besonders interessiert an den Freizügigkeiten, die ihnen die EU bietet, empfinden aber die Nachteile umso stärker. Seit 1995 ist Schweden EU-Mitglied. Die Unzufriedenheit über die Bevormundung aus Brüssel ist immer wieder Thema in den Medien und Diskussionsforen dort. Bei der Einführung des Euro setzte Brüssel der schwedischen Regierung die Pistole auf die Brust, um zu erzwingen, dass Schweden den Euro einführt und die schwedische Krone aufgibt. Das gab geradezu einen Aufstand im Pippi-Langstrumpf-Land und die Schweden standen kurz davor, den Bettel hinzuwerfen und wieder auszutreten, hätte Brüssel nicht doch einen Rückzieher gemacht. Bei der Volksabstimmung 2003 votierten 56,5% der Schweden für die Beibehaltung der Schwedenkrone.
Fast noch größer war die Entrüstung, als die EU den in Schweden äußerst beliebten Kautabak, „Snus“ genannt, genauso versteuern wollte, wie Zigaretten. Der Volkszorn explodierte und die Brüsseler Eurokraten zogen den Schwanz ein. Jetzt steht das Thema wieder an, sehr zum Groll der Schweden. Der Snus soll nun nach einer Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichtshofes EU-konform mit 25% besteuert werden.
Und nicht nur das: Der Brexit beschert Schweden eine saftige Beitragserhöhung: Um 40 Prozent möchte Brüssel die Abgaben Schwedens für den EU-Haushalt erhöhen. Das stößt nicht gerade auf Begeisterung. Die Schweden gehören sowieso schon den (im Verhältnis) größten Nettobeitragszahlern. Sie zahlten 2018 insgesamt 3,303 Milliarden Euro in den EU-Haushalt ein, bekamen aber an EU-Geldern nur 1,814 Milliarden.
All das ist aber nicht der Rede wert im Vergleich zu den Problemen, die Schweden durch die großzügige Einwanderungspolitik bekommen hat. Besonders im dichter besiedelten Süden des Landes – und hier ganz extrem in Malmö – haben kriminelle Zuwandererbanden das Sagen. Morde auf offener Straße sind keine Seltenheit. Seit einiger Zeit greift man auch in den Clan-Kreisen zu Sprengstoffanschlägen und Autobomben, die seither extrem zunehmen. In Stockholm gab es an einem einzigen Tag drei solcher Bombenanschläge. Und kaum eine Woche vergeht ohne einen aufsehenerregenden Mord. Man weiß, es sind die Einwandererfamilien und meist sehr junge Täter. Dabei gehören sie oft schon zur zweiten oder dritten Generation in Schweden und sind dennoch überhaupt nicht integriert.
In einem Deutschlandfunk-Interview mit Philipp Fink, dem Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung für die Nordischen Länder im November 2019, äußert dieser vorsichtig seine Kritik an der schwedischen Integrationspolitik:
„Man weiß, dass die Täter sehr jung sind. Man weiß, dass sie aus Einwandererfamilien stammen. Man vermutet, dass weil die Täter sehr jung sind, dass sie Aufträge erfüllen, also den Sprengstoff oder die Tasche abzustellen oder kleine Raubüberfälle durchzuführen, aber man weiß relativ wenig über die Hintermänner. Man weiß nur, dass sich das jetzt, diese ganzen Geschehnisse, sich eigentlich in den Einwanderungsvölkern abgespielt hat. (…) Zum Teil kann man von einer fehlgeleiteten Integrationspolitik sprechen, indem Ghettos entstanden sind, indem praktisch bestimmte Viertel, weil sie günstig waren oder weil Bekannte und Verwandte bereits vor Ort waren, weiteren Nachzug ausgelöst haben, und dieser Nachzug wurde nicht geregelt. Dann muss man sagen, dass das Land ja eigentlich eine sehr rigide Sparpolitik fährt seit einigen Jahren und entsprechend bestimmte Kommunen nicht unterstützt werden können, die Polizei schlecht ausgestattet ist.“
Das alles hat natürlich Folgen für die öffentliche Sicherheit. Die Schweden haben genug von dem Terror, den Bombenanschlägen, dem Morden und den massenhaften Vergewaltigungen. Philipp Fink dazu:
„Ja, also was man jetzt sehen kann, ist, dass die Zustimmung für die Schwedendemokraten sehr hoch ist. Also, sie liegen mehr oder weniger Kopf an Kopf mit den Sozialdemokraten in den letzten Umfragen. Die Schwedendemokraten nützen das aus, indem sie natürlich für eine harte Law-and-Order-Politik eintreten und eine harte Migrationspolitik.“
Der britische Express wird bereits 2017 schon deutlicher:
„Wie ein schockierender Bericht enthüllt, liegt Schweden die öffentliche Meinung in Sachen Euroskepsis auf Platz zwei in der EU. Während das Land versucht, mit den Folgen der Migrationskrise fertig zu werden, wächst das Misstrauen gegen die Politiker. Den Untersuchungen des britischen Thinktanks ‚Demos‘ zufolge möchten 25% die EU verlassen, weitere 32% wollen, dass die Macht Brüssels eingeschränkt wird.“
Die Migrationskrise hat sich allerdings in der Zwischenzeit noch signifikant verschärft. In einem Kommentar auf KenFM schreibt Rainer Rupp:
„Vielleicht könnte es all jenen, die noch nicht vollständig in ihrem zwanghaften Helferwahn gefangen sind, die Augen öffnen, wenn sie einen Blick nach Schweden werfen, wo sich das leuchtende Vorbild für gelungene Integration inzwischen zu einem Alptraum entwickelt hat. (…) Nach Angaben der Polizei stehen viele dieser Schießereien im Zusammenhang mit kriminellen Konflikten und so genannten „gefährdeten Gebieten“ (utsatta områden, allgemein bekannt als ‚No-Go-Zonen‘ oder gesetzlose Gebiete). In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 fand nach Angaben der Polizei fast jede zweite Schießerei in einem dieser ‚No-Go Zone‘ statt. (…)
Im Jahr 2017 zeigte ein schwedischer Polizeibericht, ‚Utsatta områden 2017‘ (‚No-Go-Zonen 2017‘), dass es in Schweden 61 solcher Gebiete gibt. Sie umfassen 200 kriminelle Netzwerke, die aus schätzungsweise 5.000 Kriminellen bestehen. Dreiundzwanzig dieser Gebiete waren besonders kritisch: Kinder im Alter von zehn Jahren waren dort in schwere Straftaten verwickelt, darunter auch solche mit Waffen und Drogen. Die meisten Einwohner in diesen No-Go Zonen kommen nicht aus dem westlichen Kulturkreis und bestehen, leider, hauptsächlich aus muslimischen Einwanderern.“
Der Sicherheitsbericht des schwedischen Nationalrates (PDF auf Englisch) und der Report „Indikatoren zur Entwicklung von Sexualstraftaten 2005–2017“ (PDF auf Englisch) zeigt, dass die Anzahl von Straftaten gegen Einzelpersonen in den letzten Jahren immens gestiegen ist. 24,7 Prozent der Bevölkerung im Alter zwischen 16 und 84 Jahren waren 2017 Opfer von einer oder mehreren Straftaten geworden. Da Schweden ca. 10 Millionen Einwohner hat, sind das jährlich 2.470.000 (zweimillionenvierhundertsiebzigtausend) Menschen. Eine Großstadt.
Schwedische Frauen haben mittlerweile Angst, sich überhaupt außerhalb ihrer Wohnung frei zu bewegen: „Knapp ein Viertel der Bevölkerung nimmt aus Angst vor Straftaten eine andere Route oder ein anderes Verkehrsmittel. (…) Bei den 20- bis 24-jährigen Frauen geben 42 Prozent an, dass sie sich oft für eine andere Route oder ein anderes Verkehrsmittel entschieden haben, weil sie sich unsicher fühlten und sich Sorgen machten, Opfer von Verbrechen zu werden.“
Auch Amnesty International schlägt Alarm (PDF auf Englisch). Eine Studie aus dem Jahr 2017 ergab:
„dass 1,4% der Bevölkerung, vor allem Frauen und Mädchen vergewaltigt oder sexuell missbraucht worden ist“, (in Schweden mehr als Hunderttausend Frauen). Im Jahr 2017 registrierte die schwedische Polizei 5.236 Anzeigen zu Vergewaltigungen von Personen im Alter ab 15 Jahren. 95 Prozent der Opfer waren Frauen oder Mädchen. Die vorläufige Statistik für 2018 zeigt ein Ansteigen auf 5.593 Anzeigen wegen Vergewaltigung, von denen 96 Prozent der Opfer Frauen oder Mädchen waren.
Nicht in dieser Zahl enthalten ist die Dunkelziffer bei Vergewaltigungen und anderen Sexualverbrechen. Die Polizeistatistik gibt also laut Amnesty „kein realistisches Bild vom Ausmaß des Problems“, wider. Die Mehrzahl der Vergewaltigungsopfer zeigt das Delikt gar nicht bei der Polizei an, auch aus Angst vor Racheakten der Täter. Aber auch, weil die Schweden wissen, dass meistens sowieso nichts dabei herumkommt: „… von denen, die das tun (Anzeige erstatten), werden nur wenige ihren Fall vor Gericht bringen können. Im Jahr 2017 wurden in 11% der Fälle, in denen Kinder zwischen 15 und 17 Jahren betroffen waren, und nur in 6% der Fälle, in denen Erwachsene betroffen waren, Strafverfolgungsmaßnahmen durch die schwedische Justiz eingeleitet“.
Angesichts solcher Verhältnisse ist es mehr als verständlich, dass in Schweden die sogenannten „Rechtspopulisten“ von den Schwedendemokraten großen Zulauf erhalten. Aber machen wir uns nichts vor: Schweden ist nur ein paar Jahre weiter als Deutschland. Ein „Dexit“ dürfte allerdings undenkbar sein, denn dann wäre die EU Geschichte und Deutschland nicht mehr unter Kontrolle.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.