In Hessen läuft in Schulen eine Aufklärungskampagne gegen Linksextremismus. Was wie eine gute Idee klingt, soll nun eingestellt werden. Die Begründung basiert jedoch auf falschen Informationen.
Der Spiegel hat am Freitag über die Aktion und die Kritik daran berichtet:
„Seit einigen Monaten ist die Kampagne an Hessens Schulen in Umlauf und hat scharfe Kritik ausgelöst. Ein Gutachten kommt nun zu dem Ergebnis, das Material sei „unverzüglich aus den Schulen zu entfernen“. Die Plakatreihe sei „wissenschaftlich, pädagogisch und didaktisch nicht haltbar“, heißt es in einer Bewertung von Martina Tschirner, Didaktik-Professorin an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, und Christoph Bauer, Lehrer an einem Gymnasium der Stadt.“
Der Grund für die Kritik ist laut Spiegel:
„Das Thema Linksextremismus werde nur oberflächlich behandelt und orientiere sich zudem an einem höchst strittigen Extremismuskonzept, das auf eine Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus hinauslaufe, so Koch.“
Warum kann man Rechts- und Linksextremismus nicht gleichsetzen? Beide sind gleichermaßen verfassungsfeindlich, gefährlich und gewalttätig. Aber die Autoren der verlinkten Studie scheinen den Rechtsextremismus schlimmer zu finden, als den Linksextremismus. Das ist eine Einschätzung nach eigener politischer Einstellung, aber keine objektive oder gar wissenschaftliche Einschätzung. Zumindest sehe ich das so und kann das mit Zahlen belegen. Dazu gleich mehr.
Weiter kann man im Spiegel etwas lesen, was entlarvt, dass die Einschätzung der „Experten“ nicht wissenschaftlich, sondern in der eigenen politischen Einstellung begründet liegt:
„Die beiden Gutachter dagegen machen ihre Kritik zum Beispiel an einem Plakat fest. Es stelle Linksextremisten, Rechtsextreme und Islamisten auf eine Stufe. In einer Mini-Statistik am Rand werde gar fälschlicherweise der Eindruck erweckt, Linksextremisten stellten die größte Gefährdung dar.“
Das stimmt so nicht. Auf dem kritisierten Plakat findet sich folgende „Mini-Statistik“ und als Quelle wird der Verfassungsschutzbericht angegeben.
Wie die „Gutachter“ zu der Erkenntnis kommen, es werde „fälschlicherweise der Eindruck erweckt“, wird nicht erklärt. Offensichtlich ist das ihre private Meinung, für die sie keine Belege liefern.
Den Verfassungsschutzbericht 2018 habe ich, als er erschienen ist, analysiert. Zu der Frage der extremistisch motivierten Gewalttaten ging aus dem Verfassungsschutzbericht hervor:
„Die Anzahl der rechten Gewalttaten hat sich leicht von 1.064 in 2017 auf 1.088 in 2018 erhöht. Die Anzahl der linken Gewalttaten ist stark zurückgegangen, von 1.648 in 2017 auf 1.010 in 2018. Allerdings muss man anmerken, dass die Zahl der linken Gewalttaten in 2017 wegen des G20-Treffens in Hamburg so hoch war. (…) Rechtsextreme haben in 2017 1.653 derartige Straftaten (Sachbeschädigung und Nötigung/Bedrohung) begangen, in 2018 nur noch 1.257. Auf das Konto von Linksextremen gingen in 2017 3.270 derartige Straftaten, in 2018 waren es noch 2.290. (…) Und damit kommen wir insgesamt auf 2.707 rechte Straftaten in 2017 und auf 2.345 in 2018. Bei den Straftaten aus dem linken Bereich waren 4.918 Straftaten in 2017 und 3.300 in 2018.“
Der Verfassungsschutzbericht sagte also aus, dass es mehr Linksextremisten in Deutschland gibt, als Rechtsextremisten und dass die Linksextremisten insgesamt mehr Straftaten der genannten Kategorien (Gewalttaten, Sachbeschädigung und Nötigung/Bedrohung) verüben, als die Rechtsextremisten.
Damit will die die Gefahr durch Rechtsextremisten nicht verniedlichen. Ich bin gegen jede Form von Extremismus, aber die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die größere Gefahr geht in Deutschland derzeit tatsächlich von den Linksextremisten aus.
Dass der Spiegel das nicht richtig stellt, hat Methode. Schon als der Verfassungsschutzbericht erschienen ist, hat der Spiegel die Gewalttaten der Linksextremisten komplett verschwiegen, was der Grund für meine hier verlinkte Analyse des Berichts war. Die deutschen Medien haben darüber einseitig und unvollständig berichtet. In Deutschland wird die „Gefahr von Rechts“ medial aufgebläht und die „Gefahr von Links“ fast komplett verschwiegen.
Das ist keine objektive Berichterstattung, das ist Desinformation. Auf die Frage, warum das in Deutschland so gehandhabt wird, darf sich jeder seine eigene Antwort suchen.
Ich halte jede Form von Extremismus für gefährlich und mache dabei keinen Unterschied zwischen Extremismus durch „Linke“, „Rechte“ oder Islamisten.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.