Christian Lindner - By Caitlin Hardee - FDP-Bundesgeschäftsstelle - Roland Kowalke, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=53024388

Vera Lengsfeld: Die FDP will keine poli­tische Debatte – Zweiter Kotau vor der Linkskoalition

Bekanntlich ist die FDP nur mit einem äußerst knappen Ergebnis in den Thü­ringer Landtag gekommen. Wähler, die geglaubt haben, mit der „Rechts­staats­partei“ den Durch­marsch der rot-rot-grünen Koalition stoppen zu können, sehen sich nun zum zweiten Mal getäuscht. Der Frak­ti­onschef der FDP-Land­tags­fraktion hatte sich bereits Mitte Januar nach einer dubiosen Kun­gel­runde mit der Linken, SPD, den Grünen und CDU vor lau­fenden Kameras bereit erklärt, der Min­der­heits­ko­alition im Landtag zu Mehr­heiten zu ver­helfen (Der Kotau von Mohring). Ver­schleiert wurde dieser Kotau mit der Ver­si­cherung, man werde auch künftig nicht mit der Links­re­gierung koope­rieren oder sie tole­rieren. Warum es aber einer solchen öffent­lichen Erklärung bedurfte, statt die Debatten im Par­lament zu führen und dort Sach­ent­schei­dungen zu treffen, war eine Frage, die offen blieb.

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Nun ist die FDP noch einen Schritt weiter gegangen. Am ver­gan­genen Don­nerstag hatte die CDU im Jus­tiz­aus­schuss des Landtags einen Antrag gestellt, die Moda­li­täten des dritten Wahl­gangs, von dem es zwei gegen­sätz­liche Gut­achten gibt, wie er durch­zu­führen wäre, vor der Minis­ter­prä­si­den­tenwahl am nächsten Mittwoch zu klären. Dabei geht es um die juris­tisch unter­schied­lichen Auf­fas­sungen über die Stim­men­ge­wichtung bei der Wahl eines Ein­zel­kan­di­daten im dritten Wahlgang. Es geht es um die Frage, ob ein mög­licher Minis­ter­prä­sident im dritten Wahlgang auch dann gewählt ist, wenn er mehr Nein- als Ja-Stimmen erhält, oder gar mit nur einer Stimme gewählt sein kann. Das ist das Min­deste, was die Politik vor der Wahl tun müsste. Der Antrag schei­terte an der Ent­haltung der FDP.

Als ob das nicht schon Skandal genug wäre, dass sich eine Partei, die sich Rechts­staat­lichkeit auf ihre Fahnen geschrieben hat, not­wendige Klar­stel­lungen ver­hindert, macht die Begründung, die von der Partei auf Nach­frage gegeben wurde, fassungslos.

Die FDP-Ver­tre­terin im Jus­tiz­aus­schuss Baum erklärte nach der Sitzung, warum sie sich ent­halten und damit die not­wendige Mehrheit ver­hindert hat.

„Die FDP als Rechts­staats­partei hat volles Ver­trauen in die demo­kra­ti­schen Entscheidungsprozesse…Wir glauben nicht, dass uns eine poli­tische Debatte über diese Frage im Augen­blick in den Posi­tionen näher zusammenbringt.“

„Zunächst muss im Landtag gewählt werden. Lässt das Ergebnis Zweifel, liegt es letzt­in­stanzlich am Ver­fas­sungs­ge­richt, end­gültig für Klarheit zu sorgen… Ein poli­ti­scher Schlag­ab­tausch hilft dabei jeden­falls nicht. Die Thü­rin­ge­rinnen und Thü­ringer haben Anspruch auf Rechts­si­cherheit und demo­kra­tische Stabilität.”

Die FDP über­lässt es also der abge­wählten Links­ko­alition, ohne Debatte nach ihrem Gusto den Wahl­modus fest­zu­legen. Eine Poli­ti­kerin, die öffentlich die poli­tische Debatte ver­weigert und ver­hindert, ist eine neue Sumpf­blüte im poli­ti­schen Morast, wo die Ver­pflichtung, Pro­bleme zu lösen voll­kommen aus dem Blickfeld geraten zu sein scheint.

Die FDP will in einer mehr als unklaren Rechtslage wählen lassen und die Ver­ant­wortung, den Schla­massel auf­zu­lösen, dem Gericht zuschieben. Darüber können Jahre ver­gehen, in denen eine mög­li­cher­weise nicht recht­mäßig gewählte Regierung amtiert.

Dies auch noch mit dem Recht der Thü­ringer auf „Rechts­si­cherheit und demo­kra­tische Sta­bi­lität“ zu begründen, ist an Zynismus und Wäh­ler­ver­achtung kaum zu über­treffen. Frau Baum von der FDP hat nicht nur keinen Willen, ihre Funktion als Poli­ti­kerin wahr­zu­nehmen, sie ver­kauft öffentlich die Thü­ringer für dumm.

Aller­dings scheint sie für ihre Haltung die Rücken­de­ckung von FDP-Chef Christian Lindner zu haben. Ich hatte Lindner ange­schrieben und gefragt, ob die Haltung der Thü­ringer FDP ein Irrweg ist, der sofort von der Bun­des­partei kor­ri­giert wird, oder ob sie mit Lindner abge­sprochen war und von ihm gebilligt wird. Ich habe hin­zu­ge­setzt, dass ich das Aus­bleiben einer Antwort so inter­pre­tieren würde, dass Lindner das Vor­gehen billigt.

Keine Reaktion. Keine Antwort ist in diesem Fall auch eine Antwort.

Die Lindner-FDP ist keine Rechts­staats- sondern eine Poli­tik­ver­wei­ge­rungs­partei. Damit ist sie über­flüssig, wie ein Kropf.


Vera Lengsfeld — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog der Autorin www.vera-lengsfeld.de